Berlin. Wie sieht der Trend in den nächsten Monaten beim Tages- und Festgeld aus? Experten geben ihre Prognose zur Entwicklung der Zinsen.

Sie hat es schon wieder getan. Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte vergangene Woche den Leitzins auf 4,5 Prozent. Zum zehnten Mal in einem Jahr mussten die europäischen Währungshüter nun schon dieselbe Nachricht verkünden: Die Zinsen steigen. Derzeit profitieren besonders Anleger, die ihr Geld beim Festgeld angelegt haben. Da die Zinsen meist höher liegen als beim Tagesgeld. Doch auch bei dieser Anlageform erhöhen immer mehr Banken die Zinsen. Aber geht diese Entwicklung jetzt immer so weiter?

"Wir glauben, dass die jüngste Erhöhung des Zinsniveaus, wenn es für einige Zeit beibehalten wird, ausreichen könnte, um die Inflation dem Zwei-Prozent-Ziel anzunähern", sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos am Freitag dem spanischen Radiosender Cope. Zwei Prozent – so hoch soll die Inflationsquote in Europa maximal sein.

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Tagesgeld und Festgeld: Wie läuft die Zinsentwicklung?

Das Problem: Die von den Leitzinserhöhungen ausgelösten Effekte auf Preise und Wirtschaft können Analysten immer erst mit einer gewissen Verzögerung sehen. Nach etwa "6 bis 18 Monaten" merke man die Effekte der Leitzinserhöhungen, sagt etwa Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Ökonom geht davon aus, dass selbst die Effekte der bisherigen Zinserhöhungen noch nicht vollständig zu sehen seien, wie er sagt. Da sei "noch was in der Pipeline".

Von ihrem anvisierten Zwei-Prozent-Ziel bei der Inflation ist die EZB jedenfalls ein gutes Stück entfernt. Nach Angaben vom EU-Statistikamt Eurostat liegt die Inflationsquote im Euroraum derzeit bei 5,2 Prozent. Sogar noch über diesem Durchschnittswert liegen die aus Verbrauchersicht besonders wichtigen Preise für Lebensmittel und Getränke. Sie stiegen den Eurostat-Angaben zufolge im August um 9,7 Prozent.

 TagesgeldFestgeld
ZugangGeld ist täglich verfügbar – Ein- und Auszahlung jederzeit möglich.Das Geld ist für einen festgelegten Zeitraum fest angelegt – keine spontanen Ein- und Auszahlungen.
ZinsenDer Zinssatz ist variabel und kann sich ändern.Der Zinssatz ist fest und ändert sich während der Laufzeit nicht.
RenditeTendenziell niedriger – das Geld muss täglich abrufbar sein und die Bank ist weniger flexibel.Tendenziell höher – das Geld wird fest angelegt und innerhalb der Laufzeit kann die Bank frei darüber verfügen.
RisikoSehr gering – das Ersparte ist über die Einlagensicherung geschützt.Sehr gering – das Ersparte ist über die Einlagensicherung geschützt.
FlexibilitätSehr hoch – Geld kann jederzeit ein- und ausbezahlt oder auf ein anderes Konto umgeschichtet werden.Gering – bis zum Ende der Laufzeit hat man keinen Zugriff auf das Geld.
VerwendungGeeignet für die kurzfristige Geldanlage oder als Notgroschen.Geeignet für langfristige Geldanlage in der Anlagestrategie.

Können Sparer also damit rechnen, dass die Zinsen beim Tages- und Festgeld in der absehbaren Zeit noch weiter ansteigen dürften? Der Zentralbankrat habe am Donnerstag klargestellt, "dass nach unserem besten Wissen in den kommenden Monaten keine weiteren Zinserhöhungen zu erwarten sind", schrieb etwa der estische Notenbankchef Madis Müller in einem Blogbeitrag.

Die Bemerkungen sind deutlicher als die Worte, die EZB-Präsidentin Christine Lagarde vergangene Woche wählte. Nach dem jüngsten EZB-Zinsentscheid hatte die Französin gesagt, man könne nicht sagen, ob der Zinsgipfel nun bereits erreicht sei. Sie räumte jedoch ein, dass sich der geldpolitische Fokus jetzt wohl auf die Frage richte, wie lange die Leitzinsen auf dem aktuellen Niveau bleiben sollen.

Prognose für Zinsen bei Tages- und Festgeld schwierig

Was heißt das jetzt für Sparer, die ihr Geld beim Tages- und Festgeld angelegt haben? Der Rat des Finanzexperten Brzeski lautet dazu: Das Sparen über Fest- und Tagesgeld sei wieder eine Option, wie er sagt. "Es lohnt sich für Verbraucher auf jeden Fall. Weil es wieder Zinsen gibt, weil es wieder eine Rendite gibt. Gleichzeitig ist diese Rendite aktuell immer noch geringer als die Inflation."

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Der Preis für eine durch höhere Leitzinsen sinkende Inflation bedeutet nach Einschätzung des Ökonom, dass sich das Wirtschaftswachstum und die Wirtschaft generell abschwächt.

Diese Folgen gehen von steigenden oder sinkenden Leitzinsen aus:

  • Sinken die Zinsen werden Kredite wieder günstiger, was wiederum Anreize für Unternehmen schaffen sollte, ihre Investitionen hochzufahren – so zumindest die Hoffnung von Wirtschaftsexperten. Eine Zinssenkung hat unmittelbare Auswirkungen auf das Tages- und Festgeld, bei denen die Zinsen dann in der Folge wieder deutlich fallen.
  • Steigen die Zinsen dagegen wie jetzt beschlossen wurde weiter, könnte das – so die Befürchtung von Gegnern der Zinserhöhung – die Wirtschaft noch weiter ausbremsen, dafür aber Sparern beim Tagesgeld und Festgeld eine deutlich höhere Rendite bescheren. Denn auch wenn die Zinsen für beide Anlageformen in den vergangenen Monaten stark gestiegen sind, liegt der Realzins durch die hohe Inflationsquote von etwa 6 Prozent für Anleger noch in den meisten Fällen im Minusbereich. Sonstige Folgen: Kredite wie etwa Baukredite werden teurer, die Wirtschaft wird schwächer. Auch ein großflächiger Abbau von Arbeitsplätzen ist langfristig gesehen zwar möglich, allerdings durch Fachkräftemangel und demografischen Wandel nicht unbedingt das größte Risiko.

Ökonomen gehen derzeit davon aus, dass der Trend der wirtschaftlichen Abkühlung weiter anhält und die Inflationsquote sinken wird. "Dadurch stellt sich eigentlich gar nicht mehr die Frage für die EZB in den kommenden Monaten nach einer weiteren Zinserhöhung. Sie hat ihr Ziel erreicht: die Inflation abzuschwächen", so Ökonom Brzeski. (mit dpa)

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