Berlin. Früher in Rente ohne Abzüge: Das geht mit dem Kauf von Rentenpunkten. So lassen sich noch die Vorteile aus 2022 und 2023 kombinieren.

Früher in den Ruhestand gehen und trotzdem keine verringerte Rente bekommen? Das ist über den Zukauf von Rentenpunkten möglich, die 2022 besonders günstig sind. Im nächsten Jahr werden sie deutlich teurer. Dafür winken 2023 Steuervorteile. Der Geldratgeber "Finanztip" empfiehlt, die Vorteile aus beiden Jahren zu kombinieren.

Der Kauf von Rentenpunkten – auch als freiwillige Sonderzahlungen bekannt – ist für Menschen gedacht, die ab 63 Jahren in Rente gehen wollen, also vor Erreichen der Regelaltersgrenze. Denn wer früher in den Ruhestand geht, bei dem wird die Rente verringert, wenn nicht mindestens 45 Jahre Beiträge gezahlt worden sind.

Rentenpunkte kaufen: Wer kann das freiwillig tun?

Für die vom Gehalt gezahlten Rentenbeiträge bekommen Angestellte jedes Jahr Punkte. Die Anzahl ist abhängig von der Höhe des Gehalts. Beim Eintritt in den Ruhestand tauschen Angestellte ihre Punkte dann gegen ihre monatliche Rente ein. Denn jeder Rentenpunkt hat einen Wert. Aktuell sind das 36,02 Euro (West) und 35,52 Euro (Ost). Hat ein Angestellter also 45 Rentenpunkte gesammelt, bekommt er beim Erreichen der Regelaltersgrenze aktuell eine Rente von 1620,90 Euro (West).

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Für jeden Monat, den Angestellte vor der Regelaltersgrenze in Rente gehen, wird diese um 0,3 Prozent verringert. Zum Ausgleich können aber eben Rentenpunkte dazugekauft werden. Ein vereinfachtes Beispiel: Ein Handwerker aus Essen will mit 64 Jahren, 40 Rentenpunkten und einer Rente von 1440,80 Euro in den Ruhestand gehen. Das sind 36 Monate vor seiner Regelaltersgrenze von 67 Jahren. Es werden 10,8 Prozent abgezogen. Das ergibt eine Rente von 1285,20 Euro. Um das Minus von 155,60 Euro auszugleichen, müsste der Handwerker 4,82 Rentenpunkte dazukaufen.

Das kann aber nicht jeder. Die wichtigsten Voraussetzungen sind ein Mindestalter von 50 Jahren und mindestens 35 Beitragsjahre zum Renteneintritt. Wer also im Alter von 50 Jahren nur 22 Beitragsjahre oder weniger gesammelt hat, hat schlechte Karten.

Der Kauf von Rentenpunkten verpflichtet aber nicht dazu, früher in Rente zu gehen. Wer bis zur Regelaltersgrenze arbeitet, erhöht mit den zusätzlichen Punkten seine normale Rente.

Wie viel kostet ein Rentenpunkt?

Das hängt von der Höhe des Durchschnittslohns aller Versicherten ab. Angestellte, die im Jahr genauso viel wie der Durchschnitt verdienen, bekommen genau einen Rentenpunkt gutgeschrieben. Mehr oder weniger Verdienst ergeben anteilig mehr oder weniger Rentenpunkte.

Wer einen Rentenpunkt kaufen will, muss genauso viel bezahlen, wie es der Angestellte und sein Arbeitgeber über die monatlichen Beiträge tun würden. Daher hängt der Preis für Rentenpunkte vom Durchschnittsgehalt ab, das 2022 bei 38.901 Euro (West) beziehungsweise 37.333 Euro (Ost) liegt. Gerechnet mit dem Beitragssatz von 18,6 Prozent ergibt sich ein Rentenpunktepreis von gut 7236 Euro (West) und 6944 Euro (Ost).

Das ist außergewöhnlich niedrig. Zum Vergleich: Im Vorjahr kostete ein Rentenpunkt rund 490 Euro (West) und 373 Euro (Ost) mehr. 2023 wird ein Punkt sogar um gut 796 Euro (West) und 764 Euro (Ost) teurer sein.

Früher in Rente zu gehen, muss nicht unbedingt Abzüge bedeuten. Die Lücke lässt sich im Vorfeld ausgleichen.
Früher in Rente zu gehen, muss nicht unbedingt Abzüge bedeuten. Die Lücke lässt sich im Vorfeld ausgleichen. © iStock | istock

Warum sind Rentenpunkte 2022 so günstig?

Der Grund für die diesjährige günstige Situation ist der durch Pandemie und vermehrte Kurzarbeit von 2020 auf 2021 gesunkene Durchschnittslohn. Weil sich die Löhne aber wieder erholt haben, wird das Durchschnittsentgelt 2023 um satte elf Prozent steigen. Deswegen sollte der Kauf noch 2022 erfolgen – allerdings mit einem Blick auf die Steuer: Denn das Geld für Rentenpunkte ist als Altersvorsorgeaufwendung steuerlich absetzbar. Dieses Jahr zu 94, nächstes Jahr zu 100 Prozent.

Deswegen rät "Finanztip" dazu, beim Kauf von Rentenpunkten beide Vorteile zu kombinieren: Der Antrag auf die freiwilligen Sonderzahlungen sollte noch dieses Jahr gestellt werden, sie sollten aber erst nächstes Jahr bezahlt werden. Denn beim Kauf von Rentenpunkten gelten die Konditionen zum Zeitpunkt der Antragstellung. Für die Steuer zählt hingegen der Zeitpunkt des Bezahlens.

Wer diesen Prozess über den Jahreswechsel vollzieht, kann im Optimalfall bei einem Rentenpunkt (West) rund 434 Euro mehr bei der Steuer angeben. Das einmal eingezahlte Geld kann aber im Notfall nicht wieder von der Rentenversicherung zurückgeholt werden. Es fließt erst über die Auszahlung der monatlichen Rente zurück.

Wer sich für den Kauf von Rentenpunkten entscheidet, stellt schriftlich den Antrag (Formular V0210). Damit wird bei der Ren­ten­ver­si­che­rung eine Berechnung des Ausgleichsbedarfs an Rentenpunkten angefordert. Dafür braucht die Ren­ten­ver­si­che­rung auch einen Überblick über die Beitragsjahre und eine Bestätigung des Arbeitgebers über die Höhe des Gehalts. Das geht wiederum mit dem Formular V0211.

SystemDie gesetzliche Rente funktioniert nach dem Äquvivalenz- und dem Solidarprinzip.
Renten-ArtenGrund-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente
AusnahmenSelbstständige und Freiberufler sind in der Regel von der Versicherungspflicht befreit.
FinanzierungDie gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagenfinanziert.
ProblemeDie Unterfinanzierung resultiert hauptsächlich aus der zunehmend älter werdenden Bevölkerung in Deutschland.
Drei SäulenDie Altersvorsorge in Deutschland umfasst die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge.
UrsprungDie gesetzliche Rente wurde am 22. Juli 1889 unter Reichskanzler Otto von Bismarck offiziell eingeführt.

Rentenpunkte kaufen: Wann lohnt sich das?

Wann sich Rentenpunkte finanziell lohnen, hängt von der Lebensdauer ab. Bis das eingezahlte Geld zurückgeflossen ist, müssen Rentner in der Regel mindestens 83 bis 84 Jahre alt werden. Dafür ist das Geld relativ sicher angelegt. Wer unsicher ist, sollte sich vorher von der Rentenversicherung beraten lassen – am besten noch bis Jahresende.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.