Berlin. War der Warnstreik angemessen? Bei „Hart aber fair“ formulierte eine CDU-Politikerin eine radikale Forderung – und bekam Gegenwind.

Der Arbeitskampf ist ein legitimes Mittel, um Forderungen gegen die Arbeitgeber durchzusetzen. Doch ist es tatsächlich angemessen, dazu ein ganzes Land lahmzulegen? Dieser Frage ging am Montagabend die Runde bei "Hart aber fair" nach. Anlass war der Streik bei Bussen, Zügen und Bahnen, mit dem Ver.di 10,5 Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten erzwingen will.

Das Vorgehen wurde von einer bunten Runde diskutiert. Mit dabei: die Tram-Fahrerin Julia Riemer, die Unternehmerin Marie-Christine Ostermann, die Journalistin Anja Kohl sowie die Politikerinnen Janine Wissler (Linkspartei) und Gitta Connemann (CDU).

"Hart aber fair": Diese Gäste waren am Montag dabei

  • Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann (CDU)
  • Journalistin Anja Kohl (ARD, "Wirtschaft vor Acht")
  • Unternehmerin Marie-Christine Ostermann
  • Linken-Vorsitzende Janine Wissler
  • Trambahnfahrerin und Betriebsrätin Julia Riemer
  • ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam (im Einzelgespräch)
  • Lieferando-Fahrer und Referent bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Fabian Schmitz (im Einzelgespräch)

Was eine Streik-Teilnehmerin sagt

Gut war zunächst, dass Julia Riemer erklärte, warum so viele Menschen ein deutliches Lohnplus fordern. "Wir brauchen Anerkennung", sagte sie unter Verweis auf die harten Arbeitsumstände mit Schichtdienst, kurzfristigen Einteilungen und höchster Konzentration im Straßenverkehr.

Doch wie wird das bislang entlohnt? Ein Berufseinsteiger erhalte in München ein Einstiegsgehalt von 2.680 Euro, berichtete Riemer. "Das reicht hinten und vorne nicht." Dabei müssten die Unternehmen ein großes Interesse haben, "anständig" zu zahlen, fand Riemer. Denn Mitarbeiter fehlten überall.

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    "Wir sind da, wir haben eine neue Macht"

    Das klang plausibel. Marie-Christine Ostermann war allerdings nicht überzeugt. "Solche Lohnforderungen müssen erstmal überhaupt erwirtschaftet werden", sagte die Unternehmerin. Dabei sei die Wirtschaft ohnehin noch gebeutelt von der Pandemie.

    Anja Kohl kritisierte zumindest die Vehemenz des Streiks. Dieser richte sich gegen die kritische Infrastruktur, bemerkte die ARD-Wirtschaftsjournalistin. "Das Signal ist: ‚Wir sind da, wir haben eine neue Macht.‘" Da die Inflation absehbar hoch und der Fachkräftemangel groß bleiben werde, müsse man damit rechnen, dass große Streiks künftig häufiger werden.

    Ein radikaler Vorschlag

    Eine radikale Forderung gegen eine solche Entwicklung formulierte Gitta Connemann von der CDU. Im Grunde wünschte sie sich eine Einschränkung des Streikrechts: Diese sollten im Fall der kritischen Infrastruktur künftig mit einem bestimmten Vorlauf angekündigt werden müssen. Außerdem sollten Notdienste sichergestellt werden. Auch müsse es ein verbindliches Schlichtungsverfahren geben, sagte die CDU-Politikerin.

    In der Runde fand diese weitreichende Einschränkung keinen Anklang. "Dafür hätten sie nicht mal in ihrer Partei eine Mehrheit", sagte Janine Wissler mit Blick auf Connemanns Hintergrund – sie spricht für den wirtschaftsnahen Teil der CDU.

    Tatsächlich klang die Forderung nach einem kaum umsetzbaren Projekt. Kurz zuvor hatte ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam noch erklärt, dass das Streikrecht durch die Verankerung im Grundgesetz sehr gut geschützt sei. Der Arbeitskampf müsse allerdings "verhältnismäßig" sein, was ein dehnbarer Begriff ist, den im Einzelfall Gerichte klären müssen.

    Zur Ausgabe von "Hart aber fair" in der ARD-Mediathek.