Jerusalem. Corona: In Israel wächst die Sorge vor der BA.5-Variante. Warum die Geimpften und zudem an Omikron Erkrankten den besten Schutz haben.

Die neue Coronawelle in Israel nimmt an Fahrt auf. Am Montag zählte das Neun-Millionen-Einwohner-Land mehr als 7300 neue bestätigte Infektionen in nur 24 Stunden. Diese Zahl könnte aber ein verzerrtes Bild wiedergeben: Alle Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, da sich viele Patienten mit einem Antigen-Schnelltest begnügen und ihre Infektion nicht immer den Behörden melden. Auch die Zahl der schweren Fälle steigt rasant an, sie nahm seit der Vorwoche um 43 Prozent zu.

Trotzdem gibt es vorerst keine neuen Einschränkungen. Der oberste Beamte des Gesundheitsministeriums, Nachman Ash, appelliert nur an die „Solidarität” der Israelis und ruft sie auf, wegen der neuen Variante von Omikron in Innenräumen den Mund-Nasen-Schutz zu tragen. „In einer Situation, in der wir den Handel völlig offenlassen und keine Einschränkungen verhängen, liegt es an jedem Einzelnen von uns, die nötigen Vorkehrungen zu treffen”, so das Gesundheitsministerium.

Wer bis jetzt keine vierte Corona-Impfung bekommen hat und einen schweren Verlauf fürchte, solle sich impfen lassen, mahnt Ash. Der frühere Coronabeauftragte der Regierung hält es aber für möglich, dass bald verpflichtende Maßnahmen erforderlich sein werden, wenn sich die Epidemie weiter beschleunigt.

Corona in Israel: Maskenpflicht in Innenräumen könnte bald zurückkehren

Derzeit sieht alles danach aus: Der sogenannte R-Koeffizient, der das Tempo der Ausbreitung misst, steigt jedenfalls weiter an, er liegt jetzt bei 1,51. Die Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen, die erst im April abgeschafft wurde, könnte schon ab kommender Woche wieder eingeführt werden.

In der zentralen virologischen Forschungsstation des Landes, dem Sheba-Krankenhaus, versucht man der treibenden Variante der neuen Welle, der Omikron-Subvariante BA.5, auf die Spur zu kommen. Bisherige Studien zeigten, dass die Impfung gegen BA.5 weniger effektiv wirkt als gegen die Omikron-Muttervariante.

Nun zeigen neue, bisher noch unveröffentlichte Ergebnisse, dass Personen, die schon an Omikron erkrankt waren, deutlich anfälliger für die Subvariante BA.5 sind, wenn sie nicht vollständig geimpft sind. Sie sind in ihrer Immunisierung den geimpften Genesenen signifikant unterlegen, zeigen die Untersuchungen der Forschungsstelle.

Welche Auswirkungen die Impfung auf den Verlauf der Erkrankung hat, ist noch nicht erwiesen. Die Experten gehen aber davon aus, dass der Stich auch bei dieser Variante das Risiko einer schweren Erkrankung mindert.

Corona-Impfquote ist in einigen Bevölkerungsteilen sehr gering

Sorgen bereitet die geringe Impfquote in bestimmten Teilen der Bevölkerung. Mehr als drei Viertel der Grundschulkinder sind ungeimpft. Viele Eltern lassen ihre Kinder nicht impfen, weil sie davon ausgehen, dass eine Erkrankung in jungen Jahren ohnehin einen milden Verlauf nehmen würde.

Aus den Statistiken des israelischen Gesundheitsministeriums geht aber hervor, dass die Zahl der hospitalisierten Covid-Patienten auch unter den Kleinkindern bis vier Jahre stark ansteigt. Sie ist in absoluten Zahlen zwar niedrig, hat sich aber allein in den vergangenen zwei Wochen von elf auf 23 Patienten mehr als verdoppelt.

Indessen wollen die Veranstalter von Kinder- und Jugendcamps in diesem Sommer ihr großes Post-Pandemie-Comeback feiern. Mehrere Einrichtungen von Sport- und Outdoorcamps melden lange Wartelisten. Experten befürchten, dass manche der Camps zu Superspreader-Events werden könnten, und dass die heimkehrenden Kinder dann das Virus auch in ihre Familien tragen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.