Berlin. Das Coronavirus wird mit jeder neuen Variante schwerer angreifbar für bestehende Antikörper. Forscher haben nun einen Ausweg entdeckt.

Die Pandemie gleicht im Kern der Jagd zwischen Katz und Maus oder Hase und Igel. Wissenschaftlich gesprochen: Das Coronavirus ändert sich fortlaufend, immer wieder tauchen weltweit neue Varianten auf. Mit jeder neuen Mutation aber wird Sars-CoV-2 für schon existierende Antikörper-Medikamente und Impfstoffe schwerer angreifbar. Das Coronavirus scheint stets einen Schritt voraus.

Eine neue Studie macht nun Hoffnung auf einen Ausweg: Neu entdeckte Antikörper sollen Sars-CoV-2 an einer sensiblen Stelle treffen – die sich nicht mit jeder Mutation verändert. Ein solcher Allzweck-Antikörper könnte im besten Fall gegen alle bisherigen und auch noch kommende Varianten eine wirksame Therapie ermöglichen – bis dahin könnte es allerdings noch dauern.

Corona: Allzweck-Antikörper könnte alle Corona-Varianten ausschalten

Auf die Spur gekommen ist diesem universellen Antikörper ein Forscherteam der Universität von Alabama (Birmingham/USA). Die Studie zum Fund ist im Fachmagazin „Plos Pathogens“ veröffentlicht. Die Suche nach einem solchen Ansatz betreiben Wissenschaftler schon seit Monaten. Das Team aus Alabama entdeckte nun im Blut von Patienten, die an Covid-19 erkrankt waren, nun offenbar vier verschiedene Antikörper, die in der Lage waren, das Coronavirus einschließlich der Beta- und Omikron-Varianten zu neutralisieren.

Darunter fanden sie einen besonders wirksamen Antikörper namens „1249A8“. Dessen besondere Fähigkeit: Die sensible Stelle, an denen dieses das Spike-Protein des Coronavirus angreift. Mithilfe des wichtigen Spike-Proteins – Stacheln auf der Virushülle – dringt das Virus in menschliche Zellen ein.

Universeller Antikörper gegen Omikron und Co. greift Virus-Schwachstelle an

Bestehende Antikörper konzentrierten sich bisher auf die Spitze des Spike-Proteins und blockierten dort Andockstellen. Nachteil: Die Spitze des Spike-Proteins ändert sich mit jeder neuen Corona-Variante. Durch ständige Mutationen gelingt es dem Virus, Antikörpern – etwa aus Medikamenten, Impfstoffen oder nach einer Infektion –, besser auszuweichen. Bis Forscher neue Antikörper-Mittel entwickeln. Der nun entdeckte 1249A8 dagegen attackiert statt der Spitze den Stil des Spike-Proteins. Vorteil. Der Stil bleibt bei alten und neuen Corona-Varianten gleich und ist zugleich unverzichtbar – eine sensible Schwachstelle des Virus.

In einer Mitteilung spricht die University of Alabama über 1249A8 als einen „Top Performer“ unter den Antikörpern. Er solle nicht nur gegen aktuelle Varianten von Sars-CoV-2 wirksam sein. Auch gegen frühere Varianten wie Sars-CoV (Auslöser einer Pandemie in den Jahren 2002 und 2003) sowie gegen Mers-CoV (2012 in Saudi-Arabien) und gegen im Vergleich harmlose Erkältungs-Coronaviren habe 1249A8 in der Studie neutralisierende Wirkung gezeigt.

Neu entdeckte Antikörper greifen Coronavarianten wie Omikron am Stil des Spike-Proteins an.
Neu entdeckte Antikörper greifen Coronavarianten wie Omikron am Stil des Spike-Proteins an. © iStock | istock

Corona-Antikörper: Grundlagenstudie in frühem Stadium

Bis zum möglichen Einsatz beim Menschen dürfte es allerdings noch dauern. Die Studie befindet sich noch im Stadium der Labor- und Tierversuche, die sich oft nicht ohne Weiteres auf Menschen übertragen lassen. Im ersten Schritt habe 1249A8 schon bei Mäusen eine Erkrankung verhindern können, erklärten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Auch bei Hamstern habe eine Mixtur mit einem weiteren Antikörper angeschlagen, der die Viruslast des Tieres deutlich gesenkt habe.

Für die Behandlung von Menschen sei künftig das Präparat namens AR-701 vorgesehen. Dieses solle über die Atemwege inhaliert werden – und im besten Fall über ein Jahr lang wirksam schützen. Die Forscher hoffen zudem, dass ihre neue Studie auch den Weg ebnet zur Entwicklung von Universal-Impfstoffen gegen Coronaviren. Das Unternehmen Aridis arbeite bereits daran, die neu entdeckten Antikörper anzupassen, um ihre Wirksamkeit zu verlängern.

Von „entscheidender Bedeutung“, hieß es, sei die derzeitige Suche nach neuen Allzweck-Mitteln und Impfstoffstrategien, die universell das Coronavirus in jeder Form bekämpfen könnten. (fmg)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.