Berlin. Der Frauentag ist nur noch Folklore für Phrasendrescher, findet unsere Kolumnistin. Sie ist sehr wütend – und hat drei Forderungen.

Ich habe mir das alles reingezogen am Frauentag. Unzählige Kommentare übers Gendern. Interviews über Mental Load, die Doppelbelastung von Müttern. Warum Gendersternchen so wichtig und die feministische Außenpolitik so nötig ist – wobei kaum einer versteht, was das sein soll – aber das alles irgendwie nicht reicht, weil die Frauenbewegung auf der Stelle tritt.

Natürlich reicht es nicht. Die ganze Frauenbewegung stockt im Sumpf von Plattitüden, hängt fest im Schlick von unehrlichen Bekenntnissen. Es gibt keinen Kopf mehr, der sie anführt, nachdem sich Alice Schwarzer gerade im Nirwana der Putin-Versteher auflöst. Stattdessen erklingt ein eintöniges Gejammer, warum hier was nicht funktioniert und da was nicht passt.

Care-Arbeit wird immer wie Kehr-Arbeit ausgesprochen

Was, ich bin ungewohnt heftig? Stimmt. Ich bin auch ungewohnt heftig genervt vom Gelaber über die Verteilung von Care-Arbeit (wird immer wie „Kehr-Arbeit“ ausgesprochen, was ja auch passt, wenn es um Haus, Hof, Kinder und alte Eltern geht, ich habe zu Hause auch oft einen Besen in der Hand) und Erwerbsarbeit (Gehalt, Rente).

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Über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Doppelbelastung, Eltern-Burn-out. Fehlende Kitaplätze, zu wenig Männer in Elternzeit, Teilzeitfalle. Das ganze Drumherum um den Frauentag, diese Folklore mit den aufgesetzten Demos der Gewerkschaften, verursacht bei mir Übelkeit. Es kommt mir vor wie Loveparade und Karneval zusammen. Mag ich auch beides nicht.

Hubertus Heil, der Phrasendrescher-Experte, tobt sich richtig aus

Funke-Kolumnistin schreibt über Frauen, Familie und Gesellschaft.
Funke-Kolumnistin schreibt über Frauen, Familie und Gesellschaft. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Und dann zeigt Arbeitsminister Hubertus Heil, was er am besten kann: Phrasen dreschen. Etwa so: Mädchen brauchten Rollenvorbilder, schwadroniert er zum Thema Gender-Pay-Gap. Und setzt noch einen drauf: „Wenn junge Mädchen nicht erleben, dass es auch Pilotinnen gibt, dann gibt es wenig Orientierung und dann ist die Berufswahl immer eher sehr klassisch.“ Ja Mensch. Krasse Erkenntnis.

Das ganze Thema Berufswahl ist tatsächlich schlicht bevormundend. Es kann doch nicht sein, dass Frauen in Männerberufen arbeiten müssen, damit sie genug verdienen. Der richtige feministische Ansatz ist: Frauen wählen den Beruf, den sie mögen – ob sie nun Bagger fahren, Haare schneiden oder eben Flugzeuge fliegen – aber sie sollen von ihrem Verdienst ordentlich und vor allem unabhängig leben können. Und zwar auch im Alter. Also hier meine erste Forderung: Rauf mit den Gehältern von Friseurinnen, Floristinnen, Pflegerinnen. Sind schließlich schöne, wichtige Berufe.

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Was mich auch nervt, ist das Gebot der Vollzeitarbeit, schon damit bei der Rente niemand benachteiligt ist. Tatsächlich macht so das Familienleben mit kleinen Kindern am wenigsten Spaß. Immer sind alle im Stress, jede kranke Erzieherin wird zur Krise, jede laufende Nase auch. Kein Wunder, dass viele ambitionierte Mütter aufgeben mit dem Vollzeitjob.

Teilzeit muss auch möglich sein – dann aber mit vollem Rentenausgleich

Dazu sollten sie auch das Recht haben. Aber, und hier kommt die zweite Forderung, keine Teilzeit ohne Rentenausgleich! Zumindest, solange die Kinder klein sind. Erziehung ist schließlich Arbeit, die dem Gemeinwohl nutzt.

Und dann das Ehegattensplitting. Dabei wird das Einkommen der Eheleute addiert und durch zwei geteilt. Die darauf anfallende Einkommensteuer wird dann verdoppelt. Für den Hauptverdiener lohnt sich das dann richtig, wenn die Partnerin nicht arbeitet. Zur Belohnung fürs Zu-Hause-Arbeiten ist sie auch noch beitragsfrei in der Krankenkasse versichert.

Verdient sie Teilzeit über einen Minijob hinaus dazu, wird sie allerdings abkassiert, weil sie steuerlich genauso behandelt wird wir ihr Mann, der Vollzeit arbeitet – und muss auch noch die Krankenversicherung zahlen. Jede Frau, die so vom Arbeiten abgehalten wird, ist eine zu viel. Ich frage mich wirklich, wie es die Politik in Zeiten von Fachkräftemangel bei dem Steuersystem aus Adenauer-Zeiten belassen kann, das in die Hausfrauenehe mit der damit verbundenen Altersarmut führt.

Also ganz klar, Forderung drei: Weg mit dem Ehegattensplitting. Weg mit der beitragsfreien Hausfrau in der Krankenversicherung. Zu Hause bleiben darf sich finanziell nicht lohnen. Denn das macht im Alter arm. Da frage ich Sie doch mal, Hubertus Heil: Warum schweigen Sie dazu?

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