Berlin. Bei „Maybrit Illner“ ging es um das mangelnde Problembewusstsein vieler Menschen. Zur Situation der Pflegekräfte gab es wenig zu hören.

Die Ansagen sind klar: Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, müssen sich alle zurücknehmen. Doch die Bilder mancher Innenstädte zeigen prallvolle Cafés. „Gewinnen wir den Kampf gegen das Virus?“, fragte Maybrit Illner deshalb im bedrohlichen Stil am Donnerstagabend ihre Gäste.

Diese zeigten sich zwar optimistisch, doch Mahnungen scheinen weiter angebracht. Hinzu zog sich eine Frage durch die Sendung, die Grundsätzliches aufwirft – aber mehr als leere Phrasen desjenigen, der darauf Einfluss nehmen kann, nicht hervorbrachte.

„Maybrit Illner“: Warme Worte für Pflegekräfte - mehr nicht

„Maybrit Illner“ – das waren die Gäste am Donnerstagabend:

  • Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales
  • Dr. Susanne Johna, Pandemie-Beauftragte der Bundesärztekammer
  • Prof. Christian Drosten, Virologie an der Charité Berlin
  • Kristin Shi-Kupfer, Sinologin und Politikwissenschaftlerin
  • Eckart von Hirschhausen, Arzt und Moderator

Die ständigen Danksagungen an Pflegekräfte sind gegenwärtig sicher nicht falsch. Schließlich befinden sich Pflegekräfte, Ärzte und das weitere Krankenhauspersonal schon jetzt an der Belastungsgrenze. Und die Anerkennung dieser Leistungen gab es auch bei „Maybrit Illner“ zuhauf, besonders von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil.

Schon vor der Krise mangelte es an vielen Dingen

Doch waren die Arbeitsbedingungen vor dem Ausbruch der Krise anders? Eckart von Hirschhausen hatte eine klare Meinung dazu: „Wir haben schon vorher an allen Ecken und Enden gespart“, beklagte er. Das betrifft Material genauso wie Personal: An beidem mangelte es auch schon vorher, nun rächt es sich.

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„Daseinsvorsorge ist etwas anderes als Gewinnoptimierung“, mahnte von Hirschhausen deshalb. Nun hätte Maybrit Illner diesen Vorwurf direkt an den einzigen Politiker in der Sendung weiterleiten können, der praktischerweise auch noch Bundesminister für Arbeit und Soziales ist. Ob die Privatisierung im Gesundheitsbereich rückgängig gemacht werden müsse, hätte sie fragen können. Sie tat es nicht.

Auch zum Ende der Sendung, als die Ärztin Susanne Johna noch einmal in Erinnerung rief, dass vor wenigen Monaten Politiker noch über Krankenhausschließungen diskutierten, warf die Frage nach Sinn und Unsinn der Ökonomisierung des Gesundheitswesens nochmal auf. Doch auch hier räumte Maybrit Illner dem Thema keine Zeit mehr ein. Schade.

„Corona-Partys“ als großes Thema der Sendung

Stattdessen lag der Fokus der Sendung auf dem mangelnden Problembewusstsein mancher Mitbürger. „Es kann nicht sein, dass Leute jetzt noch Corona-Partys feiern“, beklagte Hubertus Heil. Jeder sei jetzt gefordert, die geforderten Maßnahmen umzusetzen.

Spring Break - Party trotz Corona

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    Denn spätestens seit der Ansprache von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch ist klar: Wenn sich nicht alle an der Vermeidung sozialer Kontakte halten, kommen Ausgangssperren. Ei

    Sind wir also gerade nur noch „auf Bewährung draußen“, wie es Maybrit Illner formulierte? Die beiden geladen Experten Susanne Johna und Christian Drosten, der mittlerweile zur einer Art Volksaufklärer in Sachen Corona avanciert, ließen die Frage zumindest unwidersprochen stehen. Und am Freitag verschärften einige Bundesländer die Bestimmungen.

    Viele Krankenhäuser sind auf Ansturm nicht vorbereitet

    Zugleich zeigte sich aber auch: Nicht nur Teile der Bevölkerung scheinen den Ernst der Lage noch nicht erkannt zu haben. Auch manche Krankenhausleitung gehört dazu: „Einige Krankenhäuser haben unseren Appell zur Vorbereitung bislang nicht ernst genommen“, beklagte Ärztekammer-Sprecherin Susanne Johna. Statt sich auf große Massen von Infizierten vorzubereiten, würden in manchen Krankenhäusern noch immer verschiebbare Operationen durchgeführt werden.

    Nun gibt es über das mangelnde Problembewusstsein natürlich wenig zu debattieren. Und so kam es erwartungsgemäß auch zu keinerlei Diskussion zwischen den Gästen im Laufe der Sendung. Jeder setzte den Punkt, der ihm oder ihr im Moment am wichtigsten erscheint – das war‘s.

    Das kann vielleicht auf manche etwas beruhigend wirken angesichts stürmischer Zeiten. Der Idee des Talks – über gegensätzliche Positionen zu diskutierten – kam „Maybrit Illner“ am Donnerstag damit allerdings nicht nach.