Berlin. Wann ist die Viruslast bei Covid-19-Patienten am größten? Forscher haben untersucht, an welchem Tag Infizierte am ansteckendsten sind.

Covid-19 ist eine große Herausforderung, weil es sich um eine neuartige Erkrankung handelt. Die Bevölkerung weist keine Grundimmunität auf, Ärzte stehen bei ungewöhnlichen Verläufen vor einem Rätsel, viele Eigenschaften der Infektion mit dem Coronavirus sind noch nicht erforscht. Nun haben Forscher einer schottischen Universität mit einer systematischen Übersicht eine Antwort auf die Frage gefunden, wann Infizierte am ansteckendsten sind.

Bislang geht man davon aus, dass Infizierte schon vor Beginn erster Symptome ansteckend sein können. Das macht das Coronavirus so tückisch: Erkrankte geben die Infektion unbemerkt weiter, weil sie davon ausgehen, kerngesund zu sein, und sie deshalb ganz normal ihren Aktivitäten nachgehen. Auch nach ersten Krankheitszeichen bleibt man einige Tage ansteckend, wie die Bundesregierung auf ihrer Seite „Zusammen gegen Corona“ schreibt. Wie lange das der Fall ist, werde derzeit erforscht.

Auswertung verschiedener Corona-Studien

Die britisch-türkische Wissenschaftlerin Müge Çevik von der schottischen University of St. Andrews hat nun gemeinsam mit einem Forschungsteam in einer systematischen Übersicht 79 Studien zu Sars-CoV-2 sowie mehrere Studien zu den verwandten Sars-CoV und Mers-CoV untersucht und ausgewertet. Lesen Sie hier : Wie Corona? Drosten warnt vor Pandemie-Potenzial von Mers

In der systematischen Übersicht wurde nicht nur untersucht, wie hoch die Viruslast der Erkrankten in den jeweiligen Studien an welchen Tagen war, sondern auch, wie lange Corona in Ausscheidungen noch nachgewiesen werden konnte. Die Arbeit wurde im Fachjournal „The Lancet Microbe“ als Open-Access-Publikation veröffentlicht.

Wann sind Corona-Infizierte am ansteckendsten?

Çevik und ihr Team kamen zu dem Ergebnis, dass die Sars-CoV-2-Viruslast bei Erkrankten in der ersten Woche der Infektion ihren Höhepunkt hat. Am größten sei die Viruslast durchschnittlich an Tag fünf der Erkrankung, heißt es in der Arbeit. In dieser Zeit sollen Infizierte demnach am ansteckendsten für ihre Mitmenschen sein, weil sie große Virusmengen über die Atemwege ausscheiden.

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Mehrere der untersuchten Studien hätten zudem gezeigt, dass die Viruslast zu Beginn der Erkrankung bei symptomatischen und asymptomatischen Verläufen gleich hoch gewesen sei. Bei asymptomatischen Verläufen – also den Patienten, die keine Symptome aufweisen – sei sie aber schneller zurückgegangen. Dies lasse darauf schließen, dass infizierte Menschen ohne Symptome über einen kürzeren Zeitraum ansteckend sind als infizierte Menschen mit Symptomen.

Coronavirus: Ab dem neunten Tag nicht mehr infektiös?

Die Auswertung ergab außerdem, dass ab dem neunten Infektionstag im Schnitt nicht mehr genügend Viren in den Atemwegen zu finden waren, die noch eine Ansteckung hätten auslösen könnten. Genetisches Material des Virus sei nichtsdestotrotz auch noch nach mehreren Wochen in Stuhl-, Blut- oder Atemproben nachweisbar gewesen – daran könne sich allerdings niemand anstecken.

Das „Ärzteblatt“ schreibt dazu, dass speziell diese Aussage mit Vorsicht zu interpretieren sei, weil Abstriche von Erkrankten deutlich länger als neun Tage positiv blieben. In der Polymerase-Kettenreaktion wiesen die Tests zwar nur einzelne Virusgene nach, die nicht zwangsläufig von replikationsfähigen Viren stammen müssten. Ausschließen könne man eine weiter anhaltende Infektiosität aber trotzdem nicht.