Berlin. Schon bald könnten Corona-Impfungen starten. Unklar bleibt, wer zuerst immunisiert wird – und wie viele Dosen zur Verfügung stehen.

  • Bald könnte es zu ersten Impfungen gegen das Coronavirus kommen
  • Mehrere Impfstoff-Kandidaten stehen vor der Zulassung
  • Doch wer wird zuerst geimpft?

Anfang 2021 könnten die ersten Menschen in Deutschland gegen eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus geimpft werden, vielleicht sogar schon früher. Das ist die Einschätzung der Bundesregierung, nachdem das Mainzer Unternehmen Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer am Montag angekündigt hatten, noch in diesem Monat die Zulassung für ihren Corona-Impfstoff zu beantragen. Lesen Sie dazu: Biontech weckt Hoffnung auf Impfstoff – Wie geht es weiter?

Doch klar ist auch: Bis die Menschen zur Vor-Corona-Normalität zurückkehren werden, wird es noch lange dauern. Die Impfstoffmenge wird anfangs nicht ausreichen, um alle Interessierten gleichzeitig zu immunisieren. Daher braucht es eine Impfstrategie . Lesen Sie dazu: Stiko-Chef: Corona-Impfung der Bevölkerung dauert bis 2022

Wir haben die Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengefasst:

Corona: Wann genau ist mit dem Impfstart zu rechnen?

Dass ein Impfstoff – oder sogar mehrere Impfstoffe – gegen das Coronavirus bis Anfang 2021 zur Verfügung stehen könnte, ist schon lange im Gespräch. Sowohl das PEI, das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, als auch die Ständige Impfkommission (Stiko) hatten diese Prognose schon im Sommer abgegeben.

Das PEI ist stets an der Bewertung und Zulassung von Impfstoffen in Europa beteiligt, häufig sogar federführend. Die Zulassung selbst erfolgt durch die EU-Kommission. Auch die Stiko , ein vom Gesundheitsministerium berufenes Expertengremium, stützte die Einschätzung schon lange.

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    Nach den Erfolgsmeldungen von Biontech über eine 90-prozentige Wirksamkeit ihres Corona-Impfstoffes wächst die Hoffnung, dass es vielleicht sogar noch schneller gehen könnte. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hält die Meldungen für „sehr ermutigend“.

    „Stand heute wird es wahrscheinlich so schnell wie noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte einen Impfstoff gegen ein neues Virus geben können“, sagte Spahn am Montag. Es sei aber nicht „in den nächsten vier Wochen“ mit der Lieferung eines Impfstoffs zu rechnen.

    Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, erklärt vor der Presse, wie die Verteilung eines Corona-Impfstoffs geregelt werden soll.
    Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, erklärt vor der Presse, wie die Verteilung eines Corona-Impfstoffs geregelt werden soll. © dpa | Michael Kappeler

    Geimpft werden soll in Deutschland in Impfzentren, zudem sollen mobile Impfteams etwa in Pflegeeinrichtungen gehen. Spahn sagte: „In den nächsten sechs, acht, zehn Wochen werden nach und nach diese Impfzentren in der Vorhaltung sein.“ Auch interessant: Bringt uns die Corona-Impfung das normale Leben zurück?

    Wer wird die Impfstrategie erstellen und auf welcher Grundlage?

    Der Bund hatte die Stiko schon lange damit beauftragt, zu empfehlen, wer zuerst geimpft werden soll. Ziel ist es, die verfügbaren Impfstoffmengen „bestmöglich einzusetzen“.

    Bereits im Sommer hatte die Stiko den Bedarf einer gerechten Verteilung betont. Es gehe auch um „ethische Aspekte wie Gerechtigkeit und Fairness“. Zudem müsste der Impfstoff so eingesetzt werden, dass weitere schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle vermieden werden. „Dazu müssen Erkenntnisse zu alters- oder berufsspezifischen Infektionsrisiken und zur Qualität des Impfstoffes vorliegen.“

    Diese würden anhand eines mathematischen Modells beurteilt. Die Entwicklung des Modells liegt in der Verantwortung des Robert Koch-Instituts. Eine Arbeitsgruppe sei damit seit Mai befasst. Neue Daten würden laufend hinzugefügt.

    Eine Debatte über eine Impfstrategie wird auch im Bundestag geführt. So wurde am Montagvormittag im Coronakabinett über die Nationale Impfstrategie von Gesundheitsminister Spahn gesprochen. Beschlüsse wurden bislang allerdings nicht gefasst.

    Impfstoff von Biontech und Pfizer: Wer soll zuerst geimpft werden?

    In einem am Montag vorgestellten Positionspapier konkretisieren der Deutsche Ethikrat, die Stiko und die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina einen möglichen Fahrplan: Sie empfehlen eine bevorzugte Corona-Schutzimpfung von gesundheitlich oder beruflich besonders stark gefährdeten Menschen.

    Für die Verteilung sollten vorab Regeln gesetzlich klar fixiert werden, raten die Wissenschaftler. Die anfangs knappen Impfdosen müssten in der ersten Phase nach der Zulassung so eingesetzt werden, dass der „größte Nutzen“ für die Gesellschaft insgesamt dabei entstehe, sagte der Vorsitzende der Impfkommission, Thomas Mertens.

    Die Expertinnen und Experten geben dafür folgende Empfehlung ab:

    • Die Impfdosen sollten vorrangig Menschen zur Verfügung stehen, die wegen ihres Alters und wegen Vorerkrankungen ein stark erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben
    • Das treffe in hohem Maße auf Bewohner von Alten- und Pflegeheimen zu, sagte die Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx
    • Dazu kommen demnach Beschäftigte im Gesundheitsbereich , die aus beruflichen Gründen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind
    • Außerdem sollen bevorzugt Menschen geimpft werden, die in staatlich und gesellschaftlich wichtigen Bereichen arbeiten wie Polizisten und Rettungskräfte , aber auch Lehrer und Erzieher

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    Impfstoffbeschaffung: Wie viele Dosen werden in Deutschland zur Verfügung stehen?

    Über die Anzahl der Biontech-Impfdosen, die nach erfolgreicher Zulassung Deutschland zur Verfügung stehen sollen, gibt es unterschiedliche Auffassungen. Während Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von bis zu 100 Millionen Dosen des Serums spricht, muss aus Angaben der EU-Kommission rechnerisch von lediglich 56 Millionen Impfdosen für Deutschland ausgegangen werden.

    Hintergrund ist folgender: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte für Mittwoch die Billigung eines Liefervertrags mit Biontech und Phizer an. Der Vertragsabschluss über 300 Millionen Dosen für die EU werde am Mittwoch erfolgen, erklärte von der Leyen am Dienstag. Die EU-Kommission hatte den Vertrag zur Lieferung des vielversprechenden Impfstoffs am Dienstag abgeschlossen. Der Vertrag sei in trockenen Tüchern, hieß es aus Kommissionskreisen.

    Wie Biontech am Dienstag mitteilte, schlossen Biontech und Phizer bislang Lieferverträge über 570 Millionen Impfstoffdosen mit Regierungen ab, dazu kommen noch Optionen für weitere 600 Millionen Dosen.

    Biontech und Pfizer gingen demnach davon aus, im Fall eines erfolgreichen Abschlusses der Tests und einer Zulassung in diesem Jahr noch 50 Millionen Dosen und im nächsten Jahr bis zu 1,3 Milliarden Dosen ausliefern zu können. Pro Impfung werden zwei Dosen benötigt. Lesen Sie auch: Biontech-Gründer: Dieses Ehepaar macht der Welt Hoffnung

    Zu den Vertragspartnern der Unternehmen gehören neben der EU auch die USA, Kanada, Großbritannien und Japan . Mit der EU gibt es einen Vorvertrag zur Reservierung von 200 Millionen Dosen und eine Lieferoption für weitere 100 Millionen Dosen.

    Bei dem Vertrag mit der EU handele sich um den vierte Vertrag mit einem Pharmaunternehmen über den Kauf von Impfstoffen. „Und weitere werden folgen“, kündigte Kommissionschefin von der Leyen an.

    Die EU-Kommission bekräftigte ferner, dass alle EU-Staaten gemäß ihrem Bevölkerungsanteil Impfstoff zugewiesen bekommen sollten. Rechnerisch wären dies für Deutschland bei dem Mittel von Pfizer und Biontech maximal 56 Millionen Dosen .

    Spahn sagte dagegen am Dienstag vor Journalisten in Berlin, er gehe davon aus, dass die Bundesrepublik „bis zu 100 Millionen“ Impfdosen erhalten werde. Ein Sprecher der EU-Kommission bekräftigte in Brüssel auf AFP-Anfrage jedoch, dass bei der Verteilung des Impfstoffs weiterhin der Anteil an der EU-Bevölkerung einziges Kriterium sei.

    (mit dpa/afp)