München. In Bayern gibt es weiterhin zu viele Corona-Fälle. Nun sollen noch strengere Regeln helfen, die Zahl der Neuinfektionen einzudämmen.

  • Weil die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Bayern weiterhin hoch sind, hat sich die Landesregierung um Markus Söder (CSU) für strengere Regeln entschieden
  • Zudem soll im Freistaat der Katastrophenfall ausgerufen werden
  • Wir erklären, welche Beschränkungen nun verschärft werden – und was für Weihnachten gilt

So hatten sich viele Menschen in Bayern den zweiten Advent sicher nicht vorgestellt. Zur besten Kaffeezeit platzte Landesvater Markus Söder mit der Ankündigung dazwischen, dass vom kommenden Mittwoch an im Freistaat – wie in der ersten Corona-Welle – wieder der Katastrophenfall ausgerufen werden soll.

Söder verkündet bei Pressekonferenz strengere Corona-Regeln für Bayern

Nach einer Video-Sondersitzung des Kabinetts verkündete der bayerische Ministerpräsident auf einer Pressekonferenz in München drastisch verschärfte Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Der von Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, dem Chef des Koalitionspartners Freie Wähler, vorgestellte Zehn-Punkte-Aktionsplan soll am Dienstag vom Landtag beschlossen werden und am Mittwoch in Kraft treten.

Er beinhaltet:

  • Allgemeine Ausgangsbeschränkungen für ganz Bayern (die Wohnung darf nur noch aus triftigen Gründen verlassen werden),
  • nächtliche Ausgehverbote in Hotspots, Wechselunterricht für mehr als eine halbe Million älterer Schüler ab der achten Klasse,
  • härtere Vorgaben für Altenheime und ein
  • Alkoholverbot in Innenstädten unter freiem Himmel.

Auch kippt Bayern die bisher für Silvester geplanten Lockerungen. Nur noch vom 23. bis zum 26. Dezember sind demnach Treffen über die derzeit erlaubten fünf Teilnehmer aus zwei Hausständen hinaus gestattet – mit maximal zehn Personen aus bis zu zehn Hausständen.

Bayern kehrt fast zum strengen Corona-Lockdown des Frühjahrs zurück

Bayern kehrt damit fast zum strengen Shutdown aus dem Frühjahr zurück, mit der Ausnahme, dass Kitas, Schulen und Geschäfte (noch) offen bleiben. Söder betonte, damit werde es nirgendwo sonst in Deutschland so strikte Regeln wie in Bayern geben. „Niemand ist so streng wie wir“, sagte Söder. Sein Bundesland weist umgekehrt seit Beginn der Pandemie mit über 4300 Todesfällen auch die höchste Sterblichkeit auf, Landkreise wie Regen und Passau liegen weit vorne im aktuellen Infektionsgeschehen.

Zuletzt hatte Baden-Württemberg Wechselunterricht an Schulen und nächtliche Ausgangsverbote in Hotspot-Regionen angekündigt. In Sachsen und Rheinland-Pfalz gibt es ebenfalls Ausgangssperren und –beschränkungen in Landkreisen mit besonders hohen Fallzahlen. Genau diesen Mechanismus hatten Bund und Länder verabredet. In Super-Hotspots mit über 200 Neuinfektionen in sieben Tagen auf 100.000 Einwohner können Länder nachschärfen. Wo die Inzidenz auf unter 50 fällt, kann umgekehrt regional früher gelockert werden.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Sonntag bei der Vorstellung seiner geplanten Corona-Regeln.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Sonntag bei der Vorstellung seiner geplanten Corona-Regeln. © dpa | Matthias Balk

Corona: Neue Bund-Länder-Runde vor Weihnachten?

Dass die Kursverschärfung im Freistaat andere Bundesländer unter Druck setzen wird, dürfte dem CSU-Chef bewusst sein. Söder gefällt sich seit Ausbruch der Pandemie in der Rolle des Hardliners. Andere Regierungschefs wie Armin Laschet (NRW) oder Michael Müller (Berlin) rüffelte er für ihr in seinen Augen nachlässiges Krisenmanagement.

„Wir brauchen kein endloses Stop-and-go. Wir brauchen keinen Halbschlaf. Lieber kürzer und klarer als endloses Verlängern“, sagte Söder am Sonntag gewohnt markig. Alleine ist er nicht. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) kündigte an, auf Lockerungen von Weihnachten bis Neujahr zu verzichten.

Zu viele Menschen würden bestehende Regelungen unterlaufen: „Die Zeit der Schlupflochsuche ist vorbei.“ Söder forderte eine weitere Videokonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel und den Ländern noch vor den Feiertagen. Es müsse noch einmal über Weihnachten und Silvester geredet werden. Eigentlich wollte sich die Runde erst am 4. Januar wieder zusammenschalten. Dies könnte nun bereits deutlich früher passieren.

Söder glaubt, dass keine Zeit für härtere Beschlüsse zu vergeuden sei. Die bundesweite Zahl der Neuinfektionen sei zwar auf hohem Niveau gestoppt worden. Sie sinke aber nicht mehr. Alarmierend hoch findet Söder die Zahl der Menschen, die derzeit an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung sterben. Am Sonntag meldete das Robert-Koch-Institut 255 Todesfälle, zuvor waren es teilweise mehr als 400 pro Tag. „Mich empört die Nonchalance, wie in Deutschland die Todesfälle in der Statistik abgetan werden“, sagte Söder. Jede Todeszahl tue ihm in der Seele weh.

Markus Söder erhält Unterstützung durch Karl Lauterbach

Unterstützung für seine harte Linie erhielt Söder vom SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach. Noch vor Weihnachten müssten bundesweit schärfere Maßnahmen verhängt werden. „Der Wellenbrecher-Shutdown reicht bei Weitem nicht mehr aus. Es ist nicht akzeptabel, dass wir jeden Tag bis zu 500 Tote haben“, sagte Lauterbach unserer Redaktion. Als Sofortmaßnahme sollten nicht nur in Hotspots Schulklassen geteilt werden. „Noch besser und einfacher umzusetzen wäre es, die Weihnachtsferien um eine Woche vorzuziehen und um eine Woche im Januar zu verlängern.“

Der Bundestagsabgeordnete und Epidemiologe, der in der Pandemie zu den Ratgebern von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zählt, brachte außerdem eine komplette Schließung des Einzelhandels nach Weihnachten ins Gespräch. „Die Geschäfte sollten mindestens bis Ende der ersten Januarwoche geschlossen bleiben. Wir brauchen jetzt einen harten Shutdown, um etwas zu bewirken.“

Söder warnte, Corona lasse einfach nicht locker. Zwar würdigte er neue Impfstoffe wie die Kanzlerin als „Lichtblick“, schränkte aber gleich wieder ein: „Das ist kein grelles Scheinwerferlicht, auf das wir zulaufen.“