Jena. Am Samstag stehen „Unterm Jenzig“ alle Zeichen auf Stadt-Derby, wenn der FC Thüringen Jena den SV Jena-Zwätzen empfangen wird - hier der Vorab-und-ein-Song-Check.

Es soll eine Zeit in der Saalestadt gegeben haben, in der die Kicker des FC Thüringen Jena nicht vom SV Jena-Zwätzen sprachen. Stattdessen griffen sie auf eine Formulierung aus der Herr-der-Ringe-Saga von J.R.R. Tolkien zurück: Im Osten der Saalestadt sprach man nur von Mordor – eben jenes düstere Reich, welches im Südosten von Mittelerde liegt. Wenn nun auf eine derartige Formulierung zurückgegriffen wird, um einen Gegner zu benennen und damit auch zu charakterisieren, kann man getrost von einer waschechten (Fußball-)Fehde sprechen. Besagter Clinch zwischen dem Osten und dem Norden erlebte jedoch von 2014 bis 2022 eine Zwangspause – zumindest auf dem Platz. Mit dem Abstieg des FCT in die Kreisoberliga ruhte das innerstädtische Derby, die generelle Rivalität wurde jedoch weiterhin genüsslich gepflegt. Wenn nun am Samstag ab 14 Uhr auf dem Sportplatz „Unterm Jenzig“ der FC Thüringen und der SV Zwätzen aufeinandertreffen, wird die gegenseitige Abneigung in ihren Grundzügen immer noch mitschwingen. In der Landesklasse-Saison 22/23 erlebte das urbane Derby dank des Aufstiegs des FCT seine Wiedergeburt. Seitdem trafen die Teams aus Ost und Nord dreimal aufeinander, zweimal siegten die Zwätzner (3:1; 1:0), einmal teilten sie sich die Punkte mit dem FCT (1:1).

Im Osten der Saalestadt sprach man nur von Mordor

Ausgangslage: Der Gastgeber um Trainerlegende Steffen Geisendorf rangiert vor dem 18. Spieltag auf Platz 14 der Tabelle – ein Abstiegsplatz. Aus den vergangenen drei Partien, von denen zwei zur Rückrunde zählten, konnten sie immerhin zwei Punkte holen – mehr als der SV Jena-Zwätzen. Ja, bisher war das Jahr 2024 für die Kicker aus dem Norden Jenas ein gebrauchtes. Lediglich ein Punkt sprang für die Mannen von Daniel Sander aus ihren vergangenen drei Pflichtspielen heraus. Vor dem Stadt-Derby haben sie nur noch Platz neun inne – wohlgemerkt, die Nordlichter gaben am Anfang der Saison den Primus. Die Euphorie des sympathischen Zwätzen-Coachs hielt sich im Spätsommer 23 hinsichtlich der Tabellenführung jedoch sehr in Grenzen. Es sei lediglich eine Momentaufnahme. Laut Sander erlauben sich seine Spieler dieser Tage zu viele simple Fehler in der Defensive; Fehler, die für die generischen Parteien ein ums andere Mal zu Abschluss-Einladungen mutierten. Allein gegen Chemie Kahla seien es vier derartige Fehler gewesen – Querschläger, Ballverluste, die gesamte Palette eben. Darüber hinaus leugnet der Zwätzen-Trainer nicht, dass man dieser Tage Luan Ferizi vermisse – spielerisch, aber auch menschlich: „Er hat in sechs Partien neun Tore geschossen – da fällt es schwer, ihn nicht zu vermissen. Doch mein Team bestand nicht nur aus Luan. Sein Abgang darf keine Entschuldigung für unser bescheidenes Agieren sein – das wäre schlichtweg ein Armutszeugnis.“

Laut Zwätzen-Coach Daniel Sander werden ästhetische Belange am Samstag während des Derby eine eher untergeordnete Rolle spielen. 
Laut Zwätzen-Coach Daniel Sander werden ästhetische Belange am Samstag während des Derby eine eher untergeordnete Rolle spielen.  © Jena | Peter Poser

Blick in den Kader: Steffen Geisendorf gibt sich zuversichtlich: Wenn nichts dazwischenkommt, müssten alle FCT-Akteure an Bord sein; auch Sören Bittner, der aufgrund eines lädierten Knöchels am vergangenen Spieltag gegen den SV Rositz pausieren musste. Von derartigen Verhältnissen kann Daniel Sander indes nur träumen. Er musste während der vergangenen Spieltage immer wieder improvisieren und Akteure auf Positionen auflaufen lassen, die ihnen eigentlich fremd sind. Er werde jedoch den einen oder andern Schützlinge am Samstag in seinen Reihen wieder begrüßen können, betont der Trainer. Nichtsdestotrotz, die Personalsituation könnte wahrlich besser sein.

Goalgetter: Sören Bittner und Maximilian Enkelmann sind mit jeweils sechs Toren die derzeit erfolgreichsten Akteure in den Reihen der Gastgeber aus dem Osten Jenas. Bei Zwätzen führt indes Flügelflitzer Justin Dey mit sieben Toren in 13 Partien die Schützenliste an.

„Nach den beiden Unentschieden wäre ein Sieg ideal“

Das sagt FCT-Trainer Steffen Geisendorf vor dem Derby: „Dreimal haben wir gegen Zwätzen gespielt und kein einziges Mal gewonnen – es ist einfach an der Zeit. Wir haben in der Vergangenheit mitunter gut mitgespielt, doch es hat nie gereicht. Außerdem stehen wir unter Zugzwang; nach den beiden Unentschieden wäre ein Sieg ideal – das Stadtderby wäre perfekt dafür. Und ja, es wird wohl eine intensive und dreckige Partie auf Kunstrasen werden.“

Das sagt Zwätzen-Trainer Daniel Sander vor dem Derby: „Wir durchlaufen gerade eine schwierige Phase. Nichtsdestotrotz, es muss natürlich etwas geschehen, bevor es eng wird. Wir wollen das Derby nutzen, um zu zeigen, dass noch Leben in uns steckt. Und ja, ich gehe davon aus, dass wir ein Spiel erleben werden, in dem es nicht um ästhetische Belange gehen wird – es ist nun mal ein Derby, es wird zweifelsohne körperlich werden.“

Erwartet ein intensives, ein dreckiges Derby: FCT-Coach Steffen Geisendorf.
Erwartet ein intensives, ein dreckiges Derby: FCT-Coach Steffen Geisendorf. © Jena | Peter Poser

Die Geschichte: In den Reihen der Kicker aus dem Norden Jenas gibt es dieser Tage nur einen Akteur, der das letzte Derby 2014 vor dessen Renaissance bestritt: Stürmer Sebastian Fieguth. Ein anderer Zwätzen-Akteur, der ebenfalls am 8. März 2014 in das Geschehen im Osten der Saalestadt eingriff, war der einstige Kapitän Felix „Knorfi“ Hentrich – und dieser hatte mit dem FC Thüringen Jena noch eine Rechnung offen, die er 2022 endlich begleichen konnte. Gefühlt acht Jahre wurmte den Innenverteidiger, dass Zwätzen in der Saison 2013/14 gleich zweimal (4:6; 3:4) den Ostlern unterlag – obwohl diese sich am Ende der Saison aus der Landesklasse verabschiedeten. Entsprechend zufrieden blickte der Hüne am 10. September 2022 aus seiner verschwitzten Zwätzen-Kluft, als er mit den Seinen „Unterm Jenzig“ 3:1 triumphierte. Eineinhalb Jahre später absolviert Felix Hentrich, der nach der Revanche immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hatte, eine Art Fußball-Sabbatical. „Knorfi“, mittlerweile 35 Jahre und stolzer Vater, will perspektivisch aber noch einmal auf dem Platz stehen. Am Samstag indes wird er samt Sohnemann Hugo zugegen sein, um seine Mitstreiter vom Rand aus moralisch zu unterstützen.

Felix Hentrich hatte mit dem FC Thüringen noch eine Rechnung offen

Kuriosität: Das letzte Derby konnte die Sander-Truppe am 26. August 2023 mit 1:0 für sich entscheiden. Der Schütze des alles entscheidenden Tores war ein gewisser Luan Ferizi. In der 42. Minute war er erfolgreich.

Wäre diese Partie ein Song: Weil beide Trainer davon ausgehen, dass das Derby über den (Fußball-)Kampf entschieden werden wird – „Fight Music“ von D12 für die Hip-Hop-Fraktion oder „The Fight Song“ von Marilyn Manson für die Gitarrenfraktion.