Berlin. Anna Loos sang mit Silly. Jetzt ist ihr erstes Soloalbum „Werkzeugkasten“ erschienen. Ein Gespräch über Musik, #metoo und „Tatort“.

Das Datum hat Anna Loos bewusst ausgewählt. Zum Frauentag vergangene Woche ist ihr erstes Soloalbum erschienen. Die gebürtige Brandenburgerin war zuvor Sängerin der Kultband Silly. Bekannt ist sie aber vor allem als Schauspielerin, etwa aus „Weissensee“ oder als Kommissarin „Helen Dorn“. Wir treffen uns in Berlin und reden – über das Frausein, die Musik und die Liebe.

Frau Loos, der erste Song Ihres Albums „Werkzeugkasten“ heißt „Startschuss“. Und geht so: „Ich bin, wer ich bin. Wo ihr hinrennt, da will ich nicht hin ...“ Ist das ein Abschiedslied zu Silly?

Anna Loos: Nein, Quatsch. Wenn ich was will, dann ist das für mich immer stärker als das, was die anderen von mir wollten. Bei „Startschuss“ möchte ich dafür stehen, dass es richtig und wichtig ist, sein eigenes Tempo zu haben und auch ab und zu mal gegen den Strom zu schwimmen, Mut zu haben, Fehler zu riskieren und selbst zu bestimmen, was einen glücklich macht.

Jeder hat sein eigenes Tempo. Ich glaube nicht, dass man glücklich wird, wenn man nur das macht, was die anderen erwarten. Man sollte hauptsächlich machen, wofür man brennt.

Aber das hat mit Silly nicht mehr geklappt?

Loos: Die Band wollte vor zwei Jahren nicht die Arbeit an einem neuen Album aufnehmen. Ich hatte jedoch länger schon ein paar Ideen, die ich zu Papier bringen wollte. Da es bei Silly keine Kreativarbeit gab, war es Zeit für mich, mich hinzusetzen und zu beginnen, an meinen eigenen Ideen zu arbeiten.

Nach einer kurzen Anlaufphase rollte das Ganze so richtig los. Das war der Punkt, an dem mir klar wurde, dass ich daraus ein Album machen will, und das habe ich den Jungs dann gesagt. Sie wollten live spielen, ich wollte ein neues Album schreiben. Manchmal braucht man einfach eine Pause, bei uns war das der Fall.

Als ich die Lieder angehört habe, dachte ich: Anna Loos ist schon eine sehr emotionale Frau.

Das Cover des Albums
Das Cover des Albums "Werkzeugkasten" von Anna Loos. © dpa | -

Loos: Stimmt. Ich bin eine sehr emotionale Frau. Ich liebe es, eine Frau zu sein. Ich habe früher immer gedacht, wenn ich mir was wünschen könnte, wäre ich gern für einen Tag ein Mann. Wie ein Mann empfindet, wie er denkt, das fände ich spannend. Vielleicht bin ich nicht emotionaler, sondern einfach anders emotional. Was mich aufregt oder traurig macht, nimmt mein Mann Jani locker; umgekehrt gibt es das natürlich auch.

Und Sie sind voller Liebe. Es sind fast alles Liebeslieder ...

Loos: (lacht) Ich bin voller Liebe – und ein Positivist. Das Wort gibt’s nicht, ich weiß. (lacht) Ich habe diese Grundeinstellung zum Leben von meinen Eltern geerbt. Sie haben nie dagesessen und gesagt: O Gott, jetzt haben wir ein Problem.

Das war zu DDR-Zeiten aber auch nicht einfach. Oder anders: Da dachte man doch eher dauernd: Wir haben ein Problem.

Loos: Meine Eltern haben sich oft mit einem Lächeln hingesetzt und gesagt: Okay, was machen wir denn jetzt. Heute denke ich oft, die Leute machen sich so viele Pro­bleme und haben Angst davor, Fehler zu machen. Meine Mutter hat immer gesagt: Fehler sind nicht schlimm, schlimm ist, wie ein Kaninchen vor der Schlange zu sitzen und sich aus Angst vor Fehlern nicht zu bewegen. Geh raus – und mache etwas: Das war und ist ihre Devise.

Ich hatte nie Angst vor Fehlern. Meine Misserfolge, all die Stolpersteine, die haben mich am meisten weitergebracht. Ein Erfolg macht einen ja nicht besser.

Ihr Mann Jan Josef Liefers ist ja auch „Tatort“-Ermittler. Stört es Sie, dass Sie oft auch über Ihren Mann wahrgenommen werden?

Loos: Das empfinde ich nicht so. Jani ist ja ein bisschen älter, fast sieben Jahre – was witzig ist, denn bei meinen Eltern ist der Altersunterschied genauso – und hat natürlich schon mehr in seinem Beruf gemacht. Ich bin stolz auf ihn. Als er die Rolle für den „Tatort“ angeboten bekam, war ich gerade mit dem ersten Kind schwanger, wir haben das Drehbuch gelesen, viel diskutiert, was es bedeutet, Mitglied eines „Tatort“-Ensembles zu sein.

Ich habe mich so gefreut über seinen Erfolg im Münsteraner „Tatort“ – und das jetzt schon seit 17 Jahren. Wenn jemand mich vorstellt als „die Frau von Jan Josef Liefers“, dann sage ich gerne: „Hallo, mein Name ist Anna.“

Die lieben Kinder: Jan Josef Liefers glaub nicht an Erziehung im engeren Sinne

Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut – schauspielen, singen, Familie, Haushalt, Freunde; Hunde haben Sie auch noch?

Loos: (lacht) Zwei Hunde und einen Kater. Manchmal bekomme ich das nicht unter einen Hut, dann funke ich schon SOS. Aber irgendwie geht es immer. Eines von meinen Talenten ist es, eine Struktur zu haben und viele Sachen gleichzeitig im Blick zu haben. Zum Glück.

Typisch Frau?

Loos: Vielleicht. Mein Mann kann das nicht so gut. Aber bei uns gibt es da keinen Streit. Wir haben uns vorgenommen, unsere Stärken zu stärken und uns nicht die Schwächen um die Ohren zu hauen. Das funktioniert bei uns sehr gut.

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Wollen Sie bewusst ein Vorbild für Ihre Töchter sein?

Loos: Ich bin total glücklich, dass ich zwei Töchter habe. Und ja – ich will ganz bewusst Vorbild für sie sein. Als Frau. Da achte ich sehr drauf. Ich möchte, dass sie das Frausein auch leben oder zelebrieren können, also sich die Lippen rot schminken oder hübsche Kleider tragen, aber dass sie auch wissen, dass sie nicht auf ihr Aussehen reduziert werden.

Ich hatte mit meiner Großen kürzlich eine Diskussion, weil ich ein Foto von mir bei Instagram gepostet habe, ungeschminkt, mit müden Augen. Sie meinte, ich dürfe das nicht machen, weil ich megahässlich ausgesehen habe. Ich habe ihr aber gesagt: So sehe ich morgens aus. Und ich versuche, ihnen beizubringen, nicht nur zu reden, sondern auch zuzuhören.

Wie wichtig war und ist die #MeToo-Debatte?

Loos: Sie ist nicht grundlos – und deshalb auch wichtig. Ich habe sehr jung in der Branche angefangen, aber ich habe mit meiner burschikosen Art immer sofort gestoppt, wenn sich jemand mir gegenüber unangemessen genähert hat. Aber es gibt Frauen, die können das nicht so gut, die können nicht sofort sagen: Hey, was machst du denn hier, bist du bescheuert?

Ich finde die Debatte deshalb wichtig, aber man muss auch aufpassen, dass man nicht überzieht. Mein Mann steigt beispielsweise nicht mehr mit einer Frau allein in einen Fahrstuhl ein, weil er nicht weiß, was sie sagt, wenn sie aussteigen. Das hat leider auch die #MeToo-Debatte ausgelöst. Das finde ich traurig, denn ein ungezwungenes Miteinander ist doch wichtig.