Berlin. Der Anmelder einer Protestaktion gegen die AfD in Thüringen betitelte Björn Höcke als Faschist. Es folgte ein Rechtsstreit. Das Urteil.

Es gibt eine „überprüfbare Tatsachengrundlage“ , es sei „nicht einfach aus der Luft gegriffen“: Björn Höcke, Thüringens AfD-Chef, darf Faschist genannt werden. Das hat ein Gericht Ende September entschieden – es ging um eine Protestaktion gegen ein Familienfest der Partei im thüringischen Eisenach.

Die Stadt Eisenach hatte eine angemeldete Versammlung zwar genehmigt, eben jene Begrifflichkeit im Thema der Kundgebung aber nicht – mit einem Verweis darauf, dass die Meinungsfreiheit hier eingeschränkt werde dürfte, da „Faschist“ eine ehrverletzende Bezeichnung sei, zudem die Sicherheit gefährdet würde.

Konkret war die Aktion gegen die AfD-Veranstaltung mit dem Titel „Protest gegen die rassistische AfD insbesondere gegen den Faschisten Höcke“ für den 26. September angemeldet worden. Der Anmelder akzeptierte nicht, dass die Stadt ihn abbügelt hatte und zog im Eilverfahren vor Gericht.

Das zuständige Verwaltungsgericht Meinigen musste dann die Entscheidung treffen, ob der Titel der Kundgebung so hinnehmbar ist. Und fand: Ja, ist er.

Das dürfte Björn Höcke zumindest im Wahlkampf in Thüringen wenig beeindruckt haben. Denn die Partei wurde nach der Linken bei der Landtagswahl am 27. Oktober zweitstärkste Kraft: noch vor der CDU und weit vor der SPD.

Björn Höcke: Bezeichnung als Faschist bei Protest zulässig

Kernargument ist, es handele sich bei „Faschist“ um „ein Werturteil, welches durch Art. 5 GG als geschützte Meinung anzusehen ist“, wie es in der Erklärung des Gerichts heißt, die das linke Portal „Rote Fahne News“ veröffentlicht hat. Es sei eine „subjektive Einordnung in einer gesellschaftlich wichtigen Frage, durch die die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik nicht überschritten werde“.

Das Gericht erläutert demnach zwar, dass „Faschist“ als Vorwurf „antidemokratischer, totalitärer, übersteigert nationalistischer und/oder militärischer Neigungen und Verhaltensformen“ gewertet werden kann. Im politischen Meinungskampf seien jedoch „übertreibende und verallgemeinernde Kennzeichnungen des Gegners ebenso hinzunehmen wie scharfe, drastische, taktlose und unhöfliche Formulierungen, die in der Hitze der Auseinandersetzung als bloßes Vergreifen im Ton erscheinen.“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Viele Gründe für die Bezeichnung angeführt

Der Initiator der Aktion hatte in seinem Widerspruch gegen die Absage seiner Veranstaltung seitens der Stadt angeführt, warum er Höcke als Faschist sehe.

  • Die Bezeichnung beziehe sich auf reale Handlungen und Äußerungen Höckes
  • Er habe die Gruppierung „Der Flügel“ innerhalb der AfD gegründet, die im Spektrum der Partei als besonders weit rechts gilt
  • In seinem 2018 erschienen Buch sei eine „faschistische Agenda“ zu lesen
  • So spreche er darin vom Volkstod durch Bevölkerungsaustausch, schreibe über Andersdekende, es seinen „brandige Glieder“, die nicht mit „Lavendelwasser kuriert werden, wusste schon Hegel“. Man werde „leider ein paar Volksteile verlieren (...), die zu schwach und nicht willens sind.“
  • Es sei eine Verharmlosung und Relativierung Hitlers und der Nazi-Herrschaft in verschiedenen Kontexten geschehen.

Jan Böhmermann macht sich über Björn Höcke lustig

Die Entscheidung fiel am Donnerstag – dem Tag der Protestaktion, die somit doch unter dem ursprünglichen Motto stattfinden konnte. Auf Twitter gab für die Gerichtsentscheidung viel Applaus. Als eine der ersten twitterte Sawsan Chebli (SPD) – betonte im Bezug auf die Landtagswahl in Thüringen, dass AfD-Wähler somit offiziell einen Faschisten wählten.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Jan Böhmermann, der in der Causa Erdogan erfuhr, wann Satire aufhört und Schmähkritik beginnt, nutzte die Entscheidung am Samstag für einen Tweet zum Thema: „Bernd Höcke ist doch auch nur ein Mensch. Und ein Faschist“ – damit bezog er sich nicht nur auf die Entscheidung.

Sondern auch auf einen Witz der „Heute Show“ im ZDF, in der Björn Höcke konsequent Bernd genannt wird. Was sich inzwischen so verselbstständigt hat, dass auch in anderen Medien und Formate immer mal wieder der Fehler des falschen Namens gemacht wird.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Kürzlich hatte Höcke ein Interview mit dem ZDF abgebrochen. Höcke gilt als der rechte Scharfmacher der AfD. Am 27. Oktober haben Landtagswahlen in Thüringen stattgefunden – Höckes Bundesland. Die Linken und die AfD legten in Umfragen vor der Wahl zu. Das Endergbnis zeigt sich wohl noch anders. Bei der Thüringen-Wahl liegt die Linke in Hochrechnungen vorne, die AfD vor der CDU. (ses)