Berlin. Das Spiel „Among Us“ ist einer der Spiele-Hypes des Jahres. Zahlreiche Eltern fragen sich: Schadet der bunte Comic-Krimi meinem Kind?

Kennen Sie das Kartenspiel „Die Werwölfe vom Finsterwald“? Darin wird ein kleines Dorf von Werwölfen heimgesucht, die sich als ganz normale Einwohner tarnen. Die Bewohner des Dorfes müssen nun die Werwölfe identifizieren und ausschalten, um das Spiel zu gewinnen – die Werwölfe müssen als einzige Überleben und jeden Widersacher ausschalten.

Es geht also darum, seine Mitspieler glaubhaft zu belügen und zu beeinflussen. Ein Spielprinzip, dass prächtig funktioniert – und im Herbst 2020 in Form von „Among Us“ zu einem der meistgespielten Spiele des Jahres wurde.

Was ist „Among Us“?

„Among Us“ ist ein Strategiespiel für bis zu zehn Spieler, entwickelt vom amerikanischen Studio InnerSloth. Die bekannteste Karte spielt auf einem Raumschiff. Eine Runde dauert normalerweise zwischen zwei und zehn Minuten. Spieler bekommen vor dem Start einer Runde eine von zwei Rollen zugewiesen:

Entweder sind sie Crewmates (Crewmitglieder) und müssen verschiedene Wartungsarbeiten am Raumschiff erledigen. Dadurch füllen sie eine Fortschrittsleiste. Ist diese voll, haben sie gewonnen. Außerdem gewinnen die Crewmates, wenn sie alle Impostors (Betrüger) in einer Runde enttarnen.

In einem Raumschiff müssen die Spieler verschiedene Aufgaben erfüllen. Die Impostors müssen sie davon abhalten – oder gleich töten.
In einem Raumschiff müssen die Spieler verschiedene Aufgaben erfüllen. Die Impostors müssen sie davon abhalten – oder gleich töten. © InnerSloth | Screenshot Among Us

Von diesen Imposters gibt es pro Runde einen oder zwei. Ihre Aufgabe ist es, die Crewmates zu sabotieren – oder sie zu töten. Sie gewinnen, wenn es nur noch so viele Crewmates wie Imposter gibt. Alternativ können sie durch ihre Sabotageaktionen einen Countdown auslösen. Können die Crewmates den entstandenen Schaden nicht beheben, gewinnen ebenfalls die Impostors.

Stirbt ein Crewmate, hinterlässt er eine Leiche und wird zum Geist. Entdeckt eins seiner Teammitglieder die Leiche, kann er ein Notfalltreffen einberufen. Jetzt müssen die anderen Spieler diskutieren und demokratisch entscheiden, welcher von ihnen ein Impostors ist, den Mord begangen hat und dafür vom Raumschiff geworfen wird. Die Impostors versuchen natürlich, andere Spieler zu beschuldigen.

Wie viele Menschen spielen „Among Us“?

In den vergangenen 30 Tagen haben das Spiel durchschnittlich fast 95.000 Menschen täglich am PC gespielt. Das berechnet zumindest Steam, ein Spieleanbieter, über den „Among Us“ vertrieben wird. Als der Hype im Oktober am größten war, spielten bis zu 438.000 Menschen am Tag das Strategiespiel. Lesen Sie weiter:Verkaufsstart der Playstation 5 legt Websites lahm

Für das Spiel war dieses Jahr somit ein großer Erfolg. Denn seitdem es 2018 erschien, dümpelten die durchschnittlichen Spielerzahlen bei maximal 200 am Tag herum. Im Sommer 2020, genauer gesagt im Juli, begann dann der Siegeszug von „Among Us“, durch den es zwischenzeitlich sogar zum meistgespielten Spiel auf der Streaming-Plattform Twitch wurde.

Wie entstand der Hype um „Among Us“?

Die Spielerzahlen von „Among Us“ schossen ab Anfang Juli 2020 rapide in die Höhe, als einige amerikanische Streamer das Spiel entdeckten. Als ausschlaggebend gilt dabei „Sodapoppin“, ein Youtuber und Twitch-Streamer, der als einer der ersten Streamer für eine große Zuschauerzahl spielte.

Von da an stiegen die Spielerzahlen des Geheimtipps immer weiter – und schließlich landete „Among Us“ auch immer häufiger auf den Handys der Kinder und Jugendlichen hierzulande. Und die bunten Figuren, die sich auf dem Raumschiff gegenseitig sabotierten und ermordeten lösten bei einigen Eltern die Frage aus: Ist die Gewalt zu brutal für mein Kind?

Ist „Among Us“ jugendgefährdend?

Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), die Videospiele in Deutschland einstuft, hat zu „Among Us“ bisher keine Wertung abgegeben. Auf europäischer Ebene vergibt das niederländische Institut für die Klassifizierung audiovisueller Medien das sogenannte Pegi-Rating – und empfiehlt „Among Us“ für Kinder ab sieben Jahren.

In der Begründung zur Einstufung heißt es: „Es gibt eine milde Gewaltdarstellung im Spiel, die gegen Zeichentrickfiguren in Raumanzügen ausgeübt wird. Die Gewalt ist, ebenso wie die Reaktionen darauf, nicht realistisch.“

Neben der Einstufung ab sieben Jahren darf sich „Among Us“ sogar als Preisträger rühmen: Der Verein „Studio im Netz e.V.“, der alljährlich die pädagogisch wertvollsten Computerspiele für Kinder und Jugendliche kührt, zeichnete „Among Us“ um Jahr 2020 mit dem Pädagogischen Jugendpreis aus. Die Jury lobte das „stetige Misstrauen, dass man den Anderen gegenüber an den Tag legen muss“ und die „innovative Gruppendynamik“.

Auch interessant:Senioren zocken Games auf Youtube

In solchen Notfalltreffen beraten die Spieler darüber, wer von ihnen ein Impostor ist.
In solchen Notfalltreffen beraten die Spieler darüber, wer von ihnen ein Impostor ist. © InnerSloth | Screenshot Among Us

Sollte mein Kind „Among Us“ spielen dürfen?

Das kommt letztlich auf Sie an. Ein ernsthaftes Potenzial, Ihrem Kind zu schaden oder es zu traumatisieren, hat „Among Us“ nicht.

Die Website „spielbar.de“, die von der Bundeszentrale für politische Bildung betrieben wird, empfiehlt das Spiel allerdings erst ab 10 Jahren, „weil es eine gewisse Kommunikationskompetenz voraussetzt, um Fähigkeiten wie Pokern oder Bluffen zu verstehen und zu nutzen“, schreibt Andreas Langer in seinem Test zu „Among Us“. Er bescheinigt dem Spiel sogar einen pädagogischen Nutzen, „als Möglichkeit zur Schlichtung oder Konfliktbewältigung in Gruppen“.

Und nicht nur das:Gamer-Gehirne sind schneller als andere

Für alle Eltern, deren Interesse geweckt nun geweckt ist, fügt Langer in seinem Test noch hinzu: „Aufgrund der einfachen Steuerung [...] sollte es auch Eltern mit geringer bis keiner Spielerfahrung schnell gelingen, einen Zugang zu finden und das Spiel vielleicht auch mal gemeinsam mit den eigenen Kindern zu spielen.“