Berlin. Sind queere Fans bei der Katar-WM willkommen? ZDF-Journalist Breyer sieht das bei “Lanz“ kritisch – und kritisiert vor allem die Fifa.

"Und wirste die WM jetzt eigentlich schauen oder nicht?" Mit dieser Frage endet die am Dienstagabend ausgestrahlte ZDF-Dokumentation "Geheimsache Katar" von Julia Friedrichs und Jochen Breyer über die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Das Emirat gilt als einer der umstrittensten Gastgeber in der WM-Geschichte. Ihm werden unter anderem Verstöße gegen Menschenrechte, schlechter Umgang mit den Bauarbeiterinnen und Bauarbeitern der Stadien und mangelnde Frauenrechte vorgeworfen. Um die Kritik abzuschwächen, bemühte sich der Wüstenstaat ein anderes Bild zu vermitteln. Auch Fans aus der LGBTQ-Szene seien willkommen, hieß es offiziell.

Doch diese Einladung wirkt nach einem Ausschnitt, in dem der katarische WM-Botschafter und frühere Fußballnationalspieler Khalid Salman Homosexualität als "geistigen Schaden" bezeichnet, nicht mehr besonders ehrlich. Jochen Breyer nimmt an diesem Abend auch bei Markus Lanz Platz, um seine Eindrücke aus Katar zu schildern.

"Markus Lanz": Das waren die Gäste

  • Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Politikerin
  • Jochen Breyer, ZDF-Sportexperte
  • Sylvia Schenk, Ex-Spitzenleichtathletin
  • Mark Schieritz, Journalist

Dafür findet der Journalist, der die Fußball-Weltmeisterschaft für das ZDF kommentieren wird, deutliche Worte. Katar sei "eine Fassadengesellschaft". Für ausländische Journalist sei es deshalb sehr schwierig, das echte Katar kennenzulernen. So seien er und sein Team während der gesamten Dreharbeiten in Katar immer von einem Mitglied des WM-Organisationskomitees begleitet worden.

Trotzdem konnte er während seiner Zeit in Katar auch einige Klischees entkräften. "Die Katarer sind nicht nur Fans von Falkenjagd und Kamelrennen", erzählt er bei Lanz. Die Fußballbegeisterung vor Ort sei enorm. Sehe man es von dieser Warte, sei eine Weltmeisterschaft in Katar durchaus vertretbar.

"Lanz": WM in Katar steht in der Kritik

Es ist vor allem die Doppelmoral der Fifa, die Breyer bei Lanz anprangert. "Schwule, lesbische, queere Fans können dort nicht hinreisen und von sich sagen, dass sie bei Freunden zu Gast sind, dass sie dort willkommen sind. Dabei schreibt sich die Fifa diese Werte immer auf die Fahnen: Vielfalt, Toleranz, Fairplay. Und vergibt die WM dann an ein Land, in dem diese Werte nichts zählen."

Die Sportexpertin von "Transparency Int. Deutschland" und Ex-Spitzenleichtathletin Sylvia Schenk findet es trotzdem durchaus positiv, dass Breyer und sein Team die Aussage von Khalid Salman "im Kasten haben, weil man damit auch etwas machen kann und zwar nach vorne". Sie ist davon überzeugt, dass die umstrittene WM-Vergabe auch positive Entwicklungen angestoßen habe: "Es gibt auch unter den Katarer eine queere Community, die tagtäglich diskriminiert und vom Strafgesetz bedroht wird."

Sie sieht die Weltmeisterschaft als einen wichtigen Bestandteil, um "Katar und die gesamte Golfregion etwas voranzubringen" und die Lebensrealität der Menschen vor Ort auch über das Turnier hinaus zu verbessern.

WM in Katar: Markus Lanz betont Doppelmoral

Ein Punkt, den die anderen Gäste eher kritisch sehen. "Ich bin sehr skeptisch, welchen Einfluss Sportereignisse auf die Entwicklung und die Geschichte von Ländern haben", wirft Zeit-Journalist Mark Schieritz ein. Und tatsächlich zeigt ein Blick in die Vergangenheit eher eine negative Tendenz. So sei kurz nach den Olympischen Winterspiele 2014 in Sotchi, die Krim durch Russland annektiert worden.

"Nur, weil die Welt hinschaut, müssen die Verhältnisse vor Ort nicht besser werden", meint der Journalist. Auch FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist davon überzeugt, dass keine Spiele dieser Welt ein System in irgendeiner Form ändern könnten.

Mehrfach verweist Markus Lanz auch auf die Doppelmoral und den eurozentristischen Blick der Diskussion: Sei es nicht heuchlerisch, fragt der Moderator, Katar zu verurteilen und dennoch Geschäfte mit Ländern und Firmen abzuschließen, denen Menschenrechte nichts bedeuten? "Wir müssen aufhören, immer nur mit dem Finger auf Katar zu zeigen", pflichtet Breyer Lanz bei. "Stattdessen sollten wir vielmehr auf diejenigen schauen, die davon profitiert haben."

"Markus Lanz" – So liefen die vergangenen Sendungen

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.