Berlin. Der Corona-Impfstoff von Astrazeneca hat einen schlechten Ruf. Die Impfkommission empfiehlt ihn jetzt jedoch auch für ältere Menschen.

  • Zunächst sollten Menschen über 65 Jahren nicht mit dem Corona-Impfstoff von Astrazeneca geimpft werden
  • Diese Einschätzung hat sich inzwischen geändert
  • Grund dafür sind auch die überraschenden Ergebnisse einer Studie aus Schottland - das müssen Sie jetzt wissen

Zum Teil schwere Nebenwirkungen, geringere Wirksamkeit: Der Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca gilt als das Sorgenkind unter den bislang zugelassenen Vakzinen gegen Covid-19. Zahlreiche Dosen des Mittels bleiben in Deutschland unverimpft liegen.

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Astrazeneca: Empfehlung auch für ältere Menschen

Nun deuten wissenschaftliche Erkenntnisse aus Schottland darauf hin, dass der Impfstoff besser ist als sein Image. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt den Impfstoff deshalb nun auch für ältere Menschen.

Spahn will jetzt auch Ältere mit Astrazeneca-Vakzin impfen

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Ergebnisse der Studie auf dem Schirm. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums empfiehlt die Stiko den Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers künftig auch für Menschen ab 65 Jahren.

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    „Das ist eine gute Nachricht für alle Älteren, die auf eine Impfung warten. Sie können schneller geimpft werden“, sagte Spahn am Donnerstag. Die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ berichtete, eine entsprechende Stellungnahme der Stiko sei seit Mittwoch fertig, es liefen noch Abstimmungen. Eine Veröffentlichung der Kommission dazu gab es am Donnerstag zunächst nicht. Lesen Sie hier: Christian Drosten widerspricht Einschätzung zu Astrazeneca-Impfstoff in der Bevölkerung.

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    Astrazeneca und Biontech: Was die Impfungen für Ältere bedeuten

    Das Risiko eines Klinikaufenthalts wegen Covid-19 wird der schottischen Studie zufolge bereits durch die erste der zwei Impfungen mit dem Astrazeneca-Mittel um bis zu 94 Prozent reduziert. Das geht aus einer Analyse mehrerer Universitäten des Landes und der Gesundheitsbehörde Public Health Schottland hervor, die vergangene Woche veröffentlicht wurde. Überraschend: Das Risiko einer Hospitalisierung nach der ersten Biontech/Pfizer-Dosis verringert sich demnach „nur“ um 85 Prozent.

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      Die Werte beziehen sich auf die vierte Woche nach Erhalt der ersten Dosis. Verglichen wurde, wie viel Prozent weniger Klinikeinweisungen es bei erstmals Geimpften als bei noch nicht geimpften Menschen gab.

      Für die noch nicht in einem Fachmagazin erschienene Untersuchung griffen die Wissenschaftler auf die Daten von 5,4 Millionen Daten zurück, was fast die komplette schottische Bevölkerung ausmacht. Zwischen dem 8. Dezember und dem 15. Februar wurden in Schottland rund 1,14 Millionen Corona-Impfstoffdosen an rund 21 Prozent der Bevölkerung verabreicht. 650.000 Menschen in Schottland erhielten das Vakzin von Biontech/Pfizer, 490.000 das Präparat von Astrazeneca.

      Corona: Impfeffekte auch bei älteren Menschen

      Auch bei älteren Menschen zeigte die Impfung deutliche Effekte: Bei den über 80-jährigen Menschen ging das Risiko, wegen Covid-19 ins Krankenhaus zu müssen, in der vierten Woche nach der ersten Dosis um 81 Prozent zurück, wie es in der Studie heißt. Die Zahl bezieht sich auf beide Impfstoffe: In Großbritannien wird der Astrazeneca-Impfstoff in allen Altersgruppen verimpft.

      Die Ergebnisse der Untersuchung lassen sich laut Studienautoren auch auf andere Länder anwenden, welche die Vakzine von Astrazeneca und Biontech/Pfizer verimpfen.

      Stiko hat Astrazeneca-Empfehlung geändert

      Anders als die EU-Arzneimittelbehörde EMA hatte die Stiko den Impfstoff zunächst nur für Menschen zwischen 18 und 64 Jahren empfohlen, weil Daten zur Wirkung bei Älteren fehlen. Das Vakzin trifft seither bei vielen Menschen auf Vorbehalte.

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      Bund und Länder hatten am Mittwoch in ihrem Beschluss zum weiteren Corona-Vorgehen festgestellt, dass der Impfstoff ausweislich von Studienergebnisse aus Großbritannien generell eine hohe Wirksamkeit aufweise. Dies ist auch in der älteren Bevölkerung der Fall.

      „Dazu erwarten Bund und Länder eine kurzfristige Entscheidung der Stiko über die Empfehlung des Impfstoffs für die Bevölkerungsgruppe über 65 Jahre, um die Impfterminvergabe entsprechend zügig anpassen zu können, damit der Impfstoff schnell und priorisierungsgerecht verimpft werden kann“, hieß es in dem Beschlusspapier des Corona-Gipfels vom Mittwochabend. Dieser Punkt dürfte jetzt umgesetzt sein.

      Stiko-Chef über Astrazeneca-Empfehlung: „Das Ganze ist irgendwie schlecht gelaufen“

      Die Ständige Impfkommission hatte bereits letzte Woche angekündigt, ihre Empfehlung zum Präparat von Astrazeneca überdenken zu wollen. „Das Ganze ist irgendwie schlecht gelaufen“, sagte der Chef der Kommission, Thomas Mertens, damals im ZDF-„heute journal“.

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      Der Vize-Chef von Astrazeneca in Deutschland stellt eine „Verzerrung der Wahrnehmung“ beim Imageproblem des Impfstoffs fest. „In Deutschland wird der Impfstoff vor allem bei Jüngeren, also Berufstätigen eingesetzt. Diese haben generell stärkere Immunreaktionen und können sich - anders als Rentner - auf der Arbeit krank melden“, sagte Klaus Hinterding, deutscher Vize-Chef des Pharmaunternehmens, der Deutschen Presse-Agentur. „Das hat in Deutschland zu einer Verzerrung der Wahrnehmung geführt.“

      (raer/te/bml/afp/dpa)