Berlin. Kriminelle Geschäfte mit Hundewelpen und Rassekatzen boomen seit Beginn der Pandemie. Was Käufer über die Gefahren wissen müssen.

Im Internet gibt es alles zu kaufen – auch Hunde und Katzen. Viele bestellen sich dort ein Haustier wie einen Pullover oder eine Waschmaschine. Das Problem dabei: Einige skrupellose Geschäftemacher betreiben den Handel illegal – zum Leidwesen der Tiere und auf Kosten ihrer neuen Besitzer.

Meistens sind es Hundewelpen, die am Gesetz vorbei angeboten werden. Zwei Polizeimeldungen aus jüngster Zeit: In einer „wahren Hundehölle“ entdeckte die Berliner Polizei mehr als 30 verwahrloste Welpen aus illegalem Tierhandel, viele eingepfercht in vollurinierten und verkoteten Boxen. An der Grenze zu Tschechien stoppte die bayerische Polizei ein Fahrzeug mit 72 jungen Hunden im Wert von über 100.000 Euro, die in einem desolaten Gesundheitszustand waren und teils mit Infusionen versorgt werden mussten.

Haustier kaufen: Illegale Angebote im Internet boomen

Es handelt sich um keine Einzelfälle. Laut dem Deutschem Tierschutzbund ,,boomt“ der kriminelle Handel mit Tieren seit dem Beginn der Corona-Pandemie. Allein 2021 wurden dem Verband die Fälle von 1938 illegal gehandelten Hunden bekannt – nahezu doppelt so viel wie 2020 und fünf Mal so viel wie 2019. „Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen“, so der Tierschutzbund, der einen regen illegalen Handel auch mit Rassekätzchen beobachtet.

Die Hunde stammen in der Regel aus dem Ausland, etwa aus Bulgarien, Polen oder Rumänien. „Meist werden sie weder entwurmt noch mit den lebenswichtigen Impfungen abgegeben“, sagt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund. Außerdem finde die für Hunde wichtige Sozialisierung nicht statt. „Sie werden meist viel zu früh von der Mutter getrennt. Die Folge: massive Verhaltensprobleme der Tiere, zum Teil bis ins Erwachsenenalter“, erläutert Schmitz.

Was passiert mit den Tieren?

Wird eine größere Lieferung von der Polizei beschlagnahmt, landen die Hunde im Tierheim, das so viele geschwächte Welpen auf einmal kaum versorgen kann. Übernimmt der Käufer die Bestellung, treten bei ihm die Schwierigkeiten auf. Der Tierschutzbund warnt: „Das Ganze zieht schnell Behandlungskosten für ein krankes Tier nach sich, die zu einer enormen finanziellen Belastung werden können.“

Das Leid betrifft auch die Elterntiere. „Viele verbringen ihr kurzes Leben in kleinen Zwingern und Käfigen, ohne jemals das Sonnenlicht zu sehen oder in Sozialkontakt mit Artgenossen zu kommen“, berichtet die Tierschutzorganisation Peta. Auf Zuchtfarmen bestehe der einzige Zweck der Muttertiere darin, möglichst viele Welpen zu „produzieren“, bemängelt der Verband. Lesen Sie auch: Haustier-Boom durch Corona: Wie Sie Hunde richtig versichern

Wie erkenne ich illegale Angebote?

Anders als früher fallen die Inserate nicht mehr unbedingt durch ein gebrochenes Deutsch oder niedrige Preise auf. Nach Angaben der Tierschutzstiftung Vier Pfoten verlangen kriminelle Händler für Rassen wie Labrador Retriever, Chihuahua oder Französische Bulldogge teils so viel Geld wie verantwortungsvolle Züchter auch.

Misstrauisch sollten aber Käufer spätestens bei der Übergabe des Tieres werden. Sie findet aus fadenscheinigen Gründen – etwa wegen Corona oder einer Wohnungsrenovierung – nicht zu Hause beim Züchter statt, „sondern an einem öffentlichen Ort, an der Straße oder auf einem Parkplatz aus dem Kofferraum heraus“, erläutert Fachfrau Schmitz. Auch interessant: Tierschützer warnen: So bedroht die Krise unsere Haustiere

Ein auffälliges Merkmal ist zudem das Alter der Tiere. Illegale Händler verkaufen Hunde meist zu jung, laut der Vier-Pfoten-Stiftung oft bereits im Alter von vier bis sechs Wochen – wenn sie auf den Bildern im Internet besonders niedlich aussehen. Junge Kätzchen werden nach Beobachtung der Peta-Organisation häufig sogar schon „kurz nach der Geburt ihren Müttern entrissen“.

Welpen und Rassekatzen kaufen: Was sagt das Gesetz?

Laut Gesetz ist der Online-Handel mit Tieren nicht verboten. Allerdings müssen die aus dem Ausland kommenden Welpen mindestens 15 Wochen alt sein. Denn die Tiere können die beim Import vorgeschriebene Tollwut-Impfung erst mit zwölf Wochen bekommen. Und es dauert drei Wochen, bis diese wirkt.

Außerdem muss das Tier mit einem Mikrochip gekennzeichnet und über einen EU-Heimtierausweis sowie ein amtliches Gesundheitszeugnis verfügen. Käufer sollten sich die Begleitpapiere unbedingt aushändigen lassen, rät die Initiative „Stopp dem illegalen Welpenhandel“ von Bundesregierung und Tierärztevereinigungen. Stammt das Tier aus Deutschland, sind die Vorschriften weniger streng. Von ihrer Mutter getrennt werden dürfen die Jungtiere aber auch erst nach acht Wochen. Gewerbliche Anbieter benötigen zudem eine behördliche Zulassung.

Hundewelpen aus illegalem Tierhandel landen häufig verletzt oder krank in Tierheimen.
Hundewelpen aus illegalem Tierhandel landen häufig verletzt oder krank in Tierheimen. © picture alliance/dpa/Tierheim Berlin | -

Worauf sollten Käufer achten?

Die Initiative „Stopp dem illegalen Welpenhandel“ spricht von einem Warnzeichen, wenn die Hunde in Online-Inseraten nur unzureichend beschrieben sind, ein- und derselbe Anbieter mehrere Rassen hat und die Lieferung nach Hause oder zu einem Treffpunkt erfolgen soll. Bestehen sollten die Interessenten darauf, das Muttertier bei einem Vor-Ort-Besuch kennenzulernen. Lesen Sie auch: Neues Hunde-Gesetz: So lang muss das Gassi gehen dauern

Der Tierschutzverband empfiehlt, Tiere statt im Internet in erster Linie im Tierheim oder bei einem seriösen Züchter zu kaufen. Einen guten Züchter könne man zum Beispiel über Empfehlungen anderer Tierhalter, des Tierarztes oder des örtlichen Tierschutzvereins finden.

Der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) rät ebenfalls vom Internetkauf ab. Damit Kunde und Züchter besser einschätzen können, welches Tier zum künftigen Halter passt, empfiehlt der Verband, den Welpen mehrmals vor dem Erwerb beim Muttertier zu besuchen.

Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) hält einen schriftlichen Kaufvertrag für unverzichtbar. Wer glaubt, Opfer von illegalem Tierhandel geworden zu sein, sollte sich an die Polizei wenden, so das EVZ.

Illegalen Handel beim Online-Marktplatz melden

Die Stiftung „Vier Pfoten“ zählte im Juli 2022 durchschnittlich fast 22.600 zeitgleiche Anzeigen für Tiere auf den Online-Plattformen Ebay-Kleinanzeigen, Quoka und Deine Tierwelt – fast 50 Prozent mehr als im Januar. Bei diesem großen Angebot sind die Portale nach Einschätzung der Stiftung nicht in der Lage, unseriöse Händler vor dem Inserieren zu identifizieren und auszuschließen. Auch interessant: Gegen Haustier-Haare: Saug-Wisch-Roboter im Test

Dubiose Anzeigen können den Plattformen aber gemeldet werden. So weist Ebay darauf hin, dass „auffällige“ Tier-Inserate in der Regel binnen 30 Minuten gesperrt oder direkt gelöscht würden. Die „Vier Pfoten“-Stiftung führt auch selbst ein Meldeportal, auf dem Betroffene und Beobachter kriminelle Machenschaften schildern können.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.