Hamburg. Der Ernährungsmediziner und Diabetologe Dr. Matthias Riedl erklärt im Funke-Podcast, warum selber kochen jetzt nötiger denn je ist.

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Dr. Matthias Riedl ist ein erklärter Gegner von Fertigprodukten. Im Podcast „Dr. Matthias Riedl. So geht gesunde Ernährung“, erklärt er, was man in Zeiten knapper Kassen essen soll, damit es bezahlbar bleibt und trotzdem gesund ist. Der Ernährungsmediziner plädiert für das Selberkochen. „Fertigprodukte sind meistens teuer und ungesund. Die kann man pauschal schon mal abwerten.“

In den Vorratsschrank eines preisbewussten Haushaltes gehören seinen Angaben zufolge eine Reihe bestimmter Trockenlebensmittel – idealerweise in Großpackungen, weil sie dann billiger sind. „Dazu zählen Haferflocken, wohlgemerkt kein fertig gemachtes Müsli – die reinen Haferflocken stehen meistens unten im Regal als Bückware. Außerdem Bulgur, Couscous, Hülsenfrüchte wie Bohnen oder Erbsen, Reis, außerdem Grieß und Knäckebrot – das ist ja auch für Notzeiten lagerbar.“

Ernährungsmediziner: Konserven sind völlig in Ordnung

Außerdem solle sich jeder einen Vorrat an Konserven anlegen. „Wenn ich jetzt vorher die Fertigprodukte gebasht habe, dann muss ich jetzt eine Lanze brechen für Konserven – etwa Kidneybohnen oder weiße Bohnen, außerdem Mais, Tomaten.“ In diesen Konserven sei anders als in Fertigprodukten nur das Produkt enthalten, aber keine Zusatzstoffe: „Es ist einfach nur konserviert, haltbar gemacht. Das ist völlig in Ordnung.“

Das gleiche gelte auch für Tiefkühlgemüse wie Blattspinat, Möhren, Blumenkohl oder Bohnen. Sobald die Nahrungsmittelindustrie aber Aromen, Zusatzstoffe, Zucker und Salz dazu packe, seien es Fertigprodukte. Daher lieber selbst kochen, rät der ärztliche Direktor des Medicum Hamburg, Europas größtem Fachzentrum für Diabetologie, Ernährungsmedizin und angrenzende Fachgebiete: „Das können wir besser selber machen.“

Riedl rät zu regionalen Produkten – und Nüssen

Auch Milchprodukte seien in der Regel gut haltbar, sagt der Autor von mehr als 30 Bestsellern zum Thema Gesundheit und Ernährung. Quark beispielsweise gehöre zu den gesunden Lebensmitteln. Zur Grundausstattung an frischen Lebensmitteln gehören aber auch beispielsweise Kartoffeln, Äpfel, Zwiebeln und Möhren.

Riedl rät zu regionalen Produkten. „Das, was gerade geerntet wird, was regional ist, das kriegen wir auch billiger. Das sollten wir nutzen“, sagt Riedl. Nur bei Nüssen gebe es nur wenig regionale Erzeuger. „Nüsse sind eigentlich das Superfood überhaupt.“ Die Studienlage sei ganz klar: „Man isst gesünder, wenn man regelmäßig Nüsse isst, hat weniger Herzinfarktrisiko, wiegt weniger und hat bessere Blutfettwerte.“

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Viele dächten, dass Nüsse dick machen, doch dem sei nicht so: „Es ist häufig so: Die Nüsse verdrängen andere Lebensmittel. Wer also Nüsse knackt statt einen Schokoriegel, ist schlanker.“ Allerdings seien Nüsse leider nicht preiswert. Die Top 3 der gesündesten Nüsse sind laut Riedl Mandeln, Walnüsse und Pistazien. „Aber am gesündesten ist immer die Nuss, die man auch wirklich isst. Die in den Studien nachgewiesene Menge liegt so ungefähr bei einer Handvoll, also bummelig 30 Gramm pro Tag.“

Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl will das Wissen über gesundes Essen unter die Menschen bringen.
Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl will das Wissen über gesundes Essen unter die Menschen bringen. © Andreas Sibler

Unbehandelte Nüsse seien besser als beispielsweise geröstete und gesalzene. „Salz ist für unsere Knochen nicht gut. Salz kann den Blutdruck steigern und ist für unsere Darmflora nicht so gut.“ Einfach mal ausprobieren und wiederholt essen, rät der Ernährungsmediziner, Internist und Diabetologe: „Menschen gewöhnen sich über den Mere-Exposure-Effekt, also die wiederholte Exposition gegenüber einem Lebensmittel, an bestimmte Lebensmittel und Ernährungsweisen. Wenn man etwas 20, 30 Mal gegessen hat, gehört es plötzlich zum Repertoire.“ Das rate er auch Fleischliebhabern, sagt Riedl, bekannt von den NRD-Ernährungs-Docs. Man könne ausprobieren, auch von mehr Gemüse satt zu werden.

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Ernährungsexperte: Der Mensch braucht kein Fleisch

Aus dem Sonntagsbraten von früher sei jetzt Konsum im Überfluss geworden. „Ein hoher Fleischkonsum macht krank und macht Zivilisationskrankheiten, macht Übergewicht, macht Diabetes, fördert Herzinfarkte." Der Mensch brauche auch kein Fleisch: „Wir könnten tatsächlich ohne Fleisch leben. Wir können aber nicht ohne tierische Produkte leben. Das ist ein feiner Unterschied“, sagt Riedl.

Der Fleischkonsum mache schon ein Drittel der Treibhausgas-Produktion aus, sagt der Ernährungsmediziner. „Ein Drittel der Landfläche sind mit Anbauflächen belegt. Das ist viel zu viel. Wir haben deshalb auch ein enormes Insektensterben. Und ohne Insekten können wir gar nicht überleben. Und zwei Drittel des Frischwassers geht schon für die Lebensmittelproduktion drauf. „Sonntagsbraten jeden Tag, das geht nicht, das gibt die Natur nicht her und wir essen uns damit krank.“ Mehr als 150 bis 200 Gramm in der Woche seien ausreichend.

Man müsse den Nahrungsmittel-Regler neu einstellen, sagt der Experte: „Also Fleischkonsum runter, Hülsenfrüchte, Gemüse hoch, Nüsse auch hoch, pflanzliche Öle hoch, also Olivenöl, Rapsöl, Milchprodukte in der Mitte justieren.“ Joghurt sei „geadelte Milch“ und noch gesünder als Milch, und gut für die Darmflora. Nur wer Autoimmunerkrankungen habe wie Rheuma, sollte sie lieber weglassen, rät Riedl.

Die Umstellung können man jederzeit beginnen: „Wir sind zwar relativ eng gefahren in unseren Gewohnheiten, aber es gibt Abfahrten und die muss man nutzen.“

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Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.