Berlin. Mit „Fifa 23“ endet die Ära der „Fifa“-Titel. Bekommen Fans des beliebten Fußball-Games diesmal mehr Neuerungen als sonst? Der Test.

Es ist wieder Anpfiff: Seit Freitag (30. September) liegt mit „Fifa 23“ der neueste Teil der weltweit populärsten Fußballsimulation für Konsolen und PC in den Regalen und in den Online-Shops zum Kauf bereit. Das Besondere: Zum letzten Mal wird das Videospiel unter der inzwischen legendären „Fifa“-Lizenz zu haben sein. Ab kommendem Jahr soll stattdessen „EA Sports FC“ auf den Packungen stehen. Der Spielehersteller EA Sports hat die seit 1993 währende Partnerschaft mit dem Weltfußballverband beendet. Es geht – wer hätte es gedacht – ums Geld.

Eigentlich Grund genug also für die Entwickler, dem offiziell letzten Teil der „Fifa“-Reihe ein Feuerwerk an Neuerungen zu spendieren, Fans der Serie im Vergleich zum Vorgänger endlich spürbare Abwechslung zu bieten – und nicht zuletzt häufiger einen halbgaren Aufguss, der abseits von neuen Kadern und Trikots nur wenig Erfrischendes zum vollen Preis auf den virtuellen Rase schickt. Nach einigen Tagen mit der Testversion von Fifa 23 auf der Playstation 5 verraten wir, was Fans und Neulinge beim Spielerlebnis erwarten können, welche wirklichen Neuerungen Käufer erhalten und warum Besitzer mancher Konsolen wiederholt nicht den vollen Spielgenuss bekommen.

„Fifa 23“ Stärken:

  • Optik: Grafik und Animationen auf höchstem Niveau
  • Sinnvolle Verbesserungen wie Powerschüsse, Standards und Sprints
  • Größtes Lizenzpaket mit Original-Kadern -Stadien und Wettbewerben
  • Kleinfeldmodus „Volta“
  • Gelungene Balance mit 6 Schwierigkeitsgraden und Einsteiger-Hilfen
  • Online-Duelle auf verschiedenen Plattformen
  • Toller Soundtrack

„Fifa 23“ Schwächen:

  • Spielerlebnis auf älteren Konsolen eingeschränkt
  • Karrieremodus vernachlässigt, Story-Modus gestrichen
  • FUT-Modus benachteiligt Spieler ohne Echtgeld-Käufen
  • WM-Turniere werden erst nachgereicht

Fifa 23 im Test: Neuerungen beim Spielerlebnis

Die allermeisten Spieler und Spielerinnen kicken erfahrungsgemäß seit einigen oder gar etlichen Jahren mit der Fifa-Reihe am Bildschirm. Für sie ist die spannendste Frage: Was hat sich bei Gameplay und Grafik getan? Auf der Playstation 5, die beim Test zum Einsatz kam, erleben Käufer wie auch auf den aktuellen Xbox-Series-Konsolen das volle Spielerlebnis – und das kann sich erneut sehen lassen:

Die grafische Präsentation ist erneut auf höchstem Niveau. Kein anderes Spiel kommt der echten TV-Übertragung so nah. Spielerbewegungen, Passkombinationen, Zweikämpfe, Schüsse und kreative Torjubel: Mit Fifa 23 erleben Fans auch in diesem Jahr die ausgereifteste und realistischste Fußballsimulation. Das Spieltempo ist gefühlt einen Tick gemächlicher, Spielzüge müssen gut vorausgedacht sein, Zweikämpfe kommen noch natürlicher rüber.

Die Spielerbewegungen will EA Sports nochmals verbessert haben mithilfe der sogenannten „HyperMotion2“-Technologie. Heißt: Der Hersteller hat erneut echte Teams gegeneinander kicken lassen und mittels Sensoren an den echten Körpern die Bewegungen in die Software des Spiels übertragen. Künstliche Intelligenz soll daraus „mehr als 6000 authentische Animationen“ erstellt haben, heißt es. Außerdem sollen Dribblings der virtuellen Profis noch ausgefeilter aussehen und die „AccelleRATE“-Technik Antritte und Sprints feiner unterscheiden.

In FIFA 23 sind die realistischen Star-Gesichter (hier: BVB-Spieler Reus, Reyna, Bellingham und Schlotterbeck), die TV-reife Präsentation und die vielen Originalstadien (hier: Signal Iduna Park Dortmund) wieder ein echter Trumpf.
In FIFA 23 sind die realistischen Star-Gesichter (hier: BVB-Spieler Reus, Reyna, Bellingham und Schlotterbeck), die TV-reife Präsentation und die vielen Originalstadien (hier: Signal Iduna Park Dortmund) wieder ein echter Trumpf. © PR | EA Sports

Im ersten Eindruck gibt es hier nichts auszusetzen: Das Spielerlebnis ist gewohnt realistisch und abwechslungsreich. Erfahrene Spieler werden erneut eine Zeit brauchen, damit alles in Fleisch und Controller übergeht. Einsteiger erhalten auf Wunsch während des Spiels nützliche Tipps zur Steuerung und können sich von virtuellen Trainern heranführen lassen.

Zwei echte Gameplay-Neuerungen sind sogenannte Powerschüsse und komplett neue Standards. Die Gewaltschüsse sind jetzt eine neue Möglichkeit, aus der Distanz spektakuläre Tore zu erzielen. Dabei zoomt die Kamera sogar näher auf den Spieler, der sichtbar langsam ausholt und einen strammen Schuss abfeuert. Allerdings kann der nahestehende Gegner die Variante leicht verteidigen.

Standardsituationen wie Freistöße, Ecken oder Elfmeter steuern sich komplett neu. Spieler bestimmen zuerst die gewünschte Flugroute des Balles und markieren dann den Kontaktpunkt am Ball. Zusammen mit der Schussstärke entscheidet sich, ob der Ball mit Effet im Winkel landet oder meterweit über den Kasten fliegt – eine willkommene neue Herausforderung.

TV-Qualität und Originalteams dank prallem Lizenzpaket

Ein Highlight auf den neuen Konsolen sind abermals die realistischen Gesichter und Torjubel der Stars. Am Spielfeldrand jubeln oder meckern viele originalgetreu nachgebildete Trainerstars von Guardiola über Klopp bis Ancelotti. In den rund 100 Originalstadien jubeln Fans in den Trikots ihrer Helden. Die Allianz Arena des FC Bayern und das Camp Nou des FC Barcelona fehlen aus Lizenzgründen.

30 Ligen samt Pokalwettbewerben sind dabei, ebenso UEFA Champions League sowie UEFA Europa League oder Conference League. Die FIFA Weltmeisterschaft der Männer 2022 in Katar und die Frauen-WM 2023 in Australien und Neuseeland sind zum Start noch nicht verfügbar, sollen laut Hersteller aber kostenlos nachgereicht werden.

Mit Fifa 23 erhält endlich auch der Frauenfußball eine größere Bühne im Spiel. In „Fifa 16“ gab es hier erste zaghafte Versuche und zuletzt auch Frauen-Nationalteams. Dieses Jahr sind neben 17 weiblichen Nationalteams – darunter die zuletzt umjubelten deutschen EM-Heldinnen – die Profiligen aus England und Frankreich enthalten. „Weitere Ligen werden folgen“, verspricht EA Sports. Deutsche Frauen-Klubs wären wünschenswert.

Gut umgesetzt: Partien mit weiblichen Kickerinnen spielen sich tatsächlich etwas anders. Die Entwickler wollen Optik und Bewegungen der Spielerinnen so realistisch wie noch nie abbilden – das merkt man. Mit der australischen Stürmerin Sam Kerr vom FC Chelsea schafft es sogar erstmals seit 30 Jahren eine Spielerin auf das Fifa-Cover neben PSG-Megastar Kylian Mbappé.

Frauen-Klubteams sind in Fifa 23 erstmals mit zwei Original-Ligen dabei. Dazu kommen 17 Nationalmannschaften der Frauen.
Frauen-Klubteams sind in Fifa 23 erstmals mit zwei Original-Ligen dabei. Dazu kommen 17 Nationalmannschaften der Frauen. © PR | EA Sports

Umfangreiche Modi – echte Neuerungen fehlen

Fans den virtuellen Fußballs haben in Fifa 23 erneut die Wahl zwischen sehr vielen Spielmodi, Turnieren, Trainingseinheiten und dem beliebten Fifa Ultimate Team (FUT). Insgesamt sollten Käufer aber keine großen Überraschungen erwarten, echte Neuerungen sind überschaubar:

Der Straßenfußball-Modus „Volta“ bietet wie in den Vorjahren eine willkommene Abwechslung mit schnellen, trickreichen Partien auf den Kleinfeld. Bis auf ein paar neue Arenen und Spezialfähigkeiten ändert sich hier aber nichts. Fans des Karrieremodus können in die Haut von bekannten Startrainern schlüpfen und bei laufenden Partien jetzt in entscheidenden Momenten direkt ins Spiel eingreifen. Insgesamt könnte die Managerkarriere aber endlich eine richtige Auffrischung vertragen. Ein Story-Modus fehlt in Fifa 23 komplett.

Fans der populären Apple-TV-Serie „Ted Lasso“ können den schnauzbärtigen Trainer und sein Team AFC Richmond in Einzelspielen oder Karriere übernehmen – ein nettes Gimmick, mehr nicht. Erfreulich ist, wie gut Neueinsteiger mit kleinen Minispielen, Trainingseinheiten und Tipps spielerisch an die Hand genommen werden.

FUT-Modus: Erfolgreichster Modus zielt erneut aufs Taschengeld

Einen Schwerpunkt setzt Fifa 23 auch in diesem Jahr auf den populären Modus Fifa Ultimate Team. Hier können Spieler ihr Fantasie-Team mithilfe von Sammelkarten der Starkicker verstärken, diese emsig handeln, und online gegen andere Spieler antreten lassen. Für Abwechslung sorgen soll ein neu eingeführtes Chemiesystem – also Kombinationsmöglichkeiten, wie man seine Wunsch-Elf am effektivsten zusammenstellen kann.

FUT dürfte auch diesmal wieder dazu führen, dass ehrgeizige Zocker viele Stunden Zeit investieren, um ihr Team zu verbessern – oder echtes Taschengeld ausgeben, um schneller aufzusteigen. Diese vielfach kritisierte „Pay2Win“-Methode als Abkürzung zum Erfolg ist weiterhin möglich – und sicherlich auch gewollt. Schließlich spült der FUT-Modus EA Sports Jahr für Jahr mehr Geld in die Kasse als der eigentliche Verkauf des Spiels.

Kicken wie Kai Havertz (rechts, FC Chelsea): Für FIFA 23 hat EA Sports erneut die Animationen der Spieler verbessert.
Kicken wie Kai Havertz (rechts, FC Chelsea): Für FIFA 23 hat EA Sports erneut die Animationen der Spieler verbessert. © PR | EA Sports

Spieler älterer Konsolen und auf Switch benachteiligt

Ist Fifa 23 also empfehlenswert? Das hängt entscheidend davon ab, auf welcher Plattform man kicken möchte. Denn EA Sports sorgt für eine Zweiklassen-Gesellschaft, die das Spielerlebnis erheblich trüben kann. Erschienen ist Fifa 23 für

  • Windows (PC)
  • Playstation 5 und Xbox Series (neue Generation)
  • Playstation 4 und Xbox One (alte Generation)
  • Google Stadia (wird 2023 eingestellt)
  • Nintendo Switch

Das Spiel kostet je nach Plattform und Edition 60 bis 100 Euro, für die Switch 35 Euro.

Auf dem PC und der neuen Konsolengeneration dürfen Käufer das volle Spielerlebnis und die aktuell beste Grafik erwarten. Wem die Neuerungen den Vollpreis wert sind, der kann hier bedenkenlos zugreifen. Besitzer der Vorgänger-Konsolen müssen auf „HyperMotion2“-Animationen samt besserer KI und die neue Sprint-Technik verzichten. Auch grafisch können die alten Konsolen nicht mithalten. Für die Nintendo Switch gibt es für rund 35 Euro lediglich aktualisierte Kader ohne spielerische Neuerungen.

Dafür erlaubt Fifa 23 nun Online-Duelle zwischen Spielern unterschiedlicher Plattformen der gleichen Generation (Crossplay). PS5-Spieler können also gegen Besitzerinnen der neueren Xbox antreten. Partien zwischen verschiedenen Plattform-Generationen sind aber nicht möglich.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.