Brüssel. 23.648 Neuinfektionen in Deutschland markieren einen Höchststand – doch in vielen Staaten in Europa ist die Lage noch angespannter.

  • Überall ist es in den vergangenen Wochen in Europa zu einem drastischen Anstieg der Corona-Zahlen gekommen
  • Viele Länder reagierten und fuhren das öffentliche Leben zumindest teilweise wieder herunter
  • Einige Länder sind besonders von der Corona-Pandemie betroffen – wir zeigen welche und warum ein Land auch bei der zweiten Welle besonders gut dasteht

Die zweite Corona-Welle erfasst Deutschland immer heftiger: Am Freitag meldete das Robert-Koch-Institut einen neuen Tagesrekord mit 23.649 Neuinfektionen. Doch im Europa-Vergleich stehen wir immer noch sehr gut da. Als sich die EU-Regierungschefs am Donnerstagabend beim Video-Krisengipfel über die Zahlen beugten, war die Betroffenheit groß: Die Lage ist wieder ernst, sehr ernst.

Wie im Frühjahr ist auch jetzt wieder keine Region der Welt so hart getroffen wie Europa. Die Bilanz: 11,15 Millionen Corona-Fälle , rund 283.000 Tote. Eindringlich mahnten Teilnehmer des Corona-Gipfels, mit den Schutzmaßnahmen nicht nachzulassen und Verbote nur vorsichtig wieder zu lockern.

Corona: Welche Länder sind besonders in Europa betroffen?

Die große Sorge: Fröhliche Feiern zu Weihnachten und Silvester könnten in Europa eine dritte, noch gefährlichere Corona-Welle auslösen. Die EU-Staaten wollen sich deshalb wegen Weihnachten abstimmen, eine Begrenzung von Winterreisen steht im Raum. Aber es gibt auch Hoffnung: Nicht nur wegen der ersten Impfstoffe . Nachbarländer Deutschlands machen auch vor, wie die Pandemie durch harte Maßnahmen wieder eingedämmt werden kann.

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    1. Frankreichs tapferer Kampf gegen die Corona-Pandemie

    Frankreich hat in Europa den traurigen Spitzenplatz noch vor Spanien und Italien: Mit über zwei Millionen Infektionen und rund 47.000 Todesfällen (mehr als dreimal so viele wie in Deutschland) ist kein Land so getroffen.

    Die Regierung hat deshalb einen der härtesten Lockdowns Europas verhängt – und demons­triert, wie gut rigide Maßnahmen wirken. Die Wohnung darf nur für dringende Angelegenheiten verlassen werden, es herrscht Maskenpflicht – oft auch im Freien, die meisten Geschäfte, Restaurants und Kultureinrichtungen sind geschlossen.

    Die Berichte von überfüllten Kliniken und voll belegten Intensivstationen haben die Bürger beeindruckt – sie ziehen mit: Die Infektionszahlen haben sich binnen knapp zwei Wochen halbiert. Auch in Belgien und den Niederlanden haben strenge Verbote rasch Erfolge gezeigt.

    Französische Armeeoffiziere in Paris tragen Mund-Nasen-Bedeckungen während sie nach einer militärischen Zereomie auf der Pont Alexandre III versammelt sind. Frankreichs Gesundheitsminister Véran sieht Hinweise für eine Verbesserung der Corona-Lage im Land.
    Französische Armeeoffiziere in Paris tragen Mund-Nasen-Bedeckungen während sie nach einer militärischen Zereomie auf der Pont Alexandre III versammelt sind. Frankreichs Gesundheitsminister Véran sieht Hinweise für eine Verbesserung der Corona-Lage im Land. © dpa | Michel Euler

    2. Reumütiges Schweden

    Bis vor wenigen Wochen glaubte die Regierung in Schweden, ihr Corona-Sonderweg mit relativ lockeren Maßnahmen werde das Land vor einer zweiten Welle verschonen. Irrtum. Jetzt liegt die Rate der Neuinfektionen über der von Deutschland. Lesen Sie hier : Corona-Gipfel: Was Merkel und die Länder beschließen könnten

    Denn während sich die Schweden im Frühjahr an Ratschläge hielten, was einen verbindlichen Lockdown entbehrlich machte – aber trotzdem relativ viele alte Corona-Patienten das Leben kostete –, sind die Bürger der Sache jetzt überdrüssig. Deshalb leitet die Regierung die Wende ein, auch mit Verboten.

    Ab nächstem Dienstag gilt eine Obergrenze von acht Personen für Treffen in der Öffentlichkeit. In vielen Regionen sollen die Bürger Kontakt mit Menschen aus anderen Haushalten meiden, auf private Feiern und möglichst Fahrten mit Bus und Bahn verzichten, auch Schulschließungen werden erwogen. Seit Freitag dürfen Gaststätten ab 22 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen. Aber: Das Tragen von Schutzmasken wird weiter nicht empfohlen.

    3. Luxemburg trägt die rote Laterne in der Corona-Pandemie

    Luxemburg ist eines der kleinsten EU-Länder, doch bei der Infektionsrate ist es mit 1209 Fällen pro 100.000 Einwohner binnen zwei Wochen europaweit Spitze, dicht gefolgt von Österreich . Während Österreich mit einem Lockdown reagiert, ist man in Luxemburg eher entspannt.

    Außer einer Ausgangssperre ab 23 Uhr, Maskenpflicht und einer Zehn-Personen-Grenze für Treffen zu Hause und in der Öffentlichkeit läuft das Leben ungestört weiter – Restaurants und Geschäfte sind voll. Mit neuen Auflagen zögert die Regierung. Die hohen Zahlen lägen daran, dass sehr viel getestet werde.

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      4. Corona – Polen ist diesmal nicht verschont

      Die erste Corona-Welle hat Polen relativ glimpflich überstanden, doch nun schlägt die Pandemie umso härter zu: Die Zahl der Neuinfektionen ist höher als bei uns, bei halb so vielen Einwohnern; über 600 Todesfälle werden täglich gezählt, mehr als doppelt so viele wie in Deutschland.

      Mehrere Regionen bitten nun bei deutschen Bundesländern um Hilfe: Es fehlt an medizinischer Ausrüstung und Tests, Krankenhausbetten werden demnächst knapp. Wo getestet wird, sind 40 Prozent der Proben positiv, ein hoher Anteil.

      Seit Anfang November gelten drastische Einschränkungen : Über 70-Jährige dürfen nur zu dringenden Anlässen die Wohnung verlassen, private Feiern sind untersagt, Schüler lernen nur noch zu Hause, Restaurants sind geschlossen.

      Die Neuinfektionen gehen zwar zurück, aber die Lage bleibt wegen fehlender Ressourcen im Gesundheitswesen dramatisch – auch in einigen Nachbarländern. In Tschechien etwa kommen auf eine Million Einwohner 240 Corona-Tote in den letzten zwei Wochen – in Deutschland nur 31.

      Eine Frau in Krakau trägt einen Mund-Nasen-Schutz. Polen hat erneut die Corona-Maßnahmen verschärft. Geschäfte in Einkaufszentren müssen schließen, Bars und Restaurants dürfen ihren Betrieb nur Außerhaus betreiben und Versammlungen von Personen sind auf maximal fünf limitiert.
      Eine Frau in Krakau trägt einen Mund-Nasen-Schutz. Polen hat erneut die Corona-Maßnahmen verschärft. Geschäfte in Einkaufszentren müssen schließen, Bars und Restaurants dürfen ihren Betrieb nur Außerhaus betreiben und Versammlungen von Personen sind auf maximal fünf limitiert. © dpa | Omar Marques

      Ausnahmefall Finnland: Entspannt und glücklich während der Corona-Pandemie

      Finnland hat die geringste Infektionsrate in der EU (bei 57 liegt die Zwei-Wochen-Inzidenz), erst 20.000 Fälle wurden überhaupt registriert. Klar, die Bevölkerungsdichte ist im Vergleich sehr gering; die Finnen leben nicht nur verstreut, sondern auch in extremer Randlage der EU. Aber sie machen auch vieles richtig, waren besser vorbereitet als andere.

      Es wird viel und schnell getestet, die Corona-App zur Kontaktverfolgung funktioniert. Die Bürger vertrauen dem Kurs der Regierung, wozu eine offene Kommunikationspolitik beiträgt. Hinzu kommt: Gesellig sind die Finnen nur begrenzt, das bremst Infektionen. In einer Umfrage gab jeder vierte Finne an, er fühle sich mit Lockdown besser als vorher.

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