Berlin. Bei „Hart aber fair“ ging es nach der Tat von Halle um Judenhass. Bemerkenswert war der Auftritt eines jüdischen Restaurantbesitzers.

Nur wenige Tage nach dem Anschlag von Halle nahm sich auch die „Hart aber fair“-Redaktion des Themas an. Für Aufregung sorgen die während der Sendung gezeigten Zuschauermeinungen. Frank Plasberg und sein Team muss sich den Vorwurf gefallen lassen, Antisemitismus einfach so weiterzuverbreiten.

„Wieder da oder nie wirklich weg: Wie stark ist der Judenhass in Deutschland?“, lautete der Titel der Sendung.

„Hart aber fair“ sorgt für Empörung

Diskutiert wurde das Thema von

  • Boris Pistorius (SPD)
  • Janine Wissler (Linke)
  • Journalist Georg Mascolo
  • dem jüdischen Restaurantbesitzer Uwe Dziuballa
  • TV-Moderator Michel Friedman

Plasberg zum Anschlag in Halle: Das wurde diskutiert

Gut war, dass tatsächlich über das jüdische Leben hierzulande gesprochen wurde – auch wenn die Befunde schlimm ausfielen. „Die Juden leben in Deutschland nicht sicher“, sagte etwa Michel Friedman. Der Alltagsantisemitismus sei weitverbreitet, darauf baue dann irgendwann auch Gewalt auf.

Georg Mascolo machte deutlich, dass die Sicherheitsbehörden den Rechtsterrorismus lange Zeit nicht ausreichend beobachtet haben. Das habe auch am Erstarken des Islamismus gelegen, auf den lange Zeit der Fokus lag, erklärte der ARD-Terrorismusexperte.

Mutig in Chemnitz – das Leben als Jude

Bemerkenswert war der Auftritt von Uwe Dziuballa. Als Betreiber eines jüdischen Restaurants in Chemnitz steht er gewissermaßen an der Front. „Ich habe gelernt, damit zu Leben“, berichtete Dziuballa über die ständigen Anfeindung, auch Attacken gegen das jüdische Lokal. So könne es passieren, dass Menschen vorbeiliefen und plötzlich einen Hitlergruß zeigen. Immerhin: Die Polizei ist nach dem Eindruck von Dziuballa mittlerweile wieder aktiver. Früher seien die Beamten bei solchen Geschehnissen oft gar nicht erst gekommen.

„Hart aber fair“: Der jüdische Gastronom Uwe Dziuballa und Janine Wissler (Linke).
„Hart aber fair“: Der jüdische Gastronom Uwe Dziuballa und Janine Wissler (Linke). © Screenshot ARD | Screenshot ARD

Interessant war auch, was Dziuballa über die Stadtgesellschaft berichtete. Da seien Menschen, die die Rechtsextremen unterstützten, in ihrem Vorhof aber Ruhe haben wollen würden, erzählte der Restaurantbetreiber. Und solche, die beschwichtigen: „Ihr seid ja ok, macht euch mal keine Sorgen, falls bald jemand kommt und hier mal ‚Ordnung‘ macht“.

Dann frage er, was denn gemeint sei, mit „Ordnung machen“, erzählte Dziuballa. Manchmal fühle er sich wie im Auge eines Sturms, fasste er sein Leben in Chemnitz zusammen.

Und dann kam sie noch, die Frage, die sich eigentlich nicht stellen sollte, aber die doch irgendwie naheliegt: Ob er mal überlegt, wegzugehen? Nein, erwiderte Dziuballa. „Wo soll ich denn hin? Ich bin deutscher Jude, das ist meine Heimat.“

Die Rolle der AfD

Gut war in der Debatte auch, dass es nur kurz um die AfD ging – die Annegret Kramp-Karrenbauer gerade den „politischen Arm des Rechtsradikalismus“ nannte. Auf die Abwesenheit der Rechtskonservativen legte der in dieser Hinsicht vielgescholtene Gastgeber großen Wert drauf: „Ist Ihnen aufgefallen, dass kein AfD-Vertreter am Tisch sitzt?“, fragte Frank Plasberg. Man habe sich nicht an der Partei abarbeiten, sondern stattdessen über das jüdische Leben in Deutschland sprechen sollen. Richtig so! Und für den Moderator sicher eine einfache Entscheidung – gerade erst hatte Plasberg einen heftigen Shitstorm für die Einladung eines AfD-Politikers bekommen, sogar der WDR-Rundfunkrat griff ein.

Der kurze AfD-Exkurs war dann geprägt von der Frage, wie rechtsradikal die Partei ist. Georg Mascolo meinte, dass sich die AfD bis heute nicht entschieden habe, wo genau bei ihr die Grenze zwischen rechts und rechtsextrem verläuft. Michel Friedman und Linkenpolitikerin Janine Wissler waren – mit den besseren Argumenten – anderer Meinung: Schließlich würden zahlreiche einschlägige Personen und Äußerungen toleriert.

Die Stadt Halle leidet weiterhin unter dem Anschlag von Stephan B. – der Attentäter lebte in zwei Welten. Inzwischen läuft die Aufarbeitung – auch mit Blick auf die Frage, wie die Polizei den Attentäter eine Stunde aus den Augen verlieren konnte. Für Experten ist der Terror von Halle ein Zeichen, dass der Rechtsterrorismus vollständig zurück ist – es ist wieder Herbst in Deutschland.

„Hart aber fair“- Das Fazit

Diese Ausgabe von „Hart aber fair“ bot manche bekannte Worthülse zum Thema Antisemitismus. Insgesamt funktionierte sie aber dennoch gut, weil hier im größeren Rahmen das jüdische Leben in Deutschland thematisiert wurde.

Um dieses ist es, das wurde auch hier deutlich, leider nicht gut bestellt. „Ich wollte nie von Judenhassern bestimmt sein“, sagte Michel Friedman. Das sei in Deutschland schwieriger geworden.

„Hart aber fair“ in der Mediathek anschauen

Sie haben die aktuelle Folge von „Hart aber fair“ verpasst? Hier geht es zur „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek.