Berlin. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist volksnah und überparteilich. Eine zweite Amtszeit ist eine gute Wahl, meint Jörg Quoos.

An den spektakulären Wechsel der Bundesregierung haben sich die Deutschen gerade gewöhnt. An der Spitze des Staates bleibt im neuen Jahr alles beim Alten. Mit den Stimmen der Grünen ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auch die zweite Amtszeit sicher. Das wird zwar nicht jedem Parteitaktiker, aber sicher der Mehrheit des Volkes gefallen.

Frank-Walter Steinmeier ist ein volksnaher, überparteilicher Bundespräsident, der auch mit den Stimmen der Union ins Schloss Bellevue einzog. Das sollten alle in CDU und CSU bedenken, die jetzt allzu laut einer eigenen Kandidatin nachtrauern.

Jörg Quoos, Chef der Funke Zentralredaktion Berlin
Jörg Quoos, Chef der Funke Zentralredaktion Berlin © Dirk Bruniecki

Und es hat sich schließlich gelohnt, vor fünf Jahren für ihn zu stimmen. Steinmeier hat dem Amt alle Ehre gemacht, auch wenn er als volksnaher Bundespräsident in der Pandemie durch die vielen Kontaktbeschränkungen persönlich nicht so direkt wirken konnte, wie es seinem Naturell eigentlich entspricht.

Phase eines umfassenden politischen Umbruchs

Sicher, die erste Frau im höchsten Amt des Staates wäre ein weiteres Signal des politischen Fortschritts gewesen. Aber ein Land, das viermal in Folge eine Regierungschefin gewählt hat, muss nicht zwingend auch bei der nächsten Bundespräsidentenwahl beweisen, dass Frauen in Deutschland die wichtigsten Staatsämter erreichen können.

In der Phase eines umfassenden politischen Umbruchs ist es beruhigend zu wissen, dass im höchsten Amt des Staates weiter ein Profi sitzen wird, der nicht nur präsidial über der Politik schwebt.

Steinmeiers Bewerbung im Frühsommer war gut durchdacht

Schon in eigener Sache hat Steinmeier großes politisches Gespür bewiesen, das ihn jetzt in die zweite Amtszeit trägt. Seine Bewerbung im Frühsommer war überraschend, aber gut durchdacht. Dass er sich selbstbewusst auf den Platz stellte und quasi beim Volk bewarb, sollte heißen: Ich bin keiner, der als Dreingabe in Koalitionsverhandlungen enden will.

Der Plan Steinmeiers, dem eine Mehrheit im Sommer alles andere als sicher war, ist aufgegangen und seine Mehrheit für die Wiederwahl ins Amt des Bundespräsidenten ist eine gute Nachricht für das Land.

Steinmeiers Stärken: Verbindlichkeit und Offenheit

Steinmeiers große Stärken sind Verbindlichkeit und Offenheit. Gerade nach zwei Jahren Pandemie sind das Tugenden, die helfen, Gräben zu überwinden und zerstrittene Lager wieder zusammenzubringen. Das wird der psychologisch wichtigste und anstrengendste Part seiner zweiten Amtszeit werden, und Steinmeier ist genau der Richtige dafür. Es ist kein Zufall, dass er schon im Sommer von dieser großen Herausforderung sprach.

Bundespräsident mit großer operativer Erfahrung

Und der Diplomat Frank-Walter Steinmeier kann aus seiner großen operativen Erfahrung als Kanzleramtschef, Parlamentarier und zweifacher Außenminister heraus helfen, Krisen in aller Welt abzuwenden oder zu mildern. Niemand im Amt könnte auf diesem Feld erfahrener sein.

Wenn dieser Bundespräsident zum Staatsbesuch anreist, muss man ihn nicht vorstellen. Er kennt die wichtigsten Staats- und Regierungschefs bereits aus Verhandlungen und kann viel leichter als eine politikferne Persönlichkeit dazu beitragen, die Interessen Deutschlands besonders auf heiklem außenpolitischen Terrain durchzusetzen.

Steinmeier ist trittsicher und vom guten Gespür

Steinmeiers Auftritte im In- und Ausland waren alle trittsicher und vom guten Gespür für die richtigen Worte geprägt. Das müssen auch alle anerkennen, die lieber die Umzugswagen vor Schloss Bellevue gesehen hätten.

In Zeiten geopolitischer Umbrüche ist diese große diplomatische Erfahrung vielleicht die wichtigste Qualifikation, die das alte und neue Staatsoberhaupt der Deutschen mitbringt.