Berlin. Nach den Ausfällen um Astrazeneca waren die zusätzlich von Biontech gelieferten Impfdosen ein Segen. Doch damit ist im Juli Schluss.

  • Das Pharmaunternehmen Biontech wird im Juli weniger Impfdosen liefern als noch im Juni
  • Der Impfstoff ist ein integraler Bestandsteil der deutschen Impfkampagne - vor allem wegen seiner Verträglichkeit und Beliebtheit
  • Kommt die Impfkampagne nun ins Stocken?

Der für die deutsche Impfkampagne wichtigste Hersteller Biontech wird im Juli deutlich weniger Impfdosen liefern als im Juni. Das hat aber laut Bundesgesundheitsministerium damit zu tun, dass Biontech im zweiten Quartal deutlich mehr Impfstoff geliefert habe, als vertraglich vereinbart. Rund 50 Millionen Dosen werden bis Ende Juni erwartet. "Es war aber immer klar, dass die Gesamtmenge, die Biontech liefert, im 3. Quartal sinken wird und insgesamt bei 40,2 Mio. liegen wird", sagte eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums dieser Redaktion. Dies sei auch immer so an die Bundesländer kommuniziert worden.

Man habe den Vertrag für das zweite Quartal schlicht übererfüllt, "um die Impfkampagnen in Europa und damit auch in Deutschland zu unterstützen und zu beschleunigen“, sagte eine Sprecherin von Biontech gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Das Magazin "Business Insider" hatte ursprünglich berichtet, dass Biontech seine Impfstofflieferungen reduzieren würde und sich auf Zahlen aus der Lieferprognose des Bundesgesundheitsministeriums berufen.

Für Juli lägen vom Unternehmen bisher nur für die 1. Woche konkrete Prognosen vor, informiert das Bundesgesundheitsministerium. Nach der Gesamtmenge sei jedoch ein Durchschnitt von rund 3,3 Millionen Dosen pro Woche zu errechnen. Laut einer veröffentlichten neuen Übersicht werden in der Woche ab 5. Juli gut 3,2 Millionen Dosen von Biontech erwartet. In der laufenden Woche sind es demnach 4,6 Millionen Dosen. In den beiden Wochen vom 21. und vom 28. Juni sollen je 5,7 Millionen Dosen kommen.

Darum ist Biontech so wichtig für die Impfkampagne

Nach dem Debakel um Astrazeneca mit gebrochenen Lieferversprechen, unerwarteten Nebenwirkungen und entsprechendem Ansehensverlust, waren die zusätzlichen Dosen von Biontech wichtig für den bisherigen Verlauf der Impfkampagne in Deutschland. Der Ausfall oder die Ablehnung von Astrazeneca wurde hauptsächlich mit diesen Dosen kompensiert. Welche Auswirkungen hat das Ende der Übererfüllung des Liefervertrags also auf die deutsche Impfkampagne?

"Leider droht eine Verlangsamung der Impfkampagne", twitterte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Defacto sei man immer mehr auf Biontech und Moderna angewiesen. "Astrazeneca wird abnehmend gewünscht, Johnson & Johnson kaum geliefert und CureVac fällt aus."

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Johnson & Johnson hat mit Mängeln in der Produktion zu kämpfen. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat in einem Werk des US-Konzerns einen Großteil des dort hergestellten Impfstoffes beanstandet und nicht freigegeben. Mehrere Ladungen seien unter anderem wegen möglicher Verunreinigung nicht mehr benutzbar, weitere Ladungen würden noch untersucht, teilte die FDA mit. Laut US-Medienberichten sind 60 Millionen Dosen futsch. Nach Angaben der EU-Kommission kann Johnson & Johnson nun sein Lieferziel bis Ende Juni nicht mehr einhalten.

Auch Curevac kann nicht liefern – Spahn schreibt Impfstoff wohl ab

Schlechte Nachrichten gibt es wie von Lauterbach angedeutet auch bei dem Tübinger Impfstoffhersteller Curevac. Dort wurde genau wie bei Biontec ein mRNA-Impfstoff entwickelt. Er galt lange als höchst vielversprechend und als Hoffnungsträger für die Impfkampagne. Noch im April hatte das Unternehmen angegeben, auf eine Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA im Mai zu hoffen.

Doch Curevac musste seinen Zeitplan korrigieren. Es fehlen noch finale Datensätze über die Wirksamkeit des Vakzins, was genau daran Zweifel aufkommen lassen. Laut einem Bericht des "Mannheimer Morgen" plant Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schon gar nicht mehr dem Tübinger Impfstoff für die laufende Kampagne. Er soll gegenüber den Gesundheitsministern der Länder sogar von einer „der größeren Enttäuschungen“ gesprochen haben.

Wird die Delta-Variante zum Stolperstein für Öffnungsschritte?

Moderna ist der einzige Impfstofflieferant bei dem laut aktuellen Prognosen ab Juli mit mehr Impfstoff zu rechnen ist. Es ist jedoch bei weitem nicht so viel um das aktuelle Tempo der Impfkampagne aufrecht zu erhalten. Die wöchentlichen Lieferungen steigen in den ersten beiden Juli-Wochen der Prognose zufolge mit 733.000 gegenüber Ende Juni leicht – hier liegt die Zahl bei gut 622.000.

Lauterbach warnte im Magazin "Spiegel" davor, dass eine stockende Impfkampagne wegen der zunehmenden Verbreitung der Delta-Variante zur Unzeit käme. "Um eine Herdenimmunität auch gegen die Delta-Variante zu erreichen, brauchen wir noch mal ungefähr 60 Millionen Impfstoffdosen, Kinder nicht mitgerechnet", sagte Lauterbach. Wenn sich das Impftempo verlangsame, müsse bei zusätzlichen Öffnungsschritten gebremst werden.

(jas/dpa)