Berlin. Virologe Christian Drosten sieht in naher Zukunft größere Corona-Probleme auf die Gesellschaft zukommen. Ein Tagebuch könnte helfen.

Der Virologe Christian Drosten hat in seinem Podcas t „Das Coronavirus-Update“ alle Bürger Deutschlands aufgefordert ein Infektionsgefahr-Tagebuch zu führen. „Jeder könnte Abends in sein Smartphone schreiben: Wo war ich heute, wo es mir nicht ganz geheuer war.“ Damit könnten die Gesundheitsämter unterstützt werden, für die es immer schwieriger werde, die Kontakte im Falle einer Infektion zurückzuverfolgen.

Das seien zudem nur die Kontakte, die der Betroffene nach bekanntwerden seiner Infektion noch aufzählen kann. Die Situation, in der er sich selbst infiziert habe, werde außer Acht gelassen, so Drosten. Zumal sich die meisten Menschen auch gar nicht erinnern könnten, in welchen Gefahrensituationen für eine Infektion sie sich vor sieben bis zehn Tagen aufgehalten hätten. „Das kennen wir alle bei Erkältungskrankheiten. Wir haben einfach dieses Gedächtnis nicht“ so Drosten.

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Drosten: Gefährliche Corona-Cluster bleiben unentdeckt

Das habe zur Folge, dass Corona-Cluster unentdeckt blieben und gefährlich weiter schwelen könnten. Neben der Befolgung der Abstands-, Masken- und Hygieneregeln sei jedoch die Eindämmung dieser Cluster die wichtigste Maßnahme in der Bekämpfung der Pandemie.

Zurzeit entstehe der Eindruck, dass Familienfeiern und der eigene Haushalt die hauptsächlichen Corona-Infektionsherde darstellten. Richtig sei aber, dass die Hälfte aller Fälle nicht mehr rekonstruierbar sei. Das Corona-Tagebuch könne dabei Abhilfe schaffen.

Zudem hätte es einen zweiten positiven Effekt. „Alle Leute würden sich klar machen, dass sie immer mal in solche Situationen hineingeraten und diese dann in Zukunft vermeiden“, erklärte Drosten – ob das im Restauran t sei, im Meeting oder beim Sport. „Das ist doch eine Handlungsmöglichkeit, die wir haben, und wir müssen ja auch alle mitmachen können als Alltagsmenschen.“ Man dürfe sich nicht nur von Experten in Talkshows berieseln lassen, und Politiker könnten nicht jede kleine Situation im Alltag regulieren. „Irgendwann muss die Gesellschaft umschalten in einen aktiven Teilnahmemodus“

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    Auf die Gesellschaft sieht Drosten in nächster Zeit generell größere Probleme und auch mehr Streit zukommen. Denn die täglichen Infektionszahlen aus der vergangenen Woche, die mehrfach über 4000 lagen, seien kein Ausrutscher gewesen. Das Virus habe sich – wie vorausgesagt – immer weiter verteilt. Neben den Großstädten nannte Drosten auch seinen Heimatkreis Vechta. „Wer hätte gedacht, dass da ein Inzidenzgipfel entsteht. Das ist ja alles plattes Land da.“

    Aufgrund der Verteilung des Virus sei es daher nun umso wichtiger, allgemeine Maßnahmen zu beschließen, „um nicht hinterherzulaufen.“ Zudem würde durch nicht parallel getroffene Entscheidungen der Politik viel Unfrieden entstehen. Als Beispiel nannte Drosten das viel diskutierte Beherbergungsverbot. „Da versteht dann auch ein Teil der Gesellschaft die Regeln nicht mehr, und der Zusammenhalt ist in Gefahr.“

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