Berlin. Das „Zentrum für politische Schönheit“ hat in Berlin ein Denkmal errichtet. Angeblich ist es gefüllt mit Überresten von NS-Opfern.

Das „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS) ist für provokative Aktionen bekannt. Nun hat die Künstlergruppe, die einst das Berliner Holocaust-Mahnmal in der Nachbarschaft von Thüringens AfD-Chef Björn Höcke nachbaute, mit dem Bau einer „Gedenkstätte“ vor dem Berliner Reichstag für Aufsehen gesorgt – und bitten kurz darauf wieder um Entschuldigung für das Projekt.

Nichts habe ihnen ferner gelegen, als die religiösen und ethischen Gefühle von Überlebenden und Nachkommen der Getöteten zu verletzen, teilten die ZPS-Aktivisten am Mittwochnachmittag auf ihrer Website mit.

„Wir wollen bei Betroffenen, Angehörigen und Hinterbliebenen aufrichtig um Entschuldigung bitten, die wir in ihren Gefühlen verletzt haben“, heißt es dort unter der Überschrift „Wir haben Fehler gemacht“. „Wir möchten insbesondere auch die jüdischen Institutionen, Verbände oder Einzelpersonen um Entschuldigung bitten, die durch unsere Arbeit die Totenruhe nach jüdischem Religionsrecht gestört oder angetastet sehen.“

„Zentrum für politische Schönheit“ entschuldigt sich für Mahnmal

Als erste Konsequenz werde das Kernstück der Säule im Regierungsviertel verhüllt, um dem Eindruck der „Zurschaustellung“ zu begegnen. Außerdem solle der für Samstagnachmittag angekündigte sogenannte Zapfenstreich abgesagt werden.

Am Montagmorgen hatte das Kollektiv in Berlin-Mitte eine 2,5 Meter hohe und vier Tonnen schwere „Widerstandssäule“ errichtet. Sie steht auf dem Gelände, auf dem einst die Krolloper stand. Dort stimmten die Reichstagsabgeordneten im März 1933 für das Ermächtigungsgesetz, das den Nationalsozialisten den Weg zur Macht ebnete.

In Großbuchstaben ist in der Nähe der Säule zu lesen: „Keinen Schritt weiter! Hier begann die letzte deutsche Diktatur“. Grablichter brennen, es gibt Blumensträuße, darüber hängen Zettel mit Texten wie „Vergesst sie nicht“ oder „Gegen politischen Alzheimer in Deutschland“. Und laut den Initiatoren der Aktion ist sie gefüllt ist mit Überresten von Opfern der Nationalsozialisten.

ZPS-Künstler sammelten Bodenproben, wo Nazis mordeten

Laut ZPS haben Aktivisten in den vergangenen zwei Jahren über 200 Bodenproben an 23 Orten in Deutschland, Polen und der Ukraine, an denen die Nazis Massenmorde begingen, zusammengetragen und ins Berliner Regierungsviertel überführt. Laboruntersuchungen hätten in über 70 Prozent der Proben Hinweise auf menschliche Überreste nachgewiesen.

„Wir fanden Knochenkohle, sedimentierte Asche und menschliche Fragmente in den Flussläufen der Weichsel, Zähne auf Feldern, Knochenreste in allen erdenklichen Körnungsgrößen. Es gibt dort kein Grab, keine letzte Ruhestätte“, erklärte das ZPS dazu. „Die Toten erinnern den deutschen Konservatismus an seine historische Schuld, sich mit den Faschisten eingelassen zu haben: es nicht mit ihnen zu versuchen, nicht mit ihnen zu paktieren – das ist das Gebot der Stunde.“

ZPS-Mahnmal in Berlin – Künstler wollen Beton-Fundament gießen

Nach Angaben der Polizei ist die Veranstaltung bis zum 7. Dezember angemeldet. Das Künstlerkollektiv hat allerdings angekündigt, Spenden sammeln zu wollen, um am kommenden Samstag ein Betonfundament für die Säule zu gießen, wenn genügend Geld dafür zusammenkommt.

Lea Rosh, Vorsitzende des Fördervereins „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“, nannte die ZPS-Aktion großartig. „Es ist ja eine politische Botschaft, die damit einhergeht. Es ist die Botschaft: Guckt hin, hier ist die Macht an die Nazis übertragen worden.“ Christoph Heubner, Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, kritisierte die Aktion hingegen: „Auschwitz-Überlebende sind bestürzt darüber, dass mit diesem Mahnmal ihre Empfindungen und die ewige Totenruhe ihrer ermordeten Angehörigen verletzt werden.“

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(dpa/epd/br)