Berlin. Boris Becker braucht Geld, Sat.1 Quote: Wie Tennisspieler und TV-Sender auf ihre Kosten kommen wollen: Erstes Interview nach Haft.

Er braucht Geld, viel Geld. Noch lässt sich die Marke Boris Becker versilbern, besser: vergolden? Den Zuschlag für das erste Interview nach der Entlassung des Tennisspielers aus dem Gefängnis in England bekam Sat.1, wie der TV-Sender am Freitag mitteilte. Laut "Bild" bezahlt man dafür 450.000 Pfund, rund 515.000 Euro. So lässt sich eine Resozialisierung in der Premiumklasse an.

Wie viel sich Sat.1 vom Gespräch verspricht, zeigt sich daran, dass der Sender sein Programm am Dienstag eigens und zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr für den Ex-Sträfling ändert – für "Sat.1 Spezial. Boris Becker".

Boris Becker: Ein Interview für den Weltmarkt

Das "erste und weltweit einzige Interview" mit der Tennislegende nach der Haft führt der deutsch-amerikanische Moderator Steven Gätjen in deutscher und englischer Sprache. Im Klartext: Für den Weltmarkt. Deutschland ist nicht genug.

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Vieles lässt der Sender offen, zum Beispiel, ob das Gespräch aufgezeichnet oder live ausgestrahlt wird. Auch stellt sich die Frage, für wie lange Sat.1 Becker für sich allein hat. Wie lange wird es das "einzige Interview" bleiben? Vielleicht ist das Rätselraten aber schon Teil der Vermarktungsstrategie.

Der ganze TV-Abend steht bei Sat.1 im Zeichen Beckers. Nach dem Interview laufen die Dokumentationen „akte. Spezial: Boris Becker – Vom Helden zum Häftling“ und „Boris Becker – Der Spieler“.

Boris Becker: Ein Leben wie ein Trivialroman

Sporthistorisch bewegt sich der frühere Wimbledon-Sieger in den Sphären von Legenden wie Max Schmeling (Boxen) und Franz Beckenbauer (Fußball). Sein Casino-Lebenslauf gäbe den Stoff für mehrere Trivialromane.

Der 55-Jährige hat Millionen gewonnen – und Millionen verschleudert. Zuletzt saß er in Großbritannien wegen Finanzvergehen im Gefängnis. Gerade erst wurde er vorzeitig aus der Huntercombe-Haftanstalt entlassen.

Dem sechsmaligen Grand-Slam-Sieger waren in seinem seit 2017 laufenden Insolvenzverfahren viele Vergehen zur Last gelegt worden. Dabei ging es um eine vermeintliche Nicht-Offenlegung von Besitztümern und die Verschleierung von Schulden.

Boris Becker: Frei – nur nicht vom Insolvenzverfahren

Becker hat zwar seine Strafe verbüßt, ist nicht mehr inhaftiert und offenbar nach Deutschland ausgereist, aber das Insolvenzverfahren läuft bis zum Jahr 2031 weiter. Deswegen kann er es sich auch nicht leisten, nur nach vorn zu schauen. Nur der Blick zurück bringt Geld. Einen Teil der Einnahmen, mutmaßlich die Hälfte, wird der gefallene Held an seine Gläubiger abtreten müssen.

Noch beflügelt der Name Becker die Fantasien und weckt Neugierde: Wie war es im Gefängnis? Was hat diese Zeit mit ihm gemacht? Wie will er sein Leben wieder in den Griff bekommen? Welche Pläne hat er für die Zukunft?

Boris Becker: Großbritannien als No-Go-Area

Dass er Weihnachten mit der Familie in Deutschland verbringen kann, verdankt der Tennisspieler einer Sonderregel für straffällige Ausländer. Wird ihre Haftstrafe erlassen, dürfen sie Großbritannien umgehend verlassen und allerdings – nicht zurückkehren. Das ist bitter für Becker, der in London lebt und sich als Tennis-Kommentator für BBC einen Namen gemacht hatte.

Man nimmt an, dass Becker den ersten Tag in Freiheit nach seinem knapp achtmonatigen Gefängnisaufenthalt am Freitag in Deutschland verbrachte. Medienberichten zufolge flog er in einem Privatjet, der von einem Freund gechartert wurde. Als Ziele galten Frankfurt, München oder Stuttgart.

Boris Becker: Von SAT 1 komplett abgeschirmt?

Am Haus seiner Mutter Elvira im baden-württembergischen Leimen tauchte Becker nicht auf. Gut möglich, dass Sat.1 ihn komplett abschirmt, um seine Exklusivrechte zu schützen. Der "vielleicht größte Held des deutschen Sports" (Sat.1-Chefredakteurin Juliane Eßling) ist für den Sender Gold wert. (fmg)

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