Berlin. Im Vorfeld des Prozesses gegen den Royal ist ein früherer Deal des Opfers publik geworden. Das ist nicht unbedingt zu seinem Vorteil.

Der Anhörung nach zu urteilen, die am Dienstag in New York via Video-Konferenz vonstatten ging, ist Prinz Andrew einem Prozess in den USA um sexuelle Missbrauchsvorwürfe im Dunstkreis des Duos Jeffrey Epstein/Ghislaine Maxwell ein Stück näher gerückt.

Richter Lewis Kaplan hat sich zwar noch nicht zu einer Entscheidung durchgerungen, die aber "ziemlich bald" kommen werde. Die Fragen, die der Jurist dem Anwalt des Sohnes der britischen Queen stellte, ließen gleichwohl ein hohes Maß an Skepsis erkennen, den 61-jährigen "Royal" durch Abweisung der Schadensersatzklage der heute 38-jährigen Virginia Roberts Giuffre davonkommen zu lassen.

Prinz Andrew streitet Vorwurf der Straftaten bis heute ab

Giuffre wirft dem Prinzen vor, sie vor 21 Jahren auf Vermittlung von Epstein dreimal gegen ihren Willen in dessen Domizil in New York sowie auf dessen Karibik-Insel Little St. James zum Geschlechtsverkehr gedrängt zu haben. Prinz Andrew streitet das bis heute hartnäckig ab.

In einem für ihn missratenen Interview mit der britischen BBC sagte er, er könne sich nicht erinnern, Giuffre jemals getroffen zu haben. Dass es Bilder von ihm und der blonden Frau gibt, erklärte das Mitglied des Königshauses mit fototechnischen Manipulationen.

Epstein-Vereinbarung mit Opfer nützt britischem Royal wohl nicht

Im Kontrast dazu steht die Strategie seines US-Anwalts. Andrew Brettler machte am Dienstag geltend, dass der im Gefängnis vor einem bevorstehenden Prozess durch Selbstmord gestorbene Multi-Millionär Epstein mit Giuffre 2009 eine Geheim-Vereinbarung getroffen hatte.

Das am Montag auf Anweisung von Richter Kaplan veröffentlichte Papier sagt aus, dass Giuffre gegen Zahlung von einer halben Million Dollar auf rechtliche Schritte nicht nur gegen Epstein verzichtet. Sondern auch jede andere Person, die oder der als "potenzielle(r) Beschuldigte(r)" gelten könnte, unbehelligt lässt. Kaplan stieß sich an der Formulierung "potenziell". Das habe keine Bedeutung, sagte er sinngemäß.

Gilt der Deal Epsteins von 2009 nicht für Prinz Andrew?

Prinz Andrew ist in dem 12-seitigen Vertrag nicht namentlich genannt. Weshalb David Boies, der Anwalt Giuffres, ihn für wirkungslos erklärte. Zumal sich die Gerichtsbarkeit der Vereinbarung auf den Bundesstaat Florida beschränke, in dem Prinz Andrew aber kein Fall von sexuellem Missbrauch vorgehalten werde.

Die offenbar beabsichtigte Pauschal- oder Blankoscheck-Wirkung des Deals von 2009, kommt Richter Kaplan seltsam vor. "Würde das auch für den Sultan von Brunei gelten?", fragt er den Verteidiger des "Duke of York".

Prinz Andrew: Zivilprozess in den USA wird wahrscheinlich stattfinden

Mehrfach ließ Kaplan Zweifel erkennen, dass der britische Royal sich hinter dem Konstrukt verschanzen kann, um einem Zivilprozess in den USA zu entgehen, der mutmaßlich das endgültige Karriere-Ende Andrews in der britischen Monarchie bedeuten würde.

In so einem Verfahren würde auch die Beziehung Andrews zu Ghislaine Maxwell zur Sprache kommen. Die 60-Jährige, über Jahre "rechte Hand" von Epstein gewesen, war Ende Dezember des Menschenhandels mit Minderjährigen zum Zwecke des sexuellen Missbrauchs schuldig gesprochen worden. Ihr droht eine Haftstrafe bis zu 65 Jahren. Prinz Andrew kennt sie gut.