Florenz. Der Tourismus in Italien floriert, aber es fehlt an Arbeitskräften. Woran das liegt und wie die italienische Regierung nun reagiert.

Florenz erlebt zurzeit Hochkonjunktur. In den Tagen vor Ostern drängen sich Massen von Touristen durch die engen Gassen des Stadtzentrums bis zur Piazza della Signoria und nehmen dessen eindrucksvollste Plätze in Beschlag. Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Welt scharen sich um die David-Statue, eine der beliebtesten Attraktionen der toskanischen Hauptstadt.

Gruppen ausländischer Touristen stürmen Eisdielen und beschaffen sich ein Gelato. Bars und Restaurants sind voll, Hotels und Ferienwohnungen über die Osterfeiertage ausgebucht. Die Misere der Corona-Jahre ist die für Metropole vergessen.

Urlaub in Italien: Tourismus in Florenz steht vor Problemen

Dennoch ist Florenz, wie die anderen italienischen Kunststädte von neuen Problemen belastet. Restaurants streichen ihre Speisekarten zusammen oder führen mehr Ruhetage ein. Hotels bieten bestimmte Services nicht mehr an. Grund ist der Personalmangel, der sich klar spürbar macht. Unter anderem fehlen ausgebildete Köche, Rezeptionistinnen oder Kellner und es ist abzusehen, dass noch mehr Beschäftigte abwandern.

Gegen das akute Problem des Personalmangels in mehreren Wirtschaftssektoren, darunter Gastronomie, Tourismus und Freizeitindustrie, plant die italienische Regierung jetzt Anreize für die Arbeit an Wochenenden. Davon soll vor allem der Fremdenverkehr profitieren. "Im Tourismus gibt es eine große Beschäftigungsmöglichkeit, aber für junge Menschen ist die Arbeit an Samstagen oder Sonntagen ermüdend, sie sind mehr auf Lebensqualität und Freizeit bedacht. Wir denken über Anreize nach, damit diejenigen, die an Feiertagen arbeiten, deutlich mehr verdienen als an normalen Tagen", berichtet Tourismusministerin Daniela Santanché.

Italiens Regierung: Darum werden Anreize gesucht

Aldo Cursano, stellvertretender Vizepräsident des Fipe-Verbands, fordert eine gemeinsame Strategie mit den Institutionen, den Sozialpartnern und den Unternehmen, um vor allem die neuen Generationen zum Einstieg in die Tourismus-Branche und in die Gastronomie zu bewegen.

Viele Jugendliche würden jedoch nicht gern abends und an Wochenenden arbeiten, wie ein Beruf im Tourismus oder in der Gastronomie es erfordere, beklagte Cursano. Er erklärte, dass während der Pandemie viele Gastronomie-Betriebe schließen mussten. Das Personal habe sich nach anderen Jobs umgesehen und dem Sektor auch nach Ende der Pandemie den Rücken gekehrt.

Italien: Zu wenige junge Menschen?

Andere Faktoren spielen ebenso eine Rolle, unter anderem der demografische Rückgang, der Italien schwer belastet. Zwischen 2018 und 2021 schrumpfte die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) erheblich, mit einem Rückgang von 636.000 Personen, davon 262.000 unter 35 Jahren.

Ein weiterer Grund ist, dass vor drei Jahren in Italien eine Mindestsicherung nach dem Hartz IV-Vorbild eingeführt wurde. Da blieben viele junge Leute lieber daheim und nähmen keine Stellen an, bemängeln Kritiker der Sozialmaßnahme, die 2019 von einer Mitte-Links-Regierung eingeführt wurde und die die rechtspopulistische Premierministerin Giorgia Meloni jetzt abschaffen will. Junge Italiener sollten auf den Feldern arbeiten und Obst pflücken, anstatt zu Hause auf dem Sofa zu faulenzen und vom Grundeinkommen zu profitieren, betonte Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida.

Italien: Migration als Lösung?

Der Minister aus den Reihen der Meloni-Partei "Fratelli d Italia" fügte hinzu, dass die Regierung sichere Kanäle für legale Migranten einrichten werde, die in den italienischen Feldern arbeiten sollen. "Auf dem Land werden Arbeitskräfte gebraucht. Junge Italiener müssen wissen, dass es nicht unwürdig ist, in der Landwirtschaft zu arbeiten. Dagegen ist es alles andere als ein Vorbild, nicht zu arbeiten, auf der Couch zu liegen und mit dem Bürgergeld auf den Schultern des Staates zu Lasten", sagte Lollobrigida.

Zum Thema der legalen Migrantenströme erklärte Lollobrigida: "Es besteht der Wille, die legalen Migrationswege ernsthaft zu organisieren, die illegale Einwanderung zu bekämpfen und die Menschen in den Herkunftsländern der Migranten auszubilden."

Die Politik ist wegen des Personalmangels schwer besorgt. Diskutiert wird über die Einführung eines gesetzlich festgelegten Mindestlohns von 9 Euro netto pro Stunde, wogegen sich die Industriellen jedoch wehren.