Berlin. Gesundheitsminister Jens Spahn gab sich bei Maischberger noch locker – obwohl Deutschland am „Beginn einer Corona-Epidemie“ stehe.

  • Bundesgesundheitsminister Spahn versuchte bei Sandra Maischberger, die Panik vor dem Coronavirus einzudämmen
  • Das Ministerium rät zu gründlichem Händewaschen und Desinfizieren sowie zu „präventivem Verhalten“
  • Im späteren Teil der Sendung argumentierte SPD-Politikerin Sawsan Chebli vehement dafür, dass Hass im Netz stärker von Behörden verfolgt werden müsse – auch um Terrorakte wie in Hanau zu verhindern

Bei Maischbergers Wochenrückblick waren dieses Mal gleich zwei bemerkenswerte Gäste aus der Politik geladen: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und die Berliner SPD-Staatssekretärin Sawsan Chebli. Letztere macht sich seit Jahren Gedanken um Rassismus in Deutschland – und wie man ihn bekämpfen kann.

Spahn aber ist am Mittwoch ein sprichwörtlicher Mann der Stunde: Seine Team-Kandidatur für den CDU-Vorsitz gemeinsam mit Armin Laschet schlägt ebenso hohe Wellen wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das in Deutschland geltende Verbot der geschäftsmäßigen Hilfe beim Suizid sei verfassungswidrig.

Spahn zur Coronavirus-Epedemie: Nicht jedes Husten ist ein Risiko

Zur gleichen Zeit steigt in Deutschland die Zahl der Coronavirus-Infektionen an, bestätigt waren am Mittwochabend Fälle in Bayern, Baden-Württemberg, NRW und Rheinland-Pfalz. Kurzum: Sowohl für Sendungsredaktion als auch für den Minister selbst kommt ein Interview in Maischbergers Talkshow gelegen. Zuletzt hatte Spahn vom „Beginn einer Corona-Epidemie“ in Deutschland gesprochen.

Trotzdem stellt er sich einer Panikmache entgegen: „Nicht jedes Husten oder Händeschütteln muss man gleich als Risiko nehmen“, sagt er zu Maischberger. Wichtig sei vor allem, dass sich jeder ordentlich die Hände wasche, diese desinfiziere und sich nicht so oft ins Gesicht fasse. Außerdem rät er dazu „präventiv unterwegs zu sein“ – also beim Kontakt mit Menschen aus Infektionsgebieten vorsichtig zu sein.

Coronavirus: Neue Infizierte in Nordrhein-Westfalen geben Rätsel auf

Letzteres hat sich vor allem in den närrischen Regionen Deutschlands in den vergangenen Tagen schwierig gestaltet – den Karneval wegen der Ausbreitung des Coronavirus’ absagen, das wäre Spahn zu weit gegangen. Nun gibt es neue Infizierte in Nordrhein-Westfalen, die im besonders Sorgen machen: „Wir haben in den letzten Stunden eine neue Qualität gesehen. Bisher konnte man alle Patienten mit dem Ursprung des Virus in China in Verbindung bringen. Das ist hier nicht so.“

Der Gesundheitsminister findet aber auch, dass man nicht sinnlos Maßnahmen durchführen sollte, die mehr Schein als Sein sind. Beispielsweise sei eine verpflichtende Fiebermessung an Flughäfen gar nicht zielführend, da viele Coronavirus-Infizierte erstmal symptomfrei unterwegs seien. In den kommenden Tagen und Wochen hofft Spahn, in Zusammenarbeit mit Experten, weiter zu informieren und nicht unnötig zu dramatisieren.

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Spahn zu Sterbehilfe-Urteil: „Da musste ich schlucken“

Dramatisch ist für ihn eher die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass das 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe gegen das Grundgesetz verstoße. Spahn gilt als einer der vehementesten Sterbehilfe-Kritiker und gibt zu, dass er bei der Verkündung des Urteils erstmal schlucken musste.

„Es gibt kein richtig oder falsch in dieser Frage“, windet er sich und erklärt weiter, dass Sterben kein Geschäft werden dürfe. Dafür müsse man nun Regeln finden. „Ich möchte hier keine Plakate haben, auf denen steht ‚Schöner sterben in Deutschland‘“, sagt Spahn. Die Möglichkeit der gesetzmäßig erlaubten Sterbehilfe dürfe in Zukunft nicht dazu führen, dass sich schwerkranke Menschen als Last sähen und unter Druck gesetzt fühlten.

SPD-Politikerin Sawsan Chebli zu Hanau: Aus Worten werden Taten

Während der CDU-Politiker also im Schatten von Coronavirus und Gerichtsurteil im „Team Laschet“ um die Spitze – und damit wohl auch um die politische Ausrichtung der CDU – kämpft, setzt sich Sawsan Chebli kontinuierlich gegen Hass und Hetze, vor allem im Internet, ein.

Die SPD-Politikerin es im Angesicht des Terrorakts von Hanau besonders wichtig ist gegen Hass im Netz gesetzlich vorzugehen: „Aus Worten werden Taten, wie wir gesehen haben. Deshalb können wir nicht erlauben, dass das Internet ein rechtsfreier Raum ist“, sagt Chebli. Von der exorbitanten Summe an Hassbotschaften, die sie zur Anzeige bringe, könnten nur die wenigsten verfolgt werden, da die Täter nicht einfach auffindbar seien.

Chebli über Rassismus: Morddrohungen machen mir nicht mal am meisten Angst

Das muss sich in einem wehrhaften Rechtsstaat ändern, findet die Staatssekretärin: „Diesen Menschen, die Hass und Hetze streuen, wird das Gefühl gegeben, sie können machen, was sie wollen und werden dafür nicht zur Rechenschaft gezogen.“ Chebli schließt sich in der Sendung auch SPD-Parteichefin Saskia Esken an, die aktuell eine allgemeine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz fordert.

Chebli erstattet zu Hochzeiten laut eigener Aussage wöchentlich bis zu 30 Anzeigen wegen Hass-Kommentaren und -Mail. Die Hetze im Netz sieht sie aber als das kleinere Problem: „Mir machen die Morddrohungen gegen mich weniger Angst, als Menschen die schweigen, wenn Rassismus in ihrem Umfeld stattfindet“, sagt die Staatssekretärin. Hier müsse die Zivilgesellschaft zum Aufstehen motiviert werden.