Berlin. Die Corona-Krise macht jahrelange Errungenschaften bei der Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zunichte.

Weniger Gehalt, schlechtere Karrierechancen: Auf dem Arbeitsmarkt gibt es auch heute noch große Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Neue Untersuchungen zeigen jetzt: Die Corona-Krise könnte bei der beruflichen Gleichstellung die Fortschritte der vergangenen Jahre zunichte machen.

So ist die Arbeitslosigkeit bei Frauen von Februar 2020 bis Januar 2021 mit 5,7 Prozent deutlich stärker gestiegen als bei Männern mit 1,8 Prozent. Das zeigen Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA), nach denen die Linksfraktion im Bundestag anlässlich des Internationalen Frauentags gefragt hatte. Besonders deutlich war die Entwicklung im Gesundheits- und Sozialwesen: In diesem Bereich mussten sich 199.898 Personen arbeitslos melden – davon waren 155.004 Frauen.

Frauen auf dem Arbeitsmarkt: Rückschritt ins Jahr 2017

Einen ähnlichen Trend hat die Unternehmensberatung PwC in den meisten Industrieländern festgestellt. „Bis Ende 2021 wird die Situation von berufstätigen Frauen voraussichtlich auf das Niveau von 2017 abfallen“, heißt es in einer PwC-Studie.

So seien Frauen häufiger im Hotel- und Gaststättengewerbe oder im Einzelhandel beschäftigt. In diesen Branchen gehen durch die Lockdown-Phasen besonders viele Stellen verloren. Hinzu kommt: Frauen leisten in der Pandemie noch mehr sogenannte unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Statt sechs Stunden pro Woche beträgt der Unterschied etwa wegen Schul- und Kitaschließungen nun acht Stunden.

Dies drohte „die hart erkämpften Errungenschaften bei der Förderung von Frauen in der Arbeitswelt zunichte zu machen“, sagte PwC-Expertin Petra Raspels. So müssten viele Frauen derzeit ihr Pensum reduzieren oder zeitweise aussteigen. Mit dramatischen Folgen: „Frauen laufen Gefahr, für ein schlechteres Gehalt und in einer weniger qualifizierten Position wieder einzusteigen.“

Deutliche Unterschiede beim Einkommen

Die Unterschiede beim Einkommen von Frauen und Männern waren auch vor der Corona-Pandemie deutlich. Nach den Zahlen der Arbeitsagentur lag das mittlere Entgelt von vollzeitbeschäftigten Frauen Ende 2019 in Deutschland bei 3117 Euro brutto im Monat. Männer kamen auf 3560 Euro.

Während der Niedriglohn-Anteil bei Männern 15,5 Prozent betrug, waren es 25,8 Prozent bei Frauen. Mitte 2020 arbeiteten 4,1 Millionen Frauen und 2,9 Millionen Männer in einem Minijob.

Besonders deutlich ist der Abstand bei der Bezahlung im Bereich der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen: In dieser Branche kommen Männer laut Arbeitsagentur auf ein mittleres Einkommen von 4336 Euro. Frauen haben im Schnitt 1314 Euro weniger auf ihrer Gehaltsabrechnung.

Der Abstand bei den Löhnen ist dann auch der wesentliche Grund, warum Deutschland in der PwC-Studie im Vergleich der 33 OECD-Industriestaaten nur einen hinteren Platz belegt – Rang 19. Hier schnitten Neuseeland und die nordeuropäischen Länder am besten ab: Während Arbeitnehmerinnen in Deutschland 21 Prozent weniger verdienten als ihre männlichen Kollegen, betrage der Abstand in Schweden nur zwölf Prozent. (aky/dpa)