Berlin. Die britische Gesundheitsbehörde spricht von einer hohen Zahl an Infektionen. Einen Corona-Zusammenhang halten Experten für möglich.

In Großbritannien erkranken aktuell ungewöhnlich viele Kinder an Hepatitis. Das berichtet die britische Gesundheitsbehörde UKHSA. Demnach haben sich seit Jahresbeginn 74 Jungen und Mädchen mit der Leberentzündung infiziert, die meisten von ihnen waren zwischen zwei und fünf Jahren alt. Teilweise kam es zu akutem Leberversagen, teilt die europäischen Gesundheitsbehörde EDC mit.

Noch rätseln die Behörden über die Ursache: Denn die Ärzte konnten bei keinen der betroffenen Kindern die üblichen Viren finden, die Hepatitis auslösen. Einige von ihnen wurden jedoch positiv auf Covid-19 getestet. Inwiefern und ob es überhaupt einen Zusammenhang zwischen Sars-CoV-2 und der hohen Zahl von Hepatitis-Infektionen gibt, ist ebenfalls ungewiss. „Wenn die Hepatitis auf Corona zurückzuführen ist, wäre es verwunderlich, wenn sie wegen der hohen Prävalenz des Virus nicht weiter im Land verbreitet wäre“, sagt Graham Cooke, Professor für Infektionskrankheiten am Imperial College London. Laut der UKHSA waren alle Kinder ungeimpft gegen Corona.

Kinder sind nur selten betroffen

Bei der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) hat man die vielen Hepatitis-Infektionen registriert, zeigt sich vorerst nicht beunruhigt. „Entsprechende Beobachtungen in Deutschland sind bislang noch nicht bekannt“, sagt DGKJ-Generalsekretär Burkhard Rodeck. Die Gesellschaft hat eine Abfrage zu vergleichbaren Fällen in Deutschland gestartet. Rodeck: „Das müssen wir ernst nehmen.“

Eine Hepatitis ist bei Kindern eher selten und verläuft oftmals asymptomatisch. In der Regel wird die Entzündung der Leber durch die bekannten Hepatitisviren A, B, C, D und E verursacht. „Aber es gibt viele andere Viruserkrankungen mit einer Leberbeteiligung, zum Beispiel solche durch Zytomegalieviren, Ebstein-Barr-Viren unter anderem, selten auch Adenoviren, meist dann bei Patienten mit Immunerkrankungen.“

Für den Hepatitis-Ausbruch in Großbritannien hat der Mediziner eine Theorie: Während den Lockdowns wären viele Kinder und Jugendliche kaum mit Keimen und Viren in Berührung gekommen. Nachdem jegliche Corona-Maßnahmen aufgehoben wurden, könnten sie mit den für Hepatitis typischen Erregern in Kontakt gekommen sein, obwohl ihr Immunsystem dafür nicht gewappnet war. „Grundsätzlich wäre das natürlich auch ein Szenario, das wir in Deutschland bei weitgehenden Lockerungen sehen könnten“, so Rodeck. (lgr)