Berlin. Die Verteidigungsministerin will nach rechtsextremistischen Vorfällen die Elitetruppe KSK reformieren – und wohl teilweise auflösen.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr nach einer Serie rechtsex­tremer Vorfälle grundlegend umstrukturieren und teilweise sogar auflösen.

Das KSK könne „nicht in seiner jetzigen Form bestehen bleiben“ und müsse gründlich reformiert werden, heißt es in einem Bericht ihres Ministeriums an den Bundestag. In Teilen des KSK hätten sich „ein toxischer Führungsstil, extremistische Tendenzen und ein laxer Umgang mit Material und Munition entwickelt“, kritisiert der Untersuchungsbericht.

Konkret soll das Kommando bis auf Weiteres alle Übungen und internationalen Kooperationen einstellen. Einsätze sollen, soweit möglich, andere Einheiten übernehmen. Die zweite Kompanie des KSK, eine von vier insgesamt, soll aufgelöst werden – dieser Teil des Kommandos war bereits 2017 auffällig geworden mit einer Party, bei der mit Schweineköpfen geworfen, Rechtsrock gespielt und der Hitlergruß gezeigt wurde.

Kramp-Karrenbauer kündigt grundlegende Reform beim KSK an

Der Reformprozess soll zudem überwacht werden: Beim Generalinspekteur der Bundeswehr wird eine Kontrollinstanz entstehen. Auch die Ausbildung obliegt nicht mehr dem KSK, stattdessen soll das Training der Elite-Soldaten künftig unter der Verantwortung der Infanterieschule in Hammelburg stehen.

Es gehe nun um eine „Bewährungschance“, sagte Kramp-Karrenbauer der „Süddeutschen Zeitung“. Wenn die Angehörigen des KSK „diesen Schuss jetzt nicht gehört haben, wird sich unausweichlich die Frage nach einer Neuordnung des KSK stellen“, fügte sie hinzu.

AKK bezeichnet Verschwinden von Munition und Sprengstoff als „alarmierend“

Ende Oktober soll dann eine erste Bilanz der Neustrukturierung gezogen werden. Auslöser für Kramp-Karrenbauers Einschreiten war der Waffenfund auf dem Privatgrundstück eines KSK-Soldaten in Sachsen, der zuvor durch seine rechte Gesinnung aufgefallen war. Als „beunruhigend“ und „alarmierend“ bezeichnete die Ministerin neueste Erkenntnisse, denen zufolge beim KSK 48.000 Schuss Munition und 62 Kilogramm Sprengstoff verschwunden seien.

Nun müsse dringend geklärt werden, ob nur über Jahre hinweg schlampig Buch geführt oder ob im großen Stil Kriegsmaterial entwendet worden sei, sagte sie der „SZ“. Kommandeur Markus Kreitmayr, der seit 2018 den Verband führt und die Probleme deutlich angesprochen hat, solle das KSK durch den Reformprozess begleiten. „Die Mauer des Schweigens bricht“, sagte Kramp-Karrenbauer der Zeitung.

KSK gerät wegen rechtsextremistischer Vorfälle in den Fokus

Kramp-Karrenbauer will auch bislang typische Laufbahnen, bei denen Soldaten durchaus 20 Jahre lang ausschließlich in der Kommandoeinheit eingesetzt waren, geändert sehen. Gestärkt werden soll zudem die ethische Ausbildung der Kommando-Offiziere in einem Umfeld, das sich nach Einschätzungen von Fachleuten sehr weitgehend auf die Beherrschung der Militärtechnik und der taktischen Erfordernisse konzentrierte.

Dass es auch anders gehe, zeige das Beispiel der US-Marineinfanterie, wo es Leselisten mit Literatur zu ethischen Fragen der Kriegsführung und der Anwendung von Gewalt gebe, heißt es aus dem Verteidigungsministerium.

Seit den Berichten über die „Schweinskopf-Party“ des zweiten Kommandos war das KSK immer wieder wegen rechtsextremer Vorfälle in die Schlagzeilen geraten. Im Mai waren bei einer Razzia in Sachsen auf dem Grundstück eines 45-jährigen KSK-Soldaten unter anderem zwei Kilogramm professioneller Sprengstoff, mehrere Tausend Stück Gewehr- und Pistolenmunition, Armbrust, Nebelhandgranate sowie Schusswaffen und Waffenteile gefunden worden. Auch ein Schalldämpfer war Teil des Lagers. Im Juni wurde bekannt, dass sich ein Hauptmann der Einheit in einem Brandbrief an Verteidigungsministerium Kramp-Karrenbauer gewandt hatte.

(tma/dpa/afp)