Berlin. Das Coronavirus belastet die Wirtschaft. Bei „Hart aber fair“ berichten Betroffene – und Hubertus Heil macht Arbeitslosen Hoffnung.

  • Das Coronavirus sorgt nicht nur bei Arbeitnehmern für große Verunsicherung: Auch Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger befürchten steigende Ausgaben
  • Hinzu kommt, dass die Tafeln geschlossen sind - Experten und Politiker sind alarmiert
  • Sie befürchten, dass die Ärmeren durch die Corona-Krise noch ärmer werden, wodurch die Schere zwischen arm und reich noch weiter auseinandergehen könnte
  • Auch bei „Hart aber fair“ ging es am Montagabend um die Auswirkungen der Pandemie
  • Es könnte auch ein Hilfspaket und mehr Geld für Hartz-IV-Empfänger geben, sagte der Arbeitsminister Hubertus Heil

Hubertus Heil versprüht Optimismus. Dem Arbeitsminister bleibt an diesem Abend auch nicht viel mehr übrig. Schließlich sitzt er bei „Hart aber fair“ neben Menschen, die Antworten verlangen. Nicht darüber, wie lange das Herunterfahren des öffentlichen Lebens wohl noch dauert – das weiß ohnehin niemand. Es geht um etwas anderes: persönliche Schicksale.

So wie bei Bettina Sieckendiek, die ein Busunternehmen mit 90 Mitarbeitern leitet, inzwischen alle Reisen stornieren und die Angestellten in Kurzarbeit schicken musste – und sich direkte finanzielle Hilfen des Staates wünscht. Oder Victoria da Cruz, die erst zu Jahresbeginn ein Mutter-Kind-Café eröffnet hat. Und jetzt den Betrieb eingestellt hat. Für Gründer ist es schwer, an Kapital zu kommen.

Das waren die Gäste von „Hart aber fair“:

  • Hubertus Heil (SPD), Arbeitsminister
  • Dagmar Schulz, Unternehmensberaterin für Existenzgründer
  • Prof. Susanne Herold, Professorin für Infektionskrankheiten der Lunge
  • Eva Schulte-Austum, Wirtschaftspsychologin
  • Bettina Sieckendiek, Chefin eines Busunternehmens
  • Victoria da Cruz, Betreiberin eines Cafés

„Hart aber fair“ setzt auf Schicksale und weniger auf Experten

Es menschelte also diesmal bei „Hart aber fair“. „Das Virus befällt die Wirtschaft: Wie viel bleibt von unserem Wohlstand?“, lautete die Überschrift dazu. Und es hat sich ausgezahlt, dass nicht nur Virologen, Ökonomen und andere Experten über Infiziertenzahlen, Klinikbetten oder den Einbruch des Bruttoinlandsproduktes diskutierten. Immer ein wenig technokratisch, oft abstrakt. In Frank Plasbergs Runde kamen Betroffene zu Wort. Ihre Schicksale sind es, die hinter Tabellen und Statistiken stehen.

Ganz so dramatisch wie in der inzwischen obligatorischen 30-minütigen Doku vorab wurde es zwar nicht. In dem Film zeigten die Autoren unter anderem eine Familie, die wegen der Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus keinen Zugang mehr zur unheilbar an Lungenkrebs erkrankten Mutter im Krankenhaus hat. Ein hartes, ein trauriges Beispiel dafür, wie sehr die Pandemie den Alltag vieler Menschen durcheinanderwirbelt. Und welche hohen psychischen Folgeschäden damit einhergehen. Lesen Sie hier: Deshalb fordert ein Hartz-IV-Empfänger mehr Geld in der Corona-Krise - das sind seine Argumente.

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    Hubertus Heil kritisiert die Banken

    Hubertus Heil, der Arbeitsminister, hatte in der anschließenden Diskussion viel zu tun – er fungierte als Zuhörer, Mutmacher und Trostspender. Der SPD-Mann sagte, dass die Gesundheit immer an erster Stelle stünde – ein Satz aus dem aktuellen Standardrepertoire der Regierung.

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      Heil tadelte die Banken, die trotz 90-prozentiger Kreditausfallgarantien durch den Bund Unternehmen nicht ausreichend mit Liquidität versorgten. Der Minister versprach, um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen. Eine Garantie könne er aber auch nicht geben. Hilfsprogramme könnten aber immer wieder nachjustiert werden. Damit auch Gründer und mittelgroße Unternehmen schnell Hilfe erhielten. Wie Solo-Selbstständige an Geld kommen.

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      Gibt es bald auch ein Hilfspaket für Hartz-IV-Empfänger?

      Interessant war vor allem eine Aussage. Eine Zuschauerin reichte die Frage ein, ob es nicht auch ein Hilfspaket für Hartz-IV-Empfänger geben müsste. Schließlich fallen viele Tafeln aktuell weg, wo sich Transferempfänger günstig mit Lebensmitteln versorgen konnten. Und auch das kostenlose Schulessen für Kinder gibt es gerade nicht. Was sagt also der Arbeitsminister dazu?

      „Wir werden auch das prüfen“, versprach Heil. Ein Versprechen könne er nicht geben, aber der SPD-Politiker zeigte sich offen für einen zeitlich befristeten Bonus. Zugleich machte Heil deutlich, dass der Moment kommen werde, in dem sich der Bund das viele Geld der Rettungspakete zurückholen müsse. „Und dann müssen wir uns darüber austauschen, wie die Lasten fair verteilt werden“, sagte Heil.

      Auch der Armutsforscher Butterwegge fordert in der Corona-Krise höhere Hartz-IV-Sätze und warnt vor einer „Verelendung“ in Teilen der Gesellschaft. „Von den Rettungspaketen für die Unternehmen kommt im Kellergeschoss der Gesellschaft wenig an“, sagte der Kölner Politikwissenschaftler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Zeitung).

      Die Corona-Krise wirke „sich nicht allein auf die Immunschwachen, sondern auch auf die Einkommensschwachen fatal aus. Zudem sollten nach Butterwegges Ansicht die Regelbedarfssätze von Hartz-IV-Empfängern wegen der Corona-Krise um mindestens 100 Euro erhöht werden.

      Corona: Ärztin wirbt für zielgenaues Testen

      Doch noch stehen gesundheitliche Fragen im Mittelpunkt. In Deutschland ist die Sterblichkeit durch das Coronavirus gering – noch. Susanne Herold, Professorin für Infektionskrankheiten der Lunge am Universitätsklinikum Gießen, führte die bisher erfreulich niedrige Zahl an Todesfällen auf die Testkapazitäten im Land zurück.

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      Diese neuen Maßnahmen gibt es bei Hartz IV

      • Der Zugang zur Grundsicherung soll vorübergehend einfacher werden.
      • Wer ab dem 1. März bis zunächst 30. Juni 2020 einen Antrag darauf stellt, für den soll für die ersten sechs Monate die Vermögensprüfung entfallen, erklärt die Bundesagentur für Arbeit.
      • Zumindest dann, wenn man erklärt, dass man nicht über erhebliches Vermögen verfügt.
      • Für das erste halbe Jahr Hartz-IV-Bezug sollen außerdem die Ausgaben für Miete und Heizung in tatsächlicher Höhe anerkannt werden.

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      „Wir sind beim Testen schon ganz weit vorne“, sagte die Medizinerin. Eine halbe Millionen Tests würden pro Woche gemacht. Es sei allerdings sinnvoll, weiterhin zielgenau zu testen: also bei Menschen, die aus Risikogebieten kommen oder Symptome zeigen. „Wir dürfen nicht wahllos testen“, sagte die Ärztin.

      Nach aktuellem Stand werden die Deutschen mit der Unsicherheit noch eine ganze Weile leben müssen. Die Wirtschaftspsychologin Eva Schulte-Austum empfahl daher, anderen Menschen zu helfen. „Das gibt Sicherheit und entspannt.“ Es sei jedenfalls keine gute Idee, in den Supermarkt zu gehen und massenhaft Toilettenpapier zu kaufen.

      Auch diese Botschaft sollte an einem solchen Abend nicht untergehen.

      Hart aber fair in der Mediathek anschauen

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