Berlin. Der Fall „Dutroux“ hatte Belgien erschüttert. Jetzt will der Kindermörder laut Medienberichten vorzeitig aus der Haft entlassen werden.

Es war eins der grausigsten Verbrechen der Geschichte des Landes: Der Fall „Dutroux“ hatte in den 90er Jahren Belgien tief erschüttert. Nun unternimmt der belgische Kindermörder Marc Dutroux (62) nach 23 Jahren im Gefängnis einen weiteren Versuch, vorzeitig aus der Haft entlassen zu werden.

Am 17. Oktober werde sich ein Brüsseler Gericht mit dem Antrag befassen, so die belgische Tageszeitung „Het Laatste Nieuws“ ohne Angaben von Quellen.

Vier Tote Mädchen – Dutroux’s Taten schockierte Belgien

Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Michelle Martin hatte Marc Dutroux Verbrechen verübt, die als beispiellos grausam galten: Sechs Mädchen wurden entführt, gefoltert und vergewaltigt. Vier der Opfer starben. Seit 1996 ist Dotroux in Haft, 2004 wurde er zu lebenslang verurteilt. Bereits 2013 wollte er vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen werden und den Rest der Strafe mit einer elektronischen Fußfessel verbüßen. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt.

Eine lebenslange Haft beträgt in Belgien in der Regel 30 Jahre. Eine vorzeitige Entlassung ist möglich, wenn Verurteilte mindestens zwei Drittel ihrer Strafe verbüßt haben. Dutroux’ Anwalt Bruno Dayez hatte im vergangenen Jahr ein Buch mit dem Titel „Pourqoui libérer Marc Dutroux“ (auf Deutsch: „Warum Marc Dutroux freigelassen werden sollte“) veröffentlicht. Darin argumentierte er, dass jeder Mensch nach einer bestimmten Zeit das Recht auf ein neues Leben in der Gesellschaft habe.

Zwei Mädchen aus Kellerverlies befreit

Vor Gericht kam dann eine Geschichte des Grauens ans Tageslicht: Am 15. August 1996 hatte die Polizei zwei junge Mädchen aus einem Kellerverlies befreien können. Sie waren gefangen gehalten und mehrfach sexuell missbraucht worden. Im Keller seines Hauses hatte der arbeitslose Elektriker eine ehemalige Wasserzisterne zu einem Verlies umgebaut.

2,15 Meter lang, nicht einmal einen Meter breit und 1,64 Meter hoch war die Zelle, in der er seine Opfer bis zu 100 Tage gefangen hielt. Polizeifotos der Kammer zeigen Antibabypillen auf dem kleinen Tisch, einen Fernseher, auf der Matratze ein zerknittertes Laken. Nach den Vergewaltigungen soll Dutroux seinen Opfern Schokolade gegeben haben, manchmal steckte er ihnen auch ein paar Geldscheine zu.

Lebensgefährtin Michelle Martin ging mit ihm auf „Kinderjad“

Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Michelle Martin wurde Marc Dutroux verurteilt. Die Richter erklärten: Martin hatte das Auto gefahren, mit dem das Ehepaar auf „Kinderjagd“ gegangen war. Die Verteidigung hatte sie vor Gericht als willenloses Werkzeug ihres gewalttätigen Mannes dargestellt.

Das Gericht sah jedoch ihre Mitschuld an den Verbrechen ihres Mannes, insbesondere wurde ihr der Hungertod der beiden Mädchen Mélissa Russo und Julie Lejeune schwer zur Last gelegt. Sie wurde zu 30 Jahren Haft verurteilt.

Resozialisierung im Kloster

Ende Juli 2012 entschied die belgische Justiz, Michelle Martin wegen guter Führung auf Bewährung und unter Auflagen vorzeitig nach 16 Jahren Haft freizulassen. Als Resozialisierungsmaßnahme sollte Martin in ein Kloster der Armen Schwestern der heiligen Klara von Assisi in Malonne bei Namur ziehen. Nonne war Martin aber nicht.

Als das Kloster geschlossen wurde, wurde Martin gestattet, ihren neuen Wohnort frei zu wählen. Sie darf Belgien allerdings nicht verlassen. (dpa/pek)