Genf. Nur die wenigsten Jugendlichen in Deutschland bewegen sich ausreichend. Dabei wäre ein wenig körperliche Aktivität pro Tag schon genug.

83,7 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland bewegen sich zu wenig. Mädchen sind dabei noch inaktiver als Jungen. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die an diesem Freitag im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht wird. Dabei wäre laut WHO schon eine Stunde Bewegung pro Tag ausreichend – und selbst das schafft weltweit nur ein Fünftel der 11- bis 17-Jährigen.

Die Studie zeigt auch den Unterschied zwischen den Geschlechtern auf: 79,7 Prozent der Jungen und sogar 87,9 Prozent der Mädchen dieser Altersgruppe waren 2016 körperlich nicht aktiv genug. Im Vergleich zum Jahr 2001 haben sich die Zahlen für Deutschland sogar ein wenig verschlechtert (Jungen: 79,5 Prozent; Mädchen: 87,7 Prozent). Weltweit haben sich die Werte nur bei den Jungen gering verbessert.

„Wir hatten eine elektronische Revolution, die die Bewegungsmuster von Jugendlichen offensichtlich verändert hat – und sie dazu anregt, mehr zu sitzen, weniger aktiv zu sein, mehr zu fahren, weniger zu gehen“, sagt Leanne Riley, eine der Co-Autorinnen der Studie. Die Jugendlichen spielten letztlich mehr digital als wirklich aktiv.

WHO empfiehlt eine Stunde Bewegung für Jugendliche pro Tag

Ein weiterer Grund für fehlende körperliche Aktivität sei zudem die Frage der Sicherheit in manchen Regionen oder Umfeldern. „Es gibt Umfelder, in denen wird es immer gefährlicher, draußen zu sein und aktiv zu sein. Wenn es nicht sicher genug ist, draußen zu sein, dann gehen Jugendliche auch weniger zu Fuß zur Schule oder fahren mit dem Fahrrad“, so Riley.

Die WHO empfiehlt, dass sich Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 17 Jahren zumindest 60 Minuten am Tag bewegen sollten. Alles darüber hinaus sei für die Gesundheit zusätzlich von Vorteil. Erwachsene (18 bis 64 Jahre) sollten sich derweil mindestens 150 Minuten pro Woche bewegen oder alternativ mindestens 75 Minuten Sport treiben.

Der für Deutschland zu beobachtende Unterschied zwischen Jungen und Mädchen findet sich auch auf globaler Ebene wieder: Während sich 77,6 Prozent der Jungen nicht ausreichend bewegen, sind es bei den Mädchen 84,7 Prozent. Die größten Unterschiede zwischen den Geschlechtern wurden in Irland (17 Prozentpunkte) und den USA (16,5 Prozentpunkte) festgestellt.

Bewegungsmangel: WHO kann Ziel zur Senkung bis 2030 wohl nicht einhalten

„Hier wirken sich auch kulturelle Aspekte aus. In manchen Kulturen ist es nicht vorgesehen, dass Mädchen so aktiv sind wie Jungen, oder sie werden nicht ermutigt, sich so viel zu bewegen wie die Jungs“, erklärt Riley. Insgesamt war der Anteil an inaktiven Kindern in Südkorea am höchsten, während er in Bangladesch am niedrigsten war.

Die WHO hatte eigentlich das Ziel ausgegeben, den Anteil der Jugendlichen mit zu wenig Bewegung bis 2030 auf 70 Prozent zu senken. „Dieses Ziel können wir nicht einhalten, wenn sich diese Trends fortsetzen“, macht Regina Guthold, Studienautorin und WHO-Expertin für die Gesundheit von Jugendlichen, deutlich.

In Deutschland zieht sich der Bewegungsmangel durch alle Generationen. Wie eine Umfrage im Auftrag der DKV Deutsche Krankenversicherungen im Sommer 2018 zeigte, sind die Deutschen das Volk der Rumsitzer und leben sehr ungesund. Eine Studie der AOK zeigte ebenfalls im Sommer 2018, dass in vielen deutschen Familien Bewegung zu kurz kommt. Mit dem Bewegungsmangel bei Kindern geht auch der Hang zu Übergewicht einher: Eine Studie der KKH zeigte: Smartphone-Nutzung kann Kinder dick machen. (jkali/dpa)