Madrid. Spanien war hart von der Corona-Pandemie betroffen. Nun hebt die Regierung fast alle Maßnahmen auf, nur eine Einschränkung bleibt.

"Adiós Maske", titelten viele Zeitungen in Spanien. Und: "Die letzte Corona-Beschränkung fällt." Von diesem Mittwoch an verschwindet auch im Urlaubsland Spanien die Maskenpflicht in Innenräumen. Nur noch in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Gesundheitseinrichtungen muss der Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Im Freien war bereits seit Februar "oben ohne" wieder erlaubt.

Mit dem Ende der Maskenpflicht reiht sich Spanien in die wachsende Zahl von Ländern ein, die nach zwei Jahren Pandemie aus den Corona-Regeln aussteigen und zur Normalität zurückkehren. Spanien wurde von Corona besonders stark betroffen. Deswegen galten dort nach Ausbruch der Pandemie äußerst strenge Regeln. Das Land mit 47 Millionen Einwohnern registrierte mehr als 103.000 Corona-Tote.

Corona: Spanien steigt aus Regeln aus

An den Feiertagen zu Ostern, an denen in Spanien sommerliche Temperaturen bis 30 Grad herrschten, war die Maske vielerorts bereits weitgehend aus dem öffentlichen Leben verschwunden. So war der Mundschutz zum Beispiel auf Mallorca, Spaniens meistbesuchter Urlaubsinsel, kaum noch zu sehen. Und das obwohl dichtes Gedränge herrschte. Die Insel erlebt in diesen Tagen einen Ansturm von Osterurlaubern und ist derzeit nahezu ausgebucht.

Zur Ferienerholung gesellt sich nun also auch die von vielen ersehnte Entspannung in Sachen Corona. Obwohl Spaniens Gesundheitsministerin Carolina Darias warnt: "Das Virus ist immer noch unter uns." Zwar sei durch die Impfungen die Gefahr schwerer Infektionen stark gesunken. Aber Darias rief die Spanier wie die Urlauber auf, weiterhin wachsam zu sein. Und auch ohne Maskenpflicht den Mundschutz zu benutzen, soweit kein Sicherheitsabstand möglich ist. Lesen Sie auch: Corona: Mega-Lockdown in Shanghai erzürnt die Chinesen

In Mallorcas "Ballermann"-Partyviertel an der Playa de Palma darf nun wieder drinnen wie draußen ohne Maske geschunkelt und getanzt werden. Auch der Supermarktbesuch, Einkaufsbummel, Theaterbesuch oder Museumsausflug ist landesweit normalerweise wieder ohne Verhüllung möglich. Obwohl Unternehmen wie Kulturveranstalter weiterhin das Recht haben, auf der Maske zu bestehen.

Madrid: Carolina Darias, Gesundheitsministerin von Spanien.
Madrid: Carolina Darias, Gesundheitsministerin von Spanien. © Eduardo Parra/EUROPA PRESS/dpa

Corona: Spanien zählt Fälle nicht mehr

Nur eine Einschränkung aus Corona-Zeiten bleibt auf Mallorca: Das Rauchverbot auf gastromischen Terrassen. In Biergärten sowie an den Außentischen von Restaurants, Cafés und Bars ist der blaue Dunst weiterhin nicht erlaubt. Ein Bann, der nach dem Entwurf eines nationalen Anti-Tabak-Gesetzes auf ganz Spanien ausgedehnt werden soll – dieses Gesetz sieht zudem ein Rauchverbot an den Stränden vor.

Hinsichtlich Corona hatte Spanien bereits Anfang April die Quarantänepflicht für Infizierte und für deren Kontaktpersonen gestrichen. Nur Personen mit einer schweren Covid-19-Erkrankung müssen sich absondern. Doch das betrifft eine kleine Minderheit, wie sich auch in der Krankenhausbelegung spiegelt. Lediglich vier Prozent der Krankenhausbetten sind aktuell mit Corona-Patienten belegt.

Getestet wird ebenfalls nur noch im Ausnahmefall. Lediglich bei Risikopersonen mit Coronaverdacht und Menschen mit schweren Symptomen wird ein Test angeordnet. Damit verabschiedete sich Spanien von einer Zählung aller Corona-Infektionen. International vergleichbare Inzidenzwerte werden nicht mehr veröffentlicht. Corona werde künftig wie die Grippe und andere Volkskrankheiten erfasst, heißt es seitens der Regierung. Auch interessant: Corona: Genetische Mutationen schützen wohl vor Infektion

Spanien: Hohe Impfquote von 85 Prozent

"Der Schlüssel ist unsere hohe Impfquote", sagt Gesundheitsministerin Darias. 85 Prozent der Gesamtbevölkerung ist inzwischen zweimal geimpft. Damit steht Spanien besser da als die meisten anderen Länder. Bei der Booster-Impfung machten bisher allerdings nur 52 Prozent der Menschen mit. Die Impfbereitschaft hat in Spanien zuletzt deutlich nachgelassen.

Doch die Freude über die Rückkehr zum Alltag nach dem langen Corona-Drama wird durch die Aufdeckung diverser Betrugsskandale bei der Beschaffung von Masken und anderem medizinischem Bedarf getrübt. Seit Monaten wird gegen mehrere Geschäftemacher ermittelt, welche den Materialnotstand zu Beginn der Pandemie skrupellos ausnutzten, um den Gesundheitsämtern Schutzkleidung zu Wucherpreisen zu verkaufen – oftmals mit minderwertiger Qualität.

Mittelpunkt der Ermittlungen ist Spaniens Hauptstadtregion Madrid. Dort sollen sich zum Beispiel der Bruder und Freunde der regionalen Regierungschefin Isabel Ayuso mit Maskengeschäften bereichert haben. Genauso wie zwei Geschäftsleute, die für einen Maskendeal mit Madrids Behörden sechs Millionen Euro an Kommission kassierten. Geld, dass sie umgehend in Luxusautos, Rolex-Uhren, eine Jacht und Immobilien investierten – auch hier gibt es Hinweise auf Vetternwirtschaft.

Dieser Artikel erschien zuerst auf www.morgenpost.de.