Berlin. Wegen Corona bleiben viele Wanderer für den Urlaub in Deutschland. Was man für den Trip in Schwarzwald, Alpen und Co. wissen sollte.

Die Deutschen sind im Urlaubsmodus. Corona bedingt bleiben sie vornehmlich im eigenen Land. Weil Abstands- und Hygieneregeln gelten, sind die Kapazitäten aber zusätzlich begrenzt. An der Ostsee hat das in manchen Gemeinden schon für geschlossene Strände gesorgt. Doch wo für den einen Urlaub ein Fischbrötchen im Strandkorb bedeutet, schnürt sich der andere die Wanderstiefel. Drohen jetzt überfüllte Pfade und Gipfel?

Wanderurlaub Deutschland: Einzelne Hotspots schon überfüllt

Mancherorts machte es Corona den Wanderern bereits schwer die Abstandsregeln einzuhalten. Zum Beispiel im Mörsbachtal in Rheinlandpfalz. Über das Tal im Hunsrückgebirge spannt sich die Hängeseilbrücke Geierlay. Sie gehört zwar mit 360 Metern zu den längsten Hängeseilbrücken Deutschlands aber sie ist auch nur gut 90 Zentimeter breit.

Ein stündlich wechselndes Einbahnstraßensystem soll die Einhaltung des Mindestabstands garantieren. Allerdings drängten sich bereits im Mai die Besucher an der Brücke derartig, dass ein Sicherheitsdienst den Verkehr regeln musste. Wie der SWR berichtet kam es zu hundert Meter langen Warteschlangen.

Dieses Foto zeigt den Betrieb auf der beliebten Hängeseilbrücke Geyerlay vor der Corona-Pandemie. So eng darf es jetzt aufgrund der Abstandsregeln natürlich nicht zugehen. Es gilt ein Einbahnstraßensystem.
Dieses Foto zeigt den Betrieb auf der beliebten Hängeseilbrücke Geyerlay vor der Corona-Pandemie. So eng darf es jetzt aufgrund der Abstandsregeln natürlich nicht zugehen. Es gilt ein Einbahnstraßensystem. © Jochen Tack | imago stock&people

Wandern: Kontaktbeschränkungen bestimmen Gruppengröße

Heute gelten lockerere Kontaktbeschränkungen als noch vor ein paar Monaten. Es dürfen sich mittlerweile fast bundesweit zehn Personen oder mehr in der Öffentlichkeit treffen. Daher dürfen auch zehn Personen oder mehr zusammen wandern. Laut dem Deutschen Alpenverein (DAV) müssen sie untereinander keinen Abstand halten.

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Es sind also wieder größere Wandergruppen unterwegs. Außerdem sind jetzt in mehreren Bundesländern die Sommerferien angebrochen. In den Wanderbundesländern Baden-Württemberg und Bayern beginnen sie Ende Juli. Wie groß wird also der Ansturm?

Wanderer sind auf dem Vormarsch

Laut Einschätzung des Deutschen Wanderverbands (DWV) wird der Trip in die Natur bei den Deutschen immer beliebter. Vor der Corona-Pandemie waren 68 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung aktive Wanderer. „Da viele Menschen sich trotz der Öffnungen noch scheuen, in diesem Jahr ihren Urlaub im Ausland zu verbringen, werden viele in Deutschland bleiben und wandern“, ist sich Jens Kuhr, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim DWV, sicher.

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Die 3000 Ortsgruppen des Verbands würden bereits melden, dass wesentlich mehr Leute wandern als vor der Corona-Pandemie. Kuhrs persönliche Erfahrungen in seinem heimischen Wandergebiet in Südniedersachsen würden das bestätigen. „Während ich vor Corona über die Woche verteilt ein bis zwei Gruppen von Wanderern gesehen habe, sind es jetzt täglich mindestens so viele und an Wochenenden wesentlich mehr.“

Eine Rast auf einer Hütte: Bereits im Juni war da teils viel los wie hier am Edelsberg im bayerischen Nesselwang.
Eine Rast auf einer Hütte: Bereits im Juni war da teils viel los wie hier am Edelsberg im bayerischen Nesselwang. © imago images

Corona-Wegweiser für Wanderer

Auch deshalb hat der Wanderverband einen Corona-Wegweiser herausgegeben, der neben den gängigen Hygiene- und Abstandsregelungen noch folgende Tipps enthält:

  • Vermeiden Sie gewohnte Begrüßungsrituale, wie Händeschütteln und Umarmungen
  • Übernehmen Sie sich nicht bei der Auswahl der Wanderung. Bleiben Sie unter Ihrer persönlichen Leistungsgrenze, um sich zu schützen und um die Risiken für Rettungseinsätze zu minimieren
  • Teilen sie keine Trinkflaschen, Obst, Müsli-Riegel oder ähnliches
  • Denken Sie an die Mitnahme einer Tüte für Ihre Abfälle, wie Verpackungen, Taschentücher oder genutzte (Einweg-)Schutzmasken
  • Sammeln Sie keinen Müll von anderen Wanderern ohne Schutzhandschuhe auf
  • Geben Sie Empfehlung zur Hygiene und zum Schutz der Umwelt weiter an Ihre Mitwanderer
  • Im Moment sollten Wanderer Hotspots und stark frequentierte Sehenswürdigkeiten wie beliebte Aussichtstürme meiden
  • Informieren Sie sich rechtzeitig über Alternativen zu beliebten Wanderstrecken
  • Vereinzelt können Wanderparkplätze oder Wanderausgangspunkte gesperrt sein, um ein erhöhtes Wanderaufkommen zu vermeiden.
  • Meiden Sie besonders stark frequentierte Wanderparkplätze und unterlassen Sie wildes Parken

Stau in den Alpen

Der letzte Punkt ist auch Thomas Bucher, Pressesprecher beim DAV wichtig. Denn genau wie in den Mittelgebirgen Deutschlands rechnen die Experten ebenfalls mit einem größeren Andrang von Wanderurlaubern in den Alpen. „Hauptsächlich sehen wir das Verkehrsproblem“, sagt Bucher. In Deutschland und Österreich sei es deswegen schon zu überfüllten Parkplätzen oder Stau in Tälern gekommen.

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Auch an manchen Gondelstationen könne es zu längeren Wartezeiten kommen, so Bucher: „Allerdings gibt es in den Alpen ja durchaus Limitationen: Die Parkplätze, Hotels im Tal und Kapazitäten der Berghütten sind in diesem Jahr eher eingeschränkt.“ Daraus ergebe sich automatisch eine gewisse Deckelung. Das bedeutet aber auch: Der Wanderurlaub muss gut im Voraus geplant werden. Gebiet, Route, Parkplatz, Übernachtung und selbst beim Wandern an sich muss vorausgedacht werden.

Wann muss ich beim Wandern eine Maske aufsetzen?

Denn um Probleme an Engstellen, wie Berggipfel, zu vermeiden, empfiehlt Bucher den Wanderern vorausschauend unterwegs zu sein. Zurückfallen lassen, um den Abstand zu entzerren ist sinnvoller als sich durch gewagte Ausweichmanöver am Berg selbst in Gefahr zu bringen. „Und wenn der Abstand nicht eingehalten werden kann, hilft kurzfristiges Aufsetzen einer Maske.“

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Die ist im Übrigen keine Pflicht beim Wandern selbst. Anders sieht das bei einer Rast oder Übernachtung auf einer Hütte aus. „Ein Mund-Nasen-Schutz ist Pflicht – und zwar sowohl im Innen- als auch im Außenbereich“, lautet die Regel, die der deutsche Alpenverein im Hygienekonzept für die bayrischen Alpenhütten festgelegt hat. Also in allen Gemeinschaftsräumen im Innenbereich, in denen sich fremde Gäste begegnen können, gilt die Maskenpflicht. Am Tisch darf die Maske abgenommen werden.

Zudem ist der Besuch der Hütten nur in gesundem Zustand erlaubt und der Wanderer sollte sich auf Wartezeiten einstellen, da die Sitzkapazitäten der Hütten stark reduziert sind. Wie in anderen Gastronomiebereichen auch müssen die Gäste ihre Kontaktdaten hinterlassen.

Wandern in Deutschland und Österreich: Kein Schlafplatz ohne Reservierung

Ebenfalls eingeschränkt sind die Übernachtungsmöglichkeiten auf den Hütten. Daher muss das Bett auf der Hütte in Bayern unbedingt im Voraus gebucht werden. „Kein Schlafplatz ohne Reservierung“, sagt Pressesprecher Bucher deutlich. Bei der Gelegenheit sollten Urlauber auch gleich mit dem Hüttenwirt- oder der wirtin klären, ob sie eigenes Bettzeug und einen Schlafsack mitbringen müssen.

Die Kapazität der Schlaflager und Zimmer auf den Hütten in den deutschen Alpen richtet sich nach den Kontaktbeschränkungen in Bayern. Die besagen, dass sich im öffentlichen Raum zehn Menschen aus unterschiedlichen Haushalten treffen können. Daher dürfen in Bayern auch maximal zehn Menschen zusammen wandern und in einem Raum übernachten.

Das heißt jedoch nicht, dass sich beispielsweise zwei Gruppen aus fünf Personen spontan auf der Hütte zusammentun können. „Die Gruppe muss gemeinsam reserviert haben oder die Tour gemeinsam unternehmen“, informiert der Alpenverein. In Österreich gilt auch eine Reservierungspflicht. Jedoch sind Regeln zu Gruppengröße, Mindestabstand und Maskenpflicht anders. Eine genaue Liste finden Sie hier. Auf Gipfelbussis sollte man auf beiden Seiten der Grenze verzichten.

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Was gilt im Notfall?

Aber was mache ich eigentlich, wenn in den Bergen ein Gewitter aufzieht und die Hütte schon voll ist? „Sich am Berg bei einem Notfall zu helfen, ist natürlich selbstverständlich und da werden die Wirtsleute sicherlich nicht die Türen versperren, wenn die Kapazitätsgrenzen erreicht sind“, sagt Bucher.

Allerdings müssten dann auch alle Handlungen mit dem Wirt und seinem Personal vorher abgesprochen werden. „Man kann nicht einfach einen Notfall für sich reklamieren und dann irgendwelche Rechte in Anspruch nehmen.“ Wer richtig Pech hat, steht auch ohne Notfall vor verschlossenen Hüttentüren. Denn die strengen Corona-Auflagen sind nicht für jeden Wirt zu erfüllen. Daher sind weniger Hütten geöffnet als üblich – nicht nur in den Alpen.

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Corona-Auflagen für manche Hüttenwirte nicht zu erfüllen

Denn nicht alle Rastplätze und Hütten werden auch professionell betrieben. Gerade bei vereinsbetriebenen Hütten können Corona-Auflagen Auswirkungen auf Öffnungszeiten und Angebot haben. So wie beim Wanderhaus Hohe List im Naturpark Pfälzer Wald.

„Wir haben viel später aufgemacht, als wir durften“, sagt Stefan Milke, Vorsitzender des Pfälzerwaldvereins Hohe List, dessen Mitglieder das ehemalige Forsthaus ehrenamtlich betreiben. Alle Regeln allein schon in der Gastronomie aufrecht zu erhalten, sei sehr müßig. „Lange wollten wir das unseren freiwilligen Helfern nicht antun“, erzählt der 54-Jährige. Zwei Tage in der Woche ist der Gastronomiebereich jetzt geöffnet – mit verkleinerter Karte.

Übernachtungen sind im Wanderhaus Hohe List noch nicht möglich. Gerade die ursprünglichen Auflagen für Beherbergungen während der Corona-Pandemie hätten das für die Vereinsmitglieder unmöglich gemacht. „Wir überlegen, ob wir das zum August wieder aufnehmen“, sagt Milke. Schon jetzt trudeln täglich Anfragen von Wanderern ein und auch im Pfälzer Wald seien viel mehr Menschen unterwegs als üblich, erzählt Milke. Der sei aber dankenswerterweise groß genug. „Da kann man sich noch aus dem Weg gehen.“

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