Berlin. Das Kabinett hat sich für die Impfpflicht gegen Masern ausgesprochen. Damit ist sie quasi beschlossene Sache. Zum Ärger der Gegner.

Für Gesundheitsminister Jens Spahn war sie längst überfällig - das Bundeskabinett gab ihm Recht: Ab März 2020 wird es eine Impfpflicht gegen Masern geben. Ein Schritt, den viele Ärztekammern als dringend notwendig erachten. Auffällig ist vor allem das hohe Bußgeld von bis zu 2500 Euro: „Das ist wie im Straßenverkehr: Wer sich und andere etwa durch zu schnelles Fahren gefährdet, da ist eine Bußgeldbewährung auch selbstverständlich, und das gilt für Masern dann genauso.“

Die Ärztekammer Sachsen-Anhalt erklärte, eine Pflicht sei nötig und richtig, so Kammerpräsidentin Simone Heinemann-Meerz. Sie müsse aber einhergehen mit einer besseren Aufklärung über die Notwendigkeit einer Impfung.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) macht sich seit langem für die Masern-Impfpflicht stark und begrüßt die Pläne. Verbandssprecher Hermann Josef Kahl sagte der dpa: „Wir versprechen uns davon eine hohe Durchimpfungsrate von mindestens 95 Prozent. Damit wäre auch ein sogenannte Herdenschutz gewährleistet.“

Impfpflicht kommt 2020: Ein Masernvirus.
Impfpflicht kommt 2020: Ein Masernvirus. © dpa | Cynthia Goldsmith

Auch die Kollegen aus Thüringen stimmen dem zu: Die Kammer teile das Ziel, auf diese Weise bestehende Impflücken in der Bevölkerung zum Schutz vor der hochansteckenden Erkrankung zu schließen. Immer wieder hatte es auch in dem Bundesland Debatten zwischen Befürwortern und Gegnern gegeben.

Masern-Impfpflicht für Kinder und Erzieher ab 2020 geplant

  • Die Impfpflicht soll ab 2020 gelten
  • Wer bereits zur Schule geht oder in bestimmten Jobs arbeitet, muss die Impfung nachträglich nachweisen
  • Spahn sieht es als elementaren Schritt zur Bekämpfung der Krankheit

Glaubenskrieg hin oder her – die Masernimpfung ist ab März 2020 verpflichtend und muss zur Aufnahme in eine Kita oder Schule nachgewiesen werden. Es stellen sich jedoch viele Fragen – für wen sie gilt, warum sie aus Sicht der Politik so wichtig ist.

Und das ist sie tatsächlich. Das Kabinett hat die Voraussetzung einer Masernimpfung in vielen Bereichen am Mittwoch beschlossen. Kinder und Personal, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes im kommenden März schon in einer Kita, Schule oder Gemeinschaftseinrichtung sind, müssen die Impfung bis spätestens 31. Juli 2021 nachweisen.

Alle Fragen, alle Antworten zu der Entscheidung.

Impfpflicht ab 2020: Spahn will möglichst viele Kinder vor Masern bewahren

Impfpflicht eingeführt: Gesundheitsminister Jens Spahn.
Impfpflicht eingeführt: Gesundheitsminister Jens Spahn. © Reuters | Hannibal Hanschke

„Wir wollen möglichst alle Kinder vor einer Masernansteckung bewahren“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch – der offenbar nur knapp der Posten als Verteidigungsminister verpasst hat. Deshalb führe man den verpflichtenden Impfschutz ein. Hintergrund ist ein weltweiter Anstieg der Masernerkrankungen. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 543 Fälle gemeldet. In den ersten Monaten dieses Jahres schon mehr als 400 Fälle.

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Ab wann gilt die Impfpflicht und für wen?

Ab März 2020. Bei Eintritt in die Kita oder Schule müssen Eltern für ihre Kinder ab dann die Impfung vorweisen. Für Kinder, die schon im Kindergarten oder in der Schule sind, muss bis spätestens 31. Juli 2021 nachgewiesen werden, dass sie geimpft sind oder die Masern schon hatten.

Gut, an die Kinder ist es gedacht. Und die Personen um sie herum?

Impfpflicht besteht auch für Erzieherinnen und Erzieher in Kitas, für Lehrer, Tagesmütter und für Beschäftigte in medizinischen und sonstigen „Gemeinschaftseinrichtungen“. Dazu zählen Ferienlager oder auch Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte. Auch Bewohner solcher Einrichtungen müssen sich impfen lassen oder nachweisen, dass sie immun sind.

Gibt es Ausnahmen?

Ja. Wer mit einem ärztlichen Attest nachweist, dass eine Impfung aus gesundheitlichen Gründen nicht ratsam – also kontraindiziert – ist, ist von der Impfpflicht befreit. Außerdem sind vor 1970 Geborene von der Impfpflicht befreit, da sie größtenteils immun sein dürften, weil sie die Masern höchstwahrscheinlich durchgemacht haben.

Betrifft die Regelung nur Masern?

Grundsätzlich erstmal ja. Mit dem „Masernschutzgesetz“ versucht die Regierung gleichzeitig, auch andere Krankheiten weiter einzudämmen. Angestrebt wird, dass es künftig wieder vermehrt Reihenimpfungen in den Schulen gibt gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten.

Was passiert denen, die sich nicht an die Impfpflicht halten?

Kitas, Schulen und andere Einrichtungen, in denen die Impfpflicht gilt, müssen Impfsäumige an das Gesundheitsamt melden. Das entscheidet dann über das weitere Vorgehen und kann im Extremfall Bußgelder bis 2500 Euro verhängen. Kitas dürfen ungeimpfte Kinder künftig nicht mehr annehmen. Auch gegen die Einrichtungen können Bußgelder verhängt werden, wenn sie sich nicht an die Impfpflicht halten.

Wie weise ich die Impfung oder Immunität nach?

Über den Impfausweis, das gelbe Kinderuntersuchungsheft oder ein ärztliches Attest. Wer sich nicht sicher ist, ob er geimpft ist oder nicht, kann auch einen Bluttest machen. Wenn Antikörper nachgewiesen werden, hatte man entweder schon Masern und ist somit immun oder man ist bereits geimpft.

Ich weiß nicht, ob ich geimpft bin. Also so gar nicht. Was tun, nun?

Im Zweifel sollten sich auch Erwachsene lieber noch einmal impfen lassen, rät die Ständige Impfkommission (STIKO). Das für Infektionskrankheiten zuständige Robert Koch-Institut (RKI) sieht bei nach 1970 geborenen Erwachsenen große Impflücken.

Muss ich mit meinem Kind für die Impfung extra in eine volle Kinderarztpraxis?

Nein. Die Impfung soll künftig bei allen Ärzten außer Zahnärzten möglich sein.

Warum werden Masern überhaupt als so gefährlich eingestuft?

Bei Infizierten wird das Immunsystem geschwächt, es kann zu Komplikationen wie Mittelohr- und Lungenentzündungen kommen. Selten kommt es auch zu Gehirnentzündungen, die tödlich enden können. Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit, sagt das RKI. Bei 1000 Erkrankten gebe es einen Todesfall. Manchmal führt die Krankheit erst nach Jahren zum Tod, etwa bei der Masern-Gehirnentzündung SSPE – wer im Säuglingsalter an Masern erkrankt, ist besonders gefährdet.

Ist die Impfpflicht komplett beschlossen?

Nach dem Kabinett muss jetzt noch der Bundestag zustimmen. Formsache. Im Bundesrat ist laut Gesundheitsministerium keine Zustimmung nötig.

Warum ist das Thema Spahn so wichtig?

Die Weltgesundheitsorganisation hatte kürzlich die niedrige Impfquote massiv kritisiert und Sorge über den Einfluss von Impfgegnern geäußert. Insgesamt erreichen nur vier EU-Staaten die nötige Impfrate.

Und als nächstes?

Spahn hat noch weitere dringende Ziele, unter anderem will er unbedingt Konversionstherapien verbieten, die Homosexuelle vermeintlich heilen sollen. (ses/dpa)