Glasgow. Beim Klimagipfel in Glasgow haben sich die Staaten auf eine Abschlusserklärung geeinigt – und das trotz Ärgers in letzter Minute.

  • Bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow haben sich die Länder auf eine Abschlusserklärung geeinigt
  • Darin finden sich zwei wichtige Klimaschutz-Ziele
  • Doch mit dem Dokument sind nicht alle zufrieden

Die Pavillons der meisten Länder waren längst abgebaut, in den Hallen wurden die Sitzmöbel eingesammelt, als die Klimakonferenz in Glasgow dann tatsächlich zu Ende ging: Mit einem Tag Verspätung einigten sich die Verhandler und Verhandlerinnen von rund 200 Staaten am Samstagabend auf eine Abschlussderklärung für die zweiwöchigen Verhandlungen in Schottland.

Im Glasgower „Klima-Pakt“, wie ihn die britischen Gastgeber genannt haben, bekräftigen die Staaten unter anderem ihr Klimaschutz-Ziel, die Erwärmung des Planeten auf 1,5 Grad zu begrenzen und erkennen an, dass dafür bis zum Ende des Jahrzehnts die CO2-Emissionen im Vergleich zu 2010 um 45 Prozent fallen müssen.

Um diese Emissionsminderung zu erreichen, soll ein Arbeitsprogramm aufgesetzt werden. Außerdem soll es eine jährliche Ministerrunde geben, in der es um die Einsparung vor 2030 gehen soll. Die Staaten sind außerdem aufgefordert, ihre Ziele für 2030 bis Ende des nächsten Jahres nach oben zu schrauben, um sie in Einklang mit dem Pariser Abkommen zu bringen.

Klimakonferenz: Erstmals seit Kyoto-Protokoll wird Kohle im Text erwähnt

Zum ersten Mal überhaupt seit dem Kyoto-Protokoll enthält eine Abschlusserklärung außerdem einen Verweis auf eine weltweite Abkehr von der Kohleverstromung, zumindest bei Kraftwerken, bei denen CO2-Emissionen nicht direkt technologisch gebunden werden, und dringt auch auf ein Ende „ineffizienter“ Subventionen für fossile Energieträger. Frühere Versionen hatten einen uneingeschränkten Appell zum Ausstieg aus der Kohle und fossilen Subventionen enthalten, die Formulierungen waren aber in den Verhandlungen abgeschwächt worden.

Noch in letzter Minute hatte Indien, unterstützt von China, durchgesetzt, dass der Paragraph weiter verwässert wird. Statt einem schrittweisen Ausstieg ist jetzt von einem schrittweisen Abbau die Rede – sehr zum Ärger einiger anderer Staaten. Simonetta Sommaruga aus der Schweiz zeigte sich „tief enttäuscht“ über die Änderung in letzter Minute, andere Staaten beklagten den intransparenten Prozess der Änderung.

Die Einigung zu Kohle sei einer der wenigen Lichtschimmer des Konferenzergebnisses gewesen, sagte Tina Stege, Vertreterin der Marshall-Inseln. „Es tut sehr weh zu sehen, wie dieser Schimmer gedimmt wird.“

UN-Klimakonferenz: Alok Sharma war den Tränen nahe

Alok Sharma, britischer Präsident der Konferenz, entschuldigte sich für die Art, wie die Änderung in den Text gekommen war. „Es tut mir sehr leid“, sagte Sharma, er verstehe die Enttäuschung. Kurz schien er den Tränen nahe.

COP26-Präsident Alok Sharma auf der Bühne des UN-Gipfels.
COP26-Präsident Alok Sharma auf der Bühne des UN-Gipfels. © dpa

Trotzdem sehen Klimaschützerinnen und -schützer im Verweis auf die Kohle einen Erfolg der Verhandlungen. Selbst in der neuen, schwachen Form sei der Verweis auf den Kohleausstieg noch ein wichtiges Signal, sagte Jennifer Morgan, Leiterin der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Christoph Bals, Geschäftsführer von Germanwatch, sieht in den Ergebnissen auch Botschaften an die Koalitionsverhandlungen in Deutschland: „Kohleausstieg bis spätestens 2030, Ausstieg aus der internationalen Förderung von Öl und Gas, die internationale Klimafinanzierung muss bis 2025 stark aufgestockt werden“, sagte Bals.

Arme und für Folgen des Klimawandels besonders verwundbare Länder hatten bis kurz vor Ende der Konferenz versucht, konkretere Zusagen zur Finanzierung von Verlusten und Schäden zu bekommen, scheiterten damit aber. Im Text festgehalten ist lediglich die Etablierung eines „Dialogs“ zum Thema, keine konkreten Mechanismen oder Summen. Mehrere Staaten zeigten sich enttäuscht von diesem Ergebnis. Der schrittweise Fortschritt passe nicht zur Dringlichkeit der Lage, sagte Aminath Shauna, Umweltministerin der Malediven. „Der Unterschied zwischen 1,5 Grad und 2 Grad ist ein Todesurteil für uns.“

Deutschland verspricht 10 Millionen für Verluste und Schäden

Nach Schottland, das in den vergangenen Wochen zwei Millionen britische Pfund speziell für den Ausgleich von Verlusten und Schäden versprochen hatte, zog Deutschland am Wochenende nach: Die Bundesrepublik hat 10 Millionen Euro für die Ausstattung des Santiago-Netzwerks für Verluste und Schäden versprochen. Das Geld soll aus dem Haushalt des Bundesentwicklungsministeriums kommen.

Das Netzwerk war bei der vorherigen UN-Klimakonferenz 2019 in Madrid gegründet worden. Es dient insbesondere der Vernetzung wichtiger Akteure im Bereich Verluste und Schäden, dem Wissensaustausch und dem erleichterten Zugang zu technischer Unterstützung beim Umgang mit Klimarisiken. Von der Einrichtung einer Website einmal abgesehen wurde das Netzwerk aber nicht konkret ausgestaltet.

Greta Thunberg, Gründerin der Jugendbewegung „Fridays for Future“ warnte auf Twitter vor einem „Tsunami“ von Greenwashing in den kommenden Tagen, bei dem man versuchen werde, die Ergebnisse der Konferenz als „gut“, „Fortschritt“, „hoffungsvoll“ oder einen „Schritt in die richtige Richtung“ darzustellen.

„Fridays for Future“ zeigt sich enttäuscht

Sie und andere Mitglieder der Bewegung sehen die Ergebnisse des Gipfels nicht als die notwendige Kehrtwende im Kampf gegen die Erderwärmung. Man kann das als Versagen betrachten“, sagte die deutsche „Fridays for Future“-Vertreterin Luisa Neubauer dieser Redaktion. „Es geht hier nicht darum, einen interessanten diplomatischen Prozess zu navigieren, sondern darum, eine reale Katastrophe, die jetzt gerade hier passiert, abzuschwächen und Menschen in Sicherheit zu bringen.“

Trotz mehr als 24 Stunden Verspätung sind waren die Verhandlerinnen und Verhandler in Glasgow immer noch deutlich schneller als bei der letzten UN-Weltklimakonferenz 2019. In Madrid gab es erst Sonntag ein Ergebnis.