So ein Elektrofahrzeug ist schnell gekauft. Eine Prämie gibt es auch. Die Frage ist allerdings: Wie kommt die Energie in die Batterie?

Das ist klar eine Corona-Folge: Unser italienischer Kleinstwagen reichte uns plötzlich nicht mehr. In die Jahre gekommen war er außerdem. Also entschlossen wir uns im Frühsommer, ein neues Auto anzuschaffen. Eines, mit dem wir mal in den Urlaub fahren können oder raus aus der Stadt. Eines, das unsere klimaaktiven Kinder akzeptieren. Eines, in das auch mal wir alle fünf reinpassen.

Herausgekommen ist ein Plug-in-Hybrid. Schließlich haben wir eine Ladestation nur 30 Meter von unserer Wohnung entfernt. „In der Stadt fahren wir nur elektrisch“, jubelte der Gatte.

60 Kilometer schafft der Wagen mit einer Ladung, das versprach der Autoverkäufer. In der Bedienungsanleitung war nur noch von 45 bis 50 Kilometern die Rede. In der Realität schafft er 35 Kilometer – im Sommer. Im Winter einmal zu Edeka und zurück.

Die Folge: Damit wir nicht erst recht zur Umweltsau werden, brauchen wir ständig die Ladesäule. Schließlich sorgt die schwere Batterie dafür, dass der Spritverbrauch im Benzinmodus ordentlich angekurbelt wird.

Mit dem E-Auto hängst du an der Ampel alle ab

Wie aufwendig das ist, habe ich lange Zeit nicht bemerkt, ich habe ja mein Fahrrad. Bis es neulich Winterregen schüttete. Ich nahm das Auto, schaltete die Sitzheizung an und glitt elektrisch von Charlottenburg nach Mitte und wieder zurück.

Ein wunderbares Gefühl, wenn man gewohnt ist, dass sich aufgewirbelter Staub unter den Kontaktlinsen festsetzt, der Lkw beim Rechtsabbiegen zur Vollbremsung zwingt und der Müllwagen seinen Mief über die Straße legt. Der E-Drive-Modus ist außerdem spritzig. Ein kleiner Tipp aufs Gaspedal und du hängst an der grünen Ampel alle ab. Ich fühlte mich wie in einem Raumschiff. Welch ein Luxus!

Ladesäule 1: Der falsche Anbieter. Ladesäule 2: besetzt. Ladesäule 3: defekt

Auf dem Heimweg sprang der Benzinmotor an. Zwei Kilometer vor unserer Wohnung begann ich, eine Ladesäule zu suchen. Die erste war der falsche Anbieter. Die zweite war besetzt. Die dritte defekt. Ich kreiste durch die Gegend wie Herbert Grönemeyer und pfiff mit sinkender Laune sein Lied: „Ich dreh’ hier schon seit Stunden hier so meine Runden.“

Unter mir glühte die Sitzheizung, vor mir blies das lauwarme Gebläse. Ich sehnte mich nach dem Kleinstwagen, in dem ich immer fror und der in die Lücke vor den Baumscheiben passte.

Doch dann wuchtete rechts von mir jemand sein Kabel in den Kofferraum und machte an der Ladesäule den Platz frei. Geht doch. Ich lief 20 Minuten nach Hause. Als ich am nächsten Morgen um 9 Uhr das Auto abholte, waren zwölf Euro Blockiergebühr fällig. Ich hätte schon um 8 Uhr da sein müssen, was ich nicht wusste. Ich übergab den Schlüssel dem Gatten und sagte, ich sei es leid.

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Hey, Autokonzerne, jetzt seid ihr dran: Investiert in Ladesäulen!

Er sagte, das gehe seit Monaten so. Kaum Ladesäulen, keine einheitliche Struktur, viele seien defekt. Und dann lese ich, dass die Automobilkonzerne satte Gewinne einfahren, weil es dank Prämie (6700 bis 9000 Euro) einen Hype auf E-Autos gibt. Trotz dieser Gewinne warten sie auf den Staat, der auch noch die Ladeinfrastruktur subventionieren soll. Aber, hey, ihr Autokonzerne, jetzt seid ihr dran! Oder wo ist eurer Plan für nachhaltigen Verkehr?

Ich frage mich zudem, warum das Laden so kompliziert ist. Warum ich nicht einfach meine EC-Karte vorhalten kann. Warum muss ich mich bei verschiedenen Anbietern anmelden? Arbeitet die EU eigentlich an einem Konzept, damit ich auch in Italien meinen Hybrid oder Vollelektro aufladen kann? Und dann: Ist es womöglich eine Taktik der Politik, uns Stadtbewohnern das Autofahren zu vermiesen? Aber warum gibt es dann die Prämie?

Ganz schön unpraktisch, dieses Auto. Ganz schön praktisch, dieses Fahrrad

Ich würde mit meiner Öko-Seele die Situation gerne schönreden, aber Tatsache ist: Praktisch ist E-Mobilität nur mit der eigenen Ladesäule vor dem Einfamilienhaus. Also für den Zweitwagen in den Randbezirken, um die Kinder zwischen Schule, Fußballtraining und Klavierunterricht herumzukutschieren. Was innerhalb des S-Bahn-Ringes bleibt: der ÖPNV. Und das Fahrrad. Warum gibt es eigentlich dafür keine Umweltprämie?

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