Essen. 400.000 Zuschauer werden in Belgien zum WM-Abschluss erwartet – sie wollen einen Heimsieg im Straßenrennen sehen.

Zuschauer stehen in Fünferreihen an der Strecke. Im Straßenbild ist das Signet des Regenbogens übermächtig. Die Begeisterung ist riesig in Belgien. Cycling is coming Home, der Radsport kommt nach Hause, das ist das Motto dieser WM – angelehnt an den stolzen Spruch der Engländer, die Ähnliches während der letzten EM über den Fußball verkündeten.

Die zehnte Straßenrad-WM in Belgien

Während die Liebe der Engländer zum runden Leder eher eine schmerzhafte Angelegenheit ist, wenn es um Nationenwettbewerbe geht, ist die Beziehung der Belgier, und insbesondere der Flamen, zum Zweiradsport von Tradition und Erfolg geprägt. Zum zehnten Mal schon findet eine Straßenrad-WM in Belgien statt, zum siebten Mal in Flandern. Am Sonntag erlebt die aktuelle Ausgabe mit dem Straßenrennen der Männer (ab 10.20 Uhr/Eurosport) ihren Höhepunkt.

26 Weltmeistertitel holten belgische Männer in der 100-jährigen Geschichte der Titelkämpfe. Fünf Belgier sind zweifache Weltmeister, Eddy Merckx und Rik Van Steenbergen schlugen dreifach zu. Das sind Meriten, die das Nationalbewusstsein prägen. Hinzu kommen Klassikerrennen wie die Flandernrundfahrt, seit 1913 ausgetragen und gar während des Zweiten Weltkriegs als Sportevent durchgezogen. 69 Mal waren Belgier hier vorn.

Wer dieser Tage in Brügge nicht an der Rennstrecke steht, bewegt sich selbst auf dem Rad. Rasant fahren selbst Rentner oder Eltern mit kleinen Kindern über das Pflaster. Fast 16 Prozent aller Wege werden in Flandern per Rad zurückgelegt, konstatiert die flämische Tourismusbehörde. Für eine Region, die auch ländliche Gebiete umfasst, ist das eine ganze Menge.

Seit 2012 kein belgischer WM-Sieg

Für das Wochenende mit den Straßenrennen werden rund 400.000 Zuschauer erwartet. Das sind Open Air-Dimensionen, bei denen einem nur wegen der recht hohen Impfquote von mehr als 71 Prozent nicht schwummrig wird. Sogar die Maskenpflicht im Freien ist aufgehoben.

Für den ersehnten Titelgewinn in der Heimat – der letzte datiert aus 2012 – ist im belgischen Team nicht nur Kapitän Wout van Aert gut, der WM-Zweite im Zeitfahren. Sein stärkster Helfer, Jungstar Remco Evenepoel, Dritter im Zeitfahren, ist für seinen Eigensinn berüchtigt. Der deutsche Teamkapitän Nils Politt, der selbst mit einer Medaille beim WM-Höhepunkt liebäugelt, sagt über die Belgier: „Jeder der acht Fahrer gehört zu den Weltbesten.“