Berlin. Bislang gab es für Kleinkinder in Deutschland keinen zugelassenen Corona-Impfstoff. Das ist nun anders. Was Eltern jetzt wissen müssen.

Für vier Millionen kleine Bundesbürger gab es bislang keinen zugelassenen Corona-Impfstoff: Kinder unter fünf Jahren mussten sich erst mit dem Virus infizieren, um eine Immunität aufzubauen. Nur in Ausnahmefällen wurden besonders gefährdete Kleinkinder im „off label“-Verfahren geimpft. Das ändert sich jetzt: Die EU hat Vakzine für Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren zugelassen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) will in Kürze eine Empfehlung für Ärzte und Eltern abgeben.

Welche Corona-Impfstoffe gibt es jetzt für Kleinkinder?

Mitte der Woche hatte die EMA die Zulassung von zwei Corona-Impfstoffen der Hersteller Pfizer/Biontech und Moderna für Babys ab sechs Monaten empfohlen, am Donnerstagabend kam die offizielle Zulassung durch die EU-Kommission. Beide Impfstoffe sind bereits für Erwachsene und Kinder ab fünf beziehungsweise sechs Jahren zugelassen. Die Dosen für Babys und Kleinkinder sind deutlich niedriger.

Wann kommt die Stiko-Empfehlung für Kinder unter fünf Jahren?

„Natürlich beschäftigt sich die Ständige Impfkommission aktuell mit einer Empfehlung für die Covid-19-Impfungen für Kinder unter fünf Jahren“, sagte der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens dieser Redaktion. Wann sie vorliegt? Zeitnah, heißt es aus der Stiko: „Die Ständige Impfkommission berät über die für die neuen Impfstoffe vorliegenden Studiendaten und berücksichtigt das aktuelle Infektionsgeschehen in dieser Altersgruppe“, erklärte Stiko-Mitglied Fred Zepp.

„Mit einem Ergebnis ist zeitnah in den nächsten Wochen zu rechnen“, so der Kindermediziner der Universität Mainz. Denkbar ist, dass sich die Stiko in ihrer Empfehlung im Prinzip an den Vorgaben für die über Fünfjährigen orientiert.

Was empfiehlt die Stiko bei Kindern über fünf Jahren?

Gesunde Kinder zwischen fünf und elf Jahren, die keinen Kontakt zu Risikopersonen haben, wird derzeit nur eine Impfstoffdosis empfohlen. Wenn die Eltern es wünschen, können jedoch auch gesunde Kinder nach Rücksprache mit dem Arzt eine vollständige Grundimmunisierung mit zwei Impfungen erhalten. Kinder, die engen Kontakt zu Risikopatienten haben, die keinen guten Immunschutz haben, sollten ebenfalls zwei Dosen bekommen.

Kinder mit einem erhöhten Risiko für schwere Covid-19-Verläufe aufgrund einer Vorerkrankung sollen darüber hinaus auch noch bis zu zwei Auffrischimpfungen erhalten. Zu den Vorerkrankungen gehören etwa starkes Übergewicht, Immunschwäche, schwere Herzschwäche, schwerer Lungenhochdruck, schweres Asthma oder chronische Nierenerkrankungen, Krebserkrankungen oder das Down-Syndrom.

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Die Empfehlung der Stiko für Kinder zwischen fünf und elf Jahren zeige mittlerweile Wirkung, so Stiko-Mitglied Zepp: Knapp jedes vierte Kind im Alter zwischen fünf und elf Jahren sei inzwischen mindestens einmal gegen Covid-19 geimpft worden.

„Nach unserer Einschätzung reicht für gesunde Kinder aktuell eine Einmalimpfung. Wir sehen bisher bei kleinen Kindern keine hohe Krankheitslast durch die Omikron-Variante.“ Da sich viele Kinder bereits mit Omikron infiziert hätten, seien sie durch die Kombination von Einmalimpfung und Infektion in diesem Herbst und Winter zunächst gut geschützt.

Wie ist die Infektionslage bei Kindern?

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht einen Herbstferien-Effekt: Laut Robert-Koch-Institut (RKI) ist die bundesweite Corona-Inzidenz zuletzt deutlich weniger stark gestiegen. Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen binnen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner nahm in der vergangenen Woche im Vergleich zur Vorwoche um acht Prozent zu, wie das RKI in seinem Corona-Wochenbericht am Donnerstagabend schrieb.

Eine Woche zuvor hatte der Anstieg noch bei 28 Prozent gelegen, zwei Wochen vorher sogar bei 54 Prozent. Allerdings liefern die Inzidenzen nur ein unvollständiges Bild der Infektionslage. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus.

Bei Kindern im Alter von 5 bis 14 Jahren sank die Zahl der Arztbesuche mit einer Corona-Infektion und Symptomen einer akuten Atemwegserkrankung. „Möglicherweise steht dies auch im Zusammenhang mit den Herbstferien in vielen Bundesländern“, schreibt das RKI. In der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen verzeichnete das RKI auch einen Rückgang der Sieben-Tage-Inzidenz. Wenn die Ferien in allen Bundesländern zu Ende seien, könnten die Zahlen allerdings wieder hochgehen, fürchtet Lauterbach.

Was sagen die Kinderärzte?

Die EU-Zulassung erleichtert den Kindermedizinern die Entscheidung für eine Impfung. Kleinkinder mit entsprechenden Risikofaktoren könnten nun mit einem zugelassenen Impfstoff geimpft werden, so Burkhard Rodeck, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Eine allgemeine Empfehlung für die Impfung von gesunden Kindern unter fünf Jahren will der Verband aber zunächst nicht aussprechen.

Jakob Maske, Bundespressesprecher beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), rechnet nicht mit einer großen Nachfrage nach den Impfstoffen. „Wir sehen in der Gruppe der 5- bis 11-Jährigen, dass das Impfangebot nur schleppend angenommen wird. Es ist nicht zu erwarten, dass das bei den jüngeren Kindern anders ist.“ Die Komplikationsrate sei in der Altersgruppe gering, so dass das Interesse der Eltern an einer Impfung nicht besonders groß sein dürfte, glaubt Maske.

Dieser Text erschien zuerst auf morgenpost.de.