Paris. Nach der ersten Runde der französischen Parlamentswahl ist die absolute Mehrheit des Wählerbündnisses von Macron nicht gesichert.

Frankreichs wiedergewählter Präsident Emmanuel Macron kann nach der ersten Runde der Parlamentswahl nur teilweise aufatmen. Eine absolute Mehrheit seines Bündnisses Ensemble ist nicht gesichert. Macrons Partei kommt mit ihren Verbündeten nach Schätzungen mehrerer Wahlforschungsinstitute vom Sonntag auf 255 bis 310 Sitze. 289 Sitze sind für die absolute Mehrheit nötig.

Beim Stimmenanteil liegt Macrons Bündnis mit der links-grünen Allianz Nupes von Jean-Luc Mélenchon nahezu gleichauf. Beide kommen nach Hochrechnungen auf etwa 25 bis 26 Prozent der Stimmen. Das Mehrheitswahlrecht begünstigt bei der Sitzverteilung jedoch das stärkste Wahlbündnis.

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"Wir sind die einzige politische Kraft, die die Mehrheit in der Nationalversammlung erreichen kann", sagte Premierministerin Elisabeth Borne. Sie rief mit Blick auf die Stichwahl am kommenden Sonntag zu einer "Woche der Mobilisierung" auf. Ziel sei es, "eine starke und klare Mehrheit zu bekommen", betonte sie.

Borne und 14 weitere Regierungsmitglieder sind selbst bei der Parlamentswahl angetreten und riskieren ihren Regierungsposten, wenn sie nicht gewinnen. Borne liegt nach eigenen Angaben in ihrem Wahlkreis vorn.

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Das links-grüne Wählerbündnis kommt nach Schätzungen von Wahlforschern auf 150 bis 220 Sitze. "Zum ersten Mal erreicht ein wiedergewählter Präsident bei der Parlamentswahl nicht die Mehrheit", sagte Mélenchon. "Die Präsidentenpartei ist geschlagen", betonte er. Der 70-Jährige hatte sich zuvor als nächster Premierminister ins Gespräch gebracht, war aber nicht mehr in seinem bisherigen Wahlkreis in Marseille angetreten.

Die Rechtspopulistin Marine Le Pen zeigte sich optimistisch, dass ihre Partei Rassemblement National eine eigene Fraktion bilden könne. Dazu sind 15 Abgeordnete nötig, ihre Partei kommt nach derzeitigen Schätzungen auf 10 bis 30 Sitze. Le Pen zieht nach eigener Aussage in ihrem Wahlkreis in Hénin-Beaumont in die Stichwahl ein.

Die neue Umweltministerin Amélie de Montchalin liegt in ihrem Wahlkreis deutlich hinter dem Kandidaten des Linksbündnisses. Der rechtsextreme Ex-Präsidentschaftskandidat Eric Zemmour, der in Saint-Tropez angetreten war, ist bereits nach der ersten Runde ausgeschieden.

"Das linke Wählerbündnis kann es bereits als Erfolg verzeichnen, dass es das linke Lager geeint hat", sagte der Meinungsforscher Frédéric Dabi im Rückblick auf die Präsidentschaftswahl, bei der sich zahlreiche linke Kandidaten und Kandidatinnen Konkurrenz gemacht hatten.

Frankreich: Mélenchon wird Macrons Hauptgegner

Für Macron wird es in der zweiten Amtszeit voraussichtlich schwieriger, seine Reformen durchzusetzen. Insbesondere die Rentenreform ist umstritten. Während Macron das Rentenalter von 62 auf 64 oder 65 Jahre anheben will, fordert Mélenchon vehement die Rente mit 60.

Fest steht bereits, dass Macron einen neuen Hauptgegner im Parlament hat. An die Stelle der konservativen Republikaner wird das Linksbündnis Nupes treten. Dass Mélenchon Premierminister wird, wie er es sich öffentlich zum Ziel gemacht hatte, ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich. Die Republikaner stehen ihrerseits vor einer satten Niederlage, sie kommen auf 33 bis 80 Sitze.

In der ersten Runde der Parlamentswahl waren mehr als 48 Millionen Französinnen und Franzosen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Sie wählen die 577 Abgeordneten der Nationalversammlung, eine der beiden Kammern des Parlaments. Die zweite Kammer ist der Senat, dessen Abgeordnete erst 2023 neu bestimmt werden.

Die französische Nationalversammlung hat im politischen Leben Frankreichs eine geringere Bedeutung als der Bundestag in Deutschland. Das liegt an der starken Rolle des Präsidenten, der sich nicht vor dem Parlament verantworten muss. Lesen Sie auch: Frankreich-Wahl: So funktioniert das französische Wahlsystem

(fmg/dpa/afp)

Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.