Berlin. Bei Lanz gibt ein Ministerpräsident zu, dass manche Regeln der Corona-Krise ungerecht sind. Und ein Arzt zeigt sich hoffnungsvoll.

Wenn die Corona-Krise auf den Föderalismus trifft, kommt manchmal etwas dabei heraus, was nicht auf den ersten Blick einleuchtet. Warum zum Beispiel dürfen Baumärkte öffnen, Blumen und Fahrräder verkaufen, Fachgeschäfte wie Blumen- und Fahrradläden müssen aber in manchen Bundesländern geschlossen bleiben? Bei „Markus Lanz“ versucht Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil die Situation zu erklären und ein wenig die Wogen zu glätten.

Bis zum vergangenen Wochenende blieben die Baumärkte in dem von ihm regierten Bundesland geschlossen. Es setzte ein regelrechter „Baumarkt-Terrorismus“ ein, viele Bürger fuhren nach Bremen oder in andere Nachbarbundesländer, wo Hobbygärtner und Heimverschönerer noch einkaufen konnten.

Das sei nun ein triftiger Grund gewesen, um die niedersächsischen Baumärkte wieder zu öffnen, so Weil: „Wenn ganz viele Leute sich ins Auto setzen, um woanders das zu erledigen, was sie sonst in ihrer Nähe besorgen würden, dadurch wir es nicht besser.“

Markus Lanz – das waren die Gäste:

  • Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen (SPD)
  • Frank Thelen, Unternehmer
  • Corinna Milborn, Journalistin
  • Dr. Martin Ehlers, Lungenfacharzt
  • Gerd Antes, Mathematiker

Stephan Weil räumt bei „Markus Lanz“ Unfairness bei Corona-Regeln ein

Die Menschenmassen würden sich dann ja nur an anderen Orten konzentrieren und nicht generell ausbleiben. Zudem hätten Supermärkte ihr Gartensortiment teilweise so aufgestockt, dass der Andrang sich nur verlagert hätte. „Unterm Strich ist das die bessere Lösung“, meint der SPD-Politiker. Das erste Wochenende sei soweit auch gut gelaufen.

Doch was ist mit der Ausweitung des Sortiments, will Markus Lanz wissen. Viele Super- und Baumärkte machten den meist kleineren Betrieben, die aktuell nicht öffnen dürfen, nun noch mehr Konkurrenz. „Das ist tatsächlich ein Ärgernis, auch für mich persönlich“, sagt Weil. „Ich muss aber offen zugeben, dass wir in einer Situation sind, in der wir nicht alle Ungerechtigkeiten werden vermeiden können.“

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Er hoffe deshalb, dass die Zeit der Zwangsschließungen möglichst schnell vorübergeht und appelliert an die übrigen Ladenbetreiber, sich im Sinne des Gemeinwohls zurückzuhalten. Eine perfekte Lösung, um Marktfairness in der aktuellen Situation zu garantieren, könne er nicht erkennen, sagt Weil.

Biostatistiker bei Lanz: Die Zahl der Infizierten ist gar nicht bekannt

In der kommenden Woche beraten Bund und Länder wieder, inwiefern die Einschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus aufrechterhalten werden müssen. „Ich würde mich am meisten freuen, wenn wir nach einer entsprechenden Zeit und auch auf Grundlage der Zahlen entscheiden könnten, die Regelungen wieder zu lockern“, so der niedersächsische Ministerpräsident Weil. Dafür müsste man aber so sorgfältig, faktenbasiert und problembewusst wie möglich beraten.

„Wir wissen auch, dass Zahlen relativ sind“, meint Weil in Bezug auf die wahrscheinlich enorm hohe Dunkelziffer Corona-Infizierter. Das sieht der Biometriker Gerd Antes genauso: „Es macht mich immer ein bisschen nervös, wenn ich jeden Morgen diese Zahlen sehe. Denn es ist völlig unbestritten, dass das nicht die Infektionszahlen sind, sondern die Anzahl der positiven Tests.“

Mediziner zur Corona-Statistik: Fantastische Zahlen für Deutschland

Der Medizinstatistiker sagt bei Lanz, diese Unsicherheit und Grauzone werde viel zu wenig thematisiert. Der Lungenarzt Martin Ehlers widerspricht: Es sei erstmal gar nicht so wichtig, die Dunkelziffer bestimmen zu können. „Uns Mediziner interessiert doch nur die Zahl Menschen in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen“, so Ehlers. Lesen Sie alle wichtigen Informationen zu Fallzahlen und politischen Maßnahmen in unserem Coronavirus-Newsblog.

Einzig wichtig sei, ob für genug Betten für die Versorgung der schweren Corona-Fälle garantiert werden könne. Sowohl die Zahl der bestätigten Fälle als auch die vergleichsweise niedrige Sterberate machen ihm Hoffnung: „Ich finde die Zahlen fantastisch – weil sie zeigen, dass wir bisher einen super Job machen“, meint der Mediziner. Das harte Vorgehen der Bundesregierung habe sich schon ausgezahlt.

Hier finden Sie die „Markus Lanz“-Sendung in der Mediathek.

So waren die vergangenen „Markus Lanz“-Sendungen: