Berlin. Familientreffen, volle Kirchen und Reisen – die Osterfeiertage könnten die Corona-Zahlen jetzt wieder in die Höhe schnellen lassen.

So viel Ostern war lange nicht. Wenn am Wochenende Familien und Freunde zusammenkommen, um in die Kirche zu gehen, Ostereier zu suchen oder einfach um zu brunchen, dann werden sie das in den meisten Teilen der Republik praktisch ohne Einschränkungen durch Corona-Regeln tun – zum ersten Mal, seit das Virus Anfang 2020 Deutschland erreichte.

Dabei ist die Pandemie keineswegs vorbei, die Inzidenz noch immer vierstellig. Was heißt also das große Zusammenkommen an Ostern für die Infektionslage in den kommenden Wochen?

Aktuell sinken die Corona-Zahlen. An der Belastbarkeit der Infektionsdaten gibt es allerdings weiterhin erhebliche Zweifel. Schon seit einiger Zeit gehen Experten von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus. Zum einen sind die Gesundheitsämter noch immer überlastet. Zum anderen machen längst nicht alle Infizierten einen PCR-Test. Doch ohne PCR-Test tauchen Fälle auch nicht in der Statistik auf.

Corona-Lage entspannt sich – doch Ostern bedeutet Risiko

Auch bei der Hospitalisierungsinzidenz, die zuletzt leicht gestiegen war, gibt es Unsicherheiten in der Datengrundlage. So melden einerseits nicht alle Länder an allen Tagen Zahlen. Andererseits fließen in die Statistik zu den Hospitalisierungen auch Fälle ein, bei denen Menschen zwar mit Corona infiziert sind, aber aus anderen Gründen im Krankenhaus liegen. Lesen Sie auch: Forschende entwickeln Corona-Impfstoff für spezielle Gruppe

Doch trotz aller Unwägbarkeiten – insgesamt, so Expertinnen und Experten, entspanne sich die Lage. In den meisten Bundesländern gelten deshalb zu Ostern auch über den sogenannten Basisschutz keine Auflagen mehr zum Infektionsschutz. Nur Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern machen derzeit von der sogenannten Hotspot-Regel Gebrauch, mit der das neue Infektionsschutzgesetz weitergehende Maßnahmen ermöglicht.

Das Zusammentreffen vieler Menschen mit eingeschränkten Schutzmaßnahmen bedeute ein Risiko, sagt Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Weltärztebundes. "Aber wenn man das kennt und damit verantwortungsvoll umgeht, dann muss es nicht zu einem Ansteigen der Inzidenzen kommen."

Maske tragen, Abstand halten, das gehe auch zu Ostern, sagte Montgomery unserer Redaktion. „Wenn sich alle vernünftig verhalten, legen wir den Grundstein für einen herrlichen Sommer.“ Auch interessant: Karfreitag bis Ostern: Das ist an den Feiertagen verboten

Lauterbach empfiehlt Corona-Tests vor Reisen

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte zudem dazu aufgerufen, vor Osterreisen Tests zu machen. „Die Fallzahlen gehen stark zurück. Damit es so bleibt, sollte sich jeder vor einer Osterreise testen lassen oder selbst testen“, schrieb Lauterbach vor einigen Tagen bei Twitter. Er rate weiter zum freiwilligen Tragen der Maske in Innenräumen.

Tests seien eine gute Idee bei Treffen mit der ganzen Familie, sagt auch Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. An Ostern und darüber hinaus sei Eigenverantwortung der Schlüssel: „Corona wird in Zukunft zu den allgemeinen Lebensrisiken gehören“, sagte Sorge dieser Redaktion.

Corona: Auch andere Länder in Europa machen sich locker

Deutschland ist nicht das einzige Land in Europa, das sich in den vergangenen Wochen locker gemacht hat in Sachen Corona-Maßnahmen. Unter den Vorreitern ist Dänemark, das alle Corona-Beschränkungen seit dem 1. Februar aufgehoben hat. Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von rund 300 steht das Nachbarland trotzdem gut da, auch dank einer Impfquote von rund 83 Prozent. Lesen Sie auch: Impfung: Studie vergleicht Risiko von Herzmuskelentzündungen

Die Niederlande sind dem dänischen Beispiel gefolgt und haben die letzten Corona-Maßnahmen vor drei Wochen aufgehoben. Für Touristen gibt es lediglich die Empfehlung, nach der Einreise in die Niederlande einen Selbsttest durchzuführen. Eine Ausnahme gilt aber für Flugreisen: Auf Flughäfen und in Flugzeugen muss weiter ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden.

Andere Länder sind da strikter. Besonders streng ist Italien, das mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 730 deutlich besser dasteht als Deutschland: In gastronomischen Innenräumen gilt weiter die 3G-Regel, in Kinos, Theatern, Discos und anderen Freizeiteinrichtungen haben nur Geimpfte oder Genesene Zutritt – wobei das Impfzertifikat nicht älter als sechs Monate sein darf. Bis Ende des Monats ist zudem in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei öffentlichen Kulturveranstaltungen auch im Freien sowie bei Sportveranstaltungen eine FFP-2-Maske vorgeschrieben, bei Verstößen drohen hohe Geldstrafen.

Vergleichsweise streng ist auch Österreich, das nach einem dramatischen Anstieg der Neuinfektionen Ende März auf die Bremse getreten ist: Unter anderem in Bussen, Bahnen, Gaststätten und in Geschäften ist wieder eine FFP2-Maske vorgeschrieben, teilweise wird auch ein 3G-Nachweis verlangt, in der Wiener Gastronomie sogar ein 2G-Zertifikat für Geimpfte oder Genesene. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Sieben-Tage-Inzidenz, die in der Alpenrepublik vor gut drei Wochen mit 3490 einen Rekordstand erreicht hatte, ist inzwischen auf rund tausend gesunken.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.