Ernstroda. Der stressfreie Umgang mit den Rindern steht nun im Mittelpunkt. Die TZG Ernstroda GmbH hat in dieser Woche die Mitarbeiter geschult. Dabei sollen nicht nur Nerven, sondern auch Zeit gespart werden.

Die Hände hat sie hinter dem Rücken verschränkt, ihr Blick ist nach unten gerichtet. Fast lautlos geht Angelika Hütter durch die Herde Kühe. Nur das Stroh raschelt unter den Schritten der Abteilungsleiterin für Tierproduktion beim Landwirtschaftsbetrieb TZG Ernstroda GmbH. Hütter versucht, einzig mit Körpersprache die Rinder zu lenken. Das Unternehmen hat vor dem ersten Weideauftrieb in dieser Woche die Mitarbeiter geschult, stressfrei mit den Tieren umzugehen – und dabei nicht nur Nerven, sondern auch Zeit zu sparen.

Angelika Hütter wendet dabei die Methoden an, die sie wie auch 13 andere Teilnehmer von „Kuhflüsterer“ Philipp Wenz zwei Tage lang gezeigt bekommen hat. Dazu gehörte auch, die Tiere unter beengten Bedingungen von einem Stallabteil ins nächste zu treiben. Immer wieder gibt es im Alltag Situationen, in denen die einzelnen Tiere oder die gesamte Herde in bestimmte Richtungen gelenkt werden müssen, etwa beim Weideauf- und -abtrieb oder zu tierärztlichen Behandlungen.

Stressarmes Treiben in der TZG Ernstroda, Angelika Hütter übt mit den Tieren Foto: Franziska Gräfenhan
Stressarmes Treiben in der TZG Ernstroda, Angelika Hütter übt mit den Tieren Foto: Franziska Gräfenhan © zgt

„Es ist für Mensch und Tier schön, wenn es dabei ruhig und zügig vorangeht“, meint Hütter, die mit vier Kollegen zum Teil Strecken von bis zu zehn Kilometern mit 200 Rindern zurücklegen muss. „Das Überqueren von Straßenkreuzungen ist dabei eine besondere Herausforderung“, sagt sie. Die neuen Methoden von Wenz versprechen in diesen Situationen Hilfe, müssen aber auch mit den Tieren trainiert werden.

„Oft sind es nur Kleinigkeiten, die aber den entscheidenden Unterschied machen“, meint Hütter und gibt etwa das Beispiel, sich selbst immer dahin zu bewegen, wo auch das Tier hingetrieben werden soll. „In der Ruhe liegt die Kraft“, ist auch Andreas Umbreit überzeugt. Der TZG-Geschäftsführer beobachtet die Schulung, bei der jeder einzelne Teilnehmer sich praktisch ausprobieren darf. Umbreit erinnert sich noch gut an die vergangenen Zeiten, als die Landwirte beim Auf- und Abtrieb noch auf Stöcke zurückgriffen mit denen sie auf die Stallgeländer schlugen und so heftigen Lärm erzeugten, um die Tiere in Bewegung zu setzen.

Vorgehensweisen wie diese gelten in den Kursen von Wenz als abschreckende Beispiele, da der Lärm und die Aufregung nicht nur für die Tiere, sondern auch für die Menschen puren Stress bedeuten. Dieser endet schlimmsten Falls sogar mit der Flucht nach vorn, was bei einer Rinderherde durchaus mit Gefahren für Leib und Leben verbunden sein kann.

„Man muss mit den Tieren arbeiten, nicht gegen sie“, meint Umbreit, der zusammen mit der zweiten Geschäftsführerin Simone Hartmann die Schulung organisiert hat. Ein wesentlicher Aspekt sei dabei, die einzelnen Tiere genau zu beobachten und auf deren spezifischen Charakter einzugehen. „Jedes Tier hat einen eigenen Bewegungsradius, ein eigenes Temperament, eine eigene Nähe-Distanz-Zone“, sagt Umbreit weiter. Ein sensibler Umgang, der auf diese Eigenheiten eingeht, sei ihm zufolge der beste Weg, ohne viel Aufwand das Tier zum gewünschten Verhalten zu bewegen. Je nachdem, ob das Rind „büffelig“ ist und man es überreden muss, oder aber nervös und man es bremsen muss.

Doch der stressfreie Umgang will gelernt sein. Damit die Tiere wissen, was genau die TZG-Mitarbeiter von ihnen möchten, müssen die Kühe zuerst an die sensible Kommunikation gewöhnt werden. Dazu sollen die Methoden des „Kuhflüsterers“ bei der TZG nun im Alltag geübt werden.

Angelika Hütter macht es mit ihrer Kollegin Gabi Hofmann mit der Mutterkuhherde der Rasse Fleckvieh vor. Langsam und ruhig bewegen sich die beiden Frauen auf die liegenden Tiere zu, die sie neugierig beobachten. Immer näher wagen sich Hütter und Hofmann an die Kühe heran, bis diese sich langsam erheben und fast wie von sich aus in Richtung Weide ausweichen. Binnen kurzer Zeit haben die Landwirtinnen ihr Ziel erreicht und die Herde steht auf der Fläche. Nur ein einzelner Jungbulle stellt sich noch etwas bockig an, aber Übung macht ja bekanntlich den Meister.