Berlin. Sebastian Koch spricht über seine neue Rolle als Unterweltkönig in „Schatten der Mörder“, anstrengende Hollywoodstars und Tom Hanks.

Berlin kurz nach dem Zweiten Weltkrieg: Die Stadt ist in vier Besatzungszonen eingeteilt, die Menschen hungern und der Schwarzmarkt blüht. Die zerstörte Metropole ist der Schauplatz der packenden Thrillerserie „Schatten der Mörder“, die das ZDF ab dem 30. Oktober zeigt (20.15 Uhr im TV, ab 10 Uhr in der Mediathek). Sebastian Koch spielt den Arzt und Unterweltkönig Hermann Gladow, der Frauen mit illegalen Abtreibungen hilft.

Herr Koch, Ihre Fernsehkarriere begann in den achtziger Jahren. Können Sie sich noch erinnern?

Sebastian Koch: Klar, eine meiner ersten Arbeiten fürs Fernsehen habe ich Mitte der Achtziger mit dem wunderbaren Regisseur Reinhard Schwabenitzky gemacht, das war eine sechsteilige Serie mit dem Titel „Reschkes großer Dreh“. Kurz darauf habe ich unter seiner Regie auch einen „Tatort“ für den Bayerischen Rundfunk gedreht – das waren so meine ersten Film-Erfahrungen.

Wäre „Tatort“-Kommissar für Sie eine Option?

Koch: Nein, wirklich nicht, das Land braucht nicht noch einen Kommissar. So gut wie jedes Bundesland hat ja mittlerweile einen eigenen oder sogar mehrere, und da müsste man ja für neue Kommissare Bundesländer dazuerfinden. Das sollte man dem Staat nicht antun (lacht).

Seit einigen Jahren geht es mit Ihrer Karriere steil bergauf, mittlerweile sind Sie fast nur noch in internationalen Kinoproduktionen zu sehen. Ist Ihnen das deutsche Fernsehen zu klein geworden?

Koch: Das würde ich nicht sagen, wenn die richtigen Angebote kommen und die Drehbücher gut sind, bin ich dabei. Und genau das ist jetzt der Fall. Im November werde ich eine sechsteilige Serie für die ARD und den österreichischen ORF drehen. Außerdem habe ich ja auch die Eventserie „Schatten der Mörder“ gemacht, die jetzt im ZDF läuft.

Die Serie spielt 1946 in Berlin und ist ähnlich aufwendig wie „Babylon Berlin“, oder?

Koch: Ich habe von „Babylon Berlin“ zwar nur ein paar Folgen gesehen, aber das kann man glaube ich so sagen. Auch „Schatten der Mörder“ wurde sehr aufwendig gedreht. Ich war von dem Rollenangebot gleich begeistert, weil die Geschichte in der unmittelbaren Nachkriegszeit in dem von den vier Siegermächten besetzten Berlin spielt, wo damals das totale Chaos herrschte – kein Gesetz, keine Polizei, es gab wenig zu essen und alle mussten ums Überleben kämpfen: Was ein Nährboden für eine tolle Geschichte.

Sebastian Koch als Unterweltboss Herrmann Gladow, der das Chaos im Nachkriegs-Berlin eiskalt ausnutzt.
Sebastian Koch als Unterweltboss Herrmann Gladow, der das Chaos im Nachkriegs-Berlin eiskalt ausnutzt. © ZDF und Stanislav Honzik | Stanislav Honzik

Sie spielen einen Gangsterboss namens Gladow. Hat der was mit dem berüchtigten Chef der Gladow-Bande zu tun, die es in dieser Zeit ja tatsächlich in Berlin gab?

Koch: Genau, der historische Gladow ist die Grundlage für meine Figur im Film. Der echte Gladow hat uns dabei aber nicht so wahnsinnig interessiert, meine Rolle ist nur sehr lose angelehnt – eine sehr sehr freie Interpretation, wenn Sie so wollen.

Macht es Spaß, solche Typen zu spielen?

Koch: Ja, er ist eine spannende, schillernde Figur. Der hat Spaß an seinen Machtspielchen, und das ist so perfide, was er da macht. Er betätigt sich ja als Abtreibungsarzt, und diese Leute waren im Berlin der Nachkriegszeit extrem gefragt. Es gab ja allein 1946 in Berlin hunderttausend registrierte Vergewaltigungen, das muss man sich mal vorstellen. Da Abtreibung verboten war, mussten Frauen, die abtreiben wollten, zu halbseidenen Medizinern wie dem von mir gespielten Gladow – und der nutzt das für seine kriminellen Zwecke skrupellos aus.

Ist der Mann durch und durch böse oder hat er auch einen guten Kern?

Koch: Den hat er wie jeder andere auch. Dass die Menschen einen guten Kern haben, daran glaube ich ganz fest – was sie dann daraus machen, steht auf einem anderen Blatt.

Michael C. Hall, der mit der Serie „Dexter“ weltberühmt wurde, spielt auch mit, und Sie haben auch schon Filme mit Tom Hanks und Bruce Willis gedreht. Ticken Hollywood-Stars anders?

Koch: Da gibt es solche und solche, das ist in Hollywood nicht anders als in Deutschland. Tom Hanks zum Beispiel, mit dem ich unter der Regie von Steven Spielberg den Agentenfilm „Bridge of Spies“ gedreht habe, ist ein bezaubernder, ganz wunderbarer Mensch, und es ist sehr angenehm mit ihm zu arbeiten. Da war der Actionfilm mit Bruce Willis aus der „Stirb langsam“-Reihe schon anstrengender (lacht).

• Ab Freitag, 30. Oktober, ZDF: „Schatten der Mörder – Shadowplay“ (20.15 Uhr im TV, ab 10 Uhr in der Mediathek)

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