Berlin. Gold gilt als Krisenanker, doch der Preis des Edelmetalls fällt – trotz Ukraine-Krieg und Inflation. Was Anleger nun beachten sollten.

2022 ist ein turbulentes Jahr für die Geldanlage. Die Aktienmärkte sind im Sinkflug, die Inflation ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Gold mit seinem Ruf als traditioneller Stabilitätsanker zieht aktuell besonders viele private Käufer an. Großinvestoren gehen hingegen auf Abstand. Dabei zeigt der langfristige Vergleich: Als Beimischung kann Gold einen stabilisierenden Effekt haben, aber die Schwerpunkte sollten auf anderen Anlageklassen liegen.

Denn Gold ist kein Selbstläufer. Von März bis Oktober 2022 hat Gold einiges an Wert eingebüßt. Ringsum gibt es wieder höhere Zinsen, weil die Notenbanken die Zinswende vorantreiben. Das macht nicht nur Aktien, sondern auch Gold ein Stück unattraktiver im Vergleich zu Bankkonten oder Staatsanleihen. Anleger aus der Eurozone trifft der Kursverfall beim Gold interessanterweise weniger stark, als der Blick auf den Weltmarktpreis befürchten lässt – denn der wird in Dollar berechnet, und die US-Währung hat im Jahresverlauf gegenüber dem Euro aufgewertet.

Goldpreis: Die längste Schwächephase betrug 28 Jahre

Aus deutscher Perspektive kostet Gold damit „nur“ rund ein Zehntel weniger als zum Frühlingsanfang und nicht fast 20 Prozent, in Dollar gerechnet. Auch die Beobachtung, dass Gold heute wieder auf seinen Wert aus den Anfangstagen der Corona-Pandemie zurückgefallen ist, stimmt nur in der Rechenwährung Dollar.

Privatanleger möchten mit Gold aber typischerweise langfristig ihr Portfolio absichern und mögen den Preisrutsch als kurze Episode abtun. Leider zeigt der Blick in den Rückspiegel: Manche Schwächephasen beim Gold dauerten lang. Wer beispielsweise Anfang der 1980er Gold gekauft hat, kam erst 28 Jahre später auf seinen Einstandspreis von damals. Bei einem weltweiten Aktienkorb war die längste Durststrecke nach maximal 15 Jahren ausgestanden. Lesen Sie auch:Bankwechsel: Konto und Depot spielend leicht umziehen

Zwischen 1975 und 2022, also seit der Goldpreis frei schwanken kann, hat Gold im Durchschnitt 4,2 Prozent Rendite pro Jahr abgeworfen. Das zeigen Berechnungen des Geldratgebers Finanztip. Ein Aktienfonds, der den Weltindex MSCI World nachbildet, hätte demgegenüber mit 9,7 Prozent Jahresrendite mehr als das Doppelte herausgeholt – und das bei einer niedrigeren Schwankungsbreite.

Gold hat keine innere Wertentwicklung aus sich heraus

Zugegeben, es gab Phasen, in denen Gold die Nase vorn hatte, etwa in den Nullerjahren, als der Aktienmarkt in der damaligen Hightech-Blase an Boden verlor. Aber langfristig spielt ein Fonds mit weit über 1000 Unternehmen, wie etwa ein ETF auf den Index MSCI World, seine Spezialkraft aus: Unternehmerisches Kapital wirft Gewinne ab und steigert damit den Wert für die Anteilseigner. Jedes erfolgreiche neue Produkt, jede gelungene Erfindung tragen dazu bei. Gold hingegen hat keine innere Wertentwicklung aus sich heraus.

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© funkegrafik nrw | Marc Büttner

Echte Goldfans wird das kaum beeindrucken. Und tatsächlich haben sie drei Argumente auf ihrer Seite: zunächst die hübsch anzuschauenden Münzen und Barren – na klar, da kommt keine andere Anlageform mit, allenfalls eine schöne Immobilie. Dann die jahrtausendelange Tradition. Gold dürfte beispielsweise so manche Kryptowährung überdauern.

Das Goldargument Nummer drei wiederum macht das Edelmetall zum Teamplayer in einer ausgewogenen Geldanlage. Denn kurz- und mittelfristig schwankt der Goldpreis zwar vergleichbar stark wie der Aktienmarkt, aber oft in einem anderen Rhythmus. Finanztip-Analysen zeigen daher: Zur Risikostreuung und Stabilisierung ist ein kleiner Goldanteil hilfreich. Börsencrashs werden damit etwas abgefedert.

Übertreiben sollte man es aber nicht; maximal zehn Prozent des Portfolios in Gold reichen aus, sonst verwandelt sich die Krisenversicherung in wirtschaftlich guten Zeiten in einen Renditekiller. Im Zusammenspiel mit dem Wertpapierdepot und einer sicheren Reserve auf dem Bankkonto dient Gold aber als Ergänzung. Auch interessant: Fallen bei der Grundsteuer – Hier bekommen Hausbesitzer Hilfe

Wer Gold kaufen möchte, sollte zu einem seriösen Händler gehen. Ein gutes Kennzeichen ist die Mitgliedschaft im Berufsverband des Deutschen Münzenfachhandels. Alternativ gibt es auch Gold-Wertpapiere – das bekannteste ist Xetra-Gold, benannt nach dem Handelsplatz der Frankfurter Börse.

Anleger brauchen sich dann nicht um die passende Lagerung der Münzen oder Barren zu kümmern, müssen aber darauf achten, dass der Emittent der Wertpapiere seriös ist und den Gegenwert in echtem Gold hinterlegt hat. Wer eine gravierende Finanzkrise befürchtet und Gold als Notgroschen für einen Währungscrash sieht, fühlt sich wahrscheinlich mit Goldmünzen im Schließfach wohler.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geldratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.