Washington. Der US-Justizminister sagt, Donald Trump solle weniger über Strafverfahren twittern. Diese Kritik am Präsidenten ist eine Premiere.

Dass Donald Trump „selbst sein schlimmster Feind ist”, dass er „Millionen Wähler zu der Frage bringt, ob sie wirklich das Risiko eingehen sollen, ihm so viel Macht für vier weitere Jahre zu geben”, sind Sätze, die man im Leit-Kommentar des „Wall Street Journal“ so noch nie gelesen hat. Das von Trump-Freund Rupert Murdoch geführte Blatt macht am Freitag eine Ausnahme. Weil William Barr, seit genau einem Jahr in der Nachfolge des glücklosen Jeff Sessions US-Justizminister, eine historische Ausnahme gemacht hat.

Zum ersten Mal hat in Gestalt von Barr ein wichtiges Kabinetts-Mitglied den Präsidenten öffentlich aufgefordert, sich nicht mehr über Twitter in interne Belange seines Ministeriums einzumischen. Was Trump in den vergangenen Tagen im Fall Roger Stone getan habe, sagte Barr dem TV-Sender ABC, mache es ihm „unmöglich, meinen Job zu machen”.

Konkret: „Ich denke, es ist Zeit, damit aufzuhören, über Strafverfahren des Justizministeriums zu twittern”, erklärte Barr. Das „ständige Kommentieren aus dem Hintergrund untergräbt mich“. Der 69-Jährige fügte hinzu, er lasse sich von niemandem einschüchtern; auch nicht vom Weißen Haus.

Donald Trump mischte sich in Prozess ein

Es geht dabei um den langjährigen Trump-Vertrauten Roger Stone. Er bekommt am 20. Februar im Nachgang der Russland-Affäre sein Urteil wegen Falschaussage, Zeugenbeeinflussung und Behinderung der Justiz.

Empörung über Trumps Einmischung in Justizfall um verurteilten Ex-Berater

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    Stone hatte sich vor der Wahl 2016 als Verbindungsmann zwischen Team Trump und der Enthüllungsplattform Wikileaks verdingt. Und mit dafür gesorgt, dass kompromittierende E-Mails aus dem Umfeld von Trumps demokratischer Konkurrentin Hillary Clinton veröffentlicht werden konnten, die laut US-Geheimdiensten von Hackern aus Russland erbeutet worden waren.

    Die Anklage forderte zunächst bis zu neun Jahre Haft. Trump nannte das Strafmaß eine „Schande”, sprach von „schurkischen Staatsanwälten” und verunglimpfte nebenbei auch noch die zuständige Richterin Amy Berman Jackson als befangen. Die oppositionellen Demokraten sahen darin wie schon im Fall Ukraine einen groben Verstoß gegen die Gewaltenteilung.

    Hintergrund:

    Donald Trump soll Unabhängigkeit der Justiz nicht stören

    Unmittelbar vor diesen Tweets, behauptet Barr, habe er sein Haus angewiesen, eine mildere Strafe von maximal vier Jahren zu erzielen. Neun Jahre seien „unangemessen”. Das habe die ursächlich mit dem Fall betrauten vier Staatsanwälte verschnupft zum Rücktritt bewegt.

    Seither versucht Barr dem landläufig entstandenen Eindruck zu entgehen, er habe auf Trumps Geheiß gehandelt und damit die Unabhängigkeit der Justiz beschädigt. „Ich werde die Integrität der Justiz wahren”, sagte, wartend auf eine Replik des Präsidenten, der öffentliche Kritik an ihm in neun von zehn Fällen mit herabsetzenden Kontern beantwortet.

    Donald Trump und Justizminister sollen sich abgesprochen haben

    Weil eine scharfe Maßregelung bisher ausgeblieben ist, vermuten Justiz-Kreise ein Spiel mit gezinkten Karten. „Leute, lasst euch nicht zum Narren halten. Barr gibt dem Präsidenten zu verstehen, dass seine Impulsivität es schwerer macht, politische die Ergebnisse für ihn zu erzielen, die er erwartet”, sagt der frühere Justiz-Angestellte Matthew Miller, „wenn Trump einfach den Mund halten würde, könnte Barr sich effektiver um ihn kümmern.”

    Trumps Sprecherin Stephanie Grisham erklärte am Abend, der Präsident habe sich an Barrs Äußerungen nicht gestört. Barr genieße Trumps „vollstes Vertrauen”.