Ahrweiler. Die Bereitschaft den Opfern der Flutkatastrophe zu helfen ist groß. Doch unter die Helfer haben sich nun auch Querdenker gemischt.

Nach der Flut-Katastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind Anteilnahme und Hilfsbereitschaft groß. In Massen kommen hilfsbereite Menschen in die Hochwassergebiete und packen mit an, wo sie können. Doch unter die Helfer haben sich mittlerweile auch Querdenker und Rechtsextreme gemischt.

So ist beispielsweise der wegen Verleugnung des Holocausts verurteilte Niko N. im schwer betroffenen Bad Neuenahr-Ahrweiler zu Gange. In schwarzen Zelten campieren er und weitere Gleichgesinnte vor einer Schule in der Stadt. Besser bekannt ist Niko N. unter seinem Pseudonym "Volkslehrer". So heißt auch sein Social Media Kanal auf Telegram.

Dort postet er regelmäßig Videos mit Updates aus dem Katastrophengebiet. Häufig wirft er darin den offiziellen Rettungskräften Versagen vor. Das die Rettungskräfte nicht überall gleichzeitig sein können, ist ein Vorteil für Niko N. Er selbst inszeniert sich als unbescholtener Helfer in der Not, sammelt Spenden, packt mit an. In Videos spricht er dann davon, dass man "diese ganzen BRD-Organisationen" gar nicht brauchen würde.

Corona-Leugner prangert vermeintlichtes Staatsversagen an

Ein ähnliches Vorgehen lässt sich auch bei dem bekannten Querdenker Bodo Schiffmann beobachten. Der HNO-Arzt und Corona-Leugner mischt sich jedoch nur aus der Ferne mittels Social-Media unter die Helfer. Sein Aufenthaltsort ist unklar. Zuletzt wollte er Safaris für Querdenker organisieren.

Jetzt organisierte er nach eigenen Angaben Busfahrten ins Hochwassergebiet für Querdenker und sammelt Spenden. Dafür nutzt er wie Niko N. seinen Telegram-Kanal. Und genau wie Niko N. postet auch Schiffmann Videos in denen er vermeintliches "Staatsversagen" anprangert.

Falsche Polizisten verbreiten Fake News im Katastrophengebiet

Doch bei Verschwörungsnarrativen belässt es die Querdenker-Szene nicht nur im Internet. Videos aus Bad Neuenahr-Ahrweiler zeigen einen Bus, der einem Polizeifahrzeug zum Verwechseln ähnlich sieht. Erst bei genauerem Hinschauen ist zu erkennen, dass zwar die Lackierung identisch ist, statt Polizei jedoch "Peace" und "Friedensfahrzeug" auf dem Bus stehen. Das perfide: Aus diesem Bus und anderen Fahrzeugen wurden Falschmeldungen über den Rückzug der offiziellen Einsatzkräfte verbreitet.

Die Polizei in Koblenz musste am Donnerstag gegensteuern. "Fahrzeuge mit Lautsprechern, die polizeilichen Einsatzfahrzeugen ähneln, sind im Katastrophengebiet unterwegs", schrieben die Beamten auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Die Anzahl der Einsatzkräfte werde entgegen der Behauptungen nicht reduziert. "Wir sind ununterbrochen da!", hieß es weiter.

Der Politikwissenschaftler Josef Holnburger sagte, es gehe unter anderem darum, mit diesem Fahrzeug Misstrauen gegen den Staat zu säen. Dass Rechte in Ahrweiler unterwegs seien, überrasche ihn nicht. „Sie stellen sich gerne selbst als Anpacker dar.“ Eher neu auf diesem Terrain seien Menschen aus der „Querdenker“-Szene. „Das ist jetzt ein gänzlicher Schulterschluss geworden“, sagte Holnburger.

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Polizei sieht Rechtsextreme in der Verantwortung: "Zutiefst asozial"

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) machte Rechtsextremisten für die Falschmeldungen verantwortlich und drohte den Verursachern mit strafrechtlichen Konsequenzen. Dabei gehe es vor allem um Amtsanmaßung, Behinderung von Rettungskräften oder unterlassener Hilfeleistung, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende Jörg Radek im Südwestrundfunk(SWR). "Das sind Taten, die mit hohen Freiheitsstrafen belegt sind."

Radek bezeichnete das Ausnutzen des Leids für die Verbreitung von Falschmeldungen als "zutiefst asozial". Er rief dazu auf, diese Meldungen nicht weiterzuleiten. Auch interessant: Warum hat Deutschland kein flächendeckendes Warnsystem?

Auch der rheinland-pfälzische CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Baldauf ist über die vermeinte Querdenker-Hilfe entrüstet. Die Ausnutzung der Situation sei "schändlich", und die betreffenden Menschen seien "nicht bei Trost", sagte Baldauf am Mittwoch dem Deutschlandfunk. Momentan gehe es darum, Menschen zu helfen. (fmg/dpa)